Am nächsten Wochenende werden sich die Staats- und Regierungschefs der 7 großen Demokratien der Welt auf Einladung von Angela Merkel im idyllischen Elmau im Kreis Garmisch-Partenkirchen treffen. Präsident Putin wurde dieses Mal nicht eingeladen: Russland zählt nicht zu den Staaten, in denen zum einen die Demokratie stark ausgeprägt ist; zum anderen ist Putin wegen der völkerrechtlichen Annexion der Krim ausgeschlossen worden.
Vielleicht wäre es doch besser gewesen, mit dem neuen russischen Zar auf dem Gipfel zumindest über eine dauerhafte friedliche Lösung der kriegerischen Entwicklungen in der Ukraine zu reden. Denn Sprechen ist allemal besser als Schießen. Mit den von der EU verhängten Sanktionen gegen Russland wird man eine Friedenslösung nicht erreichen. Vieles, was aus den europäischen Ländern nicht geliefert wird, schadet nicht nur der russischen, sondern auch der deutschen und weiteren europäischen Volkswirtschaften. Zudem springen andere Firmen aus nicht-europäischen Staaten ein und machen mit Russland gute Geschäfte; sogar die Exporte amerikanischer Unternehmen nach Russland haben in jüngster Zeit zugenommen.
Die wichtigsten globalen Gipfel-Themen werden bei dieser Konferenz der politisch Mächtigen in Elmau erörtert. Da geht es um das Weltklima, das nur durch eine konzertierte Aktion bei der Reduzierung von CO2-Emissionen verbessert werden kann. Nur wenn die G7-Staaten hierfür einen gemeinsamen Nenner finden, könnte es auf dem in diesem Jahr stattfindenden Klima-Gipfel Fortschritte geben; dafür müssten jedoch China, Indien, Brasilien und die Entwicklungsländer “eingefangen“ werden, um mit einem Klimaabkommen das Ziel zu erreichen, den globalen Temperaturanstieg auf zwei Grad Celsius zu begrenzen. Als neues Thema bringt die deutsche Kanzlerin die Gesundheitsprobleme auf den Konferenztisch. Dabei sollen Lösungen gefunden werden, wie die Welt auf Epidemien – wie gerade jüngst bei Ebola – reagieren kann. Hierfür gilt es die Zusammenarbeit der Weltgesundheitsorganisation, der Weltbank und der Pharmahersteller zu stärken. Neben der dafür erforderlichen Finanzierung und der Logistik soll eine Einsatzgruppe von Weißhelmen geschaffen werden.
Ein drittes Thema des Gipfels wird der internationale Handel sein. Dabei wird das atlantische Großprojekt TTIP eine Rolle spielen, über das die USA und die EU schon seit längerem verhandeln. Die Widerstände dagegen sind nicht gering, da manche Organisationen in Europa einen Abbau von ökologischen und sozialen Standards befürchten und Streitigkeiten nicht von Schiedsgerichten, sondern von ordentlichen Gerichten entscheiden lassen wollen. Angesichts der großen Spionage-Aktivitäten amerikanischer Geheimdienste ist das Vertrauen mancher europäischer Partner in die US-Administration nicht gerade bestens. Dennoch werden sich die Spitzenpolitiker Europas für TTIP stark machen, denn der transatlantische Freihandel würde große ökonomische Chancen bieten. Und Chlorhühnchen aus den USA müssten auch die sensiblen deutschen Konsumenten nicht kaufen; sie könnten sich auch nach der TTIP-Unterzeichnung an den Antibiotika-Hähnchen weiter laben.
Im Verhältnis zu den Entwicklungsländern wollen die G7-Chefs einiges zum Besseren wenden. Zum einen gilt auch hier die Erfolgsformel “trade is better than aid“; dafür ist der Zugang zu den Märkten in den entwickelten Staaten wirklich zu öffnen. Ebenso gilt es darauf zu drängen, dass die Umwelt und Sozialstandards in den ärmeren Ländern deutlich verbessert werden. Dazu gehören insbesondere die Arbeitsbedingungen in den Fabriken der ärmsten Staaten, in denen auch Unternehmen aus Deutschland T-Shirts, Trikots, Schuhe, Kleidung usw. unter erbärmlichsten Konditionen fertigen lassen, um sie als Billigware auf die Märkte zu bringen.
