Der ukrainische Präsident Selenskyi kam zu einem friedlichen Mittagessen ins Weiße Haus nach Washington, dabei sollte ein gemeinsames Rohstoffabkommen unterzeichnet werden und es ging der Ukraine wohl auch um