Schließlich stehen weitere wichtige Themen wie die zahlreichen Konflikte im Mittleren Osten, das Gefahrenpotenzial IS und der Terrorismus sowie die dramatischen Flüchtlingsprobleme auf der Gipfel-Agenda. Durchaus möglich ist es, dass auch das Griechenland-Drama bei Tische angesprochen wird. Denn die griechische Tragödie spitzt sich mehr und mehr zu, da die Regierung aus Athen seit Wochen mit den durchaus gutwilligen Euro-Partnern Vabanque spielt. Von der Staatspleite ist Griechenland nur noch einige Millimeter entfernt, was währungstechnisch mit einem Grexit durchaus zu verkraften wäre, was jedoch politisch eine schwere Niederlage für die EU und geostrategisch eine Gefahr für die NATO bescheren könnte.
Rund um den Gipfelort Elmau rüsten die Sicherheitsorgane enorm auf. 24.150 Polizisten, 15 Staatsanwälte und 100 Richter werden für dieses Super-Politevent im Einsatz sein. Strafverteidiger werden ein Anwaltsteam aufbauen; bis zu 200 Anwälte sollen über ein Notfall-Handy mobilisiert werden können. Straßen, Zufahrten und Gelände werden gesperrt, um zigtausend Gipfel-Protestler, die schon mit Blockaden und militanten Aktionen gedroht haben, vom Konferenzort fernzuhalten bzw. bereits im Vorfeld abzufangen. Insbesondere sind bis zu 3.000 Personen aus dem gewaltorientierten Spektrum zu befürchten, die wie jüngst bei der Einweihung des Gebäudes der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main spektakuläre Randale, Anschläge und Aggressionen durchführen könnten.
Angesichts eines solch‘ gigantischen Aufwands für den Schutz der Teilnehmer und des Umfeldes einer Gipfelkonferenz, bei der in der Tat wichtige politische Probleme zu lösen versucht wird, stellt sich die Frage nach dem Ort des Treffens. Was einst 1974 auf Initiative von Helmut Schmidt und Giscard d’Estaing in dem kleinen Schloss von Rambouillet in sehr bescheidenem Rahmen begann, hat sich inzwischen zu einem Mega-Event mit riesigen Scharen von Begleitern, Medien und vielen anderen gewandelt. Die Inszenierung ist gigantisch, der Aufwand ebenso. Die Gipfel-Bilder werden indessen nicht nur die Schönheit und Harmonie der bayerischen Bergwelt mit den 7 Staats- und Regierungschefs, die sich dort für zwei Tage beraten, zeigen. Wie schon 2007, als Angela Merkel nach Heiligendamm in Mecklenburg eingeladen hatte und in den Feldern rund um das Konferenzhotel heftige Schlachten gewalttätiger Protestler gegen die Polizei stattgefunden hatten, drohen auch für das G 7-Treffen in Elmau ähnliche Eskalationen, die im Übrigen weder die Weltprobleme lösen noch das Deutschlandbild in der Welt verbessern.
Wäre es da für die nächsten Gipfelkonferenzen nicht zu empfehlen, einen Luxusdampfer für das Treffen der Mächtigen dieser Welt zu chartern und auf hoher See zu tagen? Gewiss müsste auch ein solches Schiff entsprechend von Polizei und Marine geschützt werden, jedoch wohl mit wesentlich geringerem Aufwand. Der Aufmarsch der Demonstranten, Protestler und militanten Gegner “über’s Wasser“ fiele jedoch mit Sicherheit ins Wasser.
Bildquelle: Wikipedia, Eigenes Werk, Gemeinfrei
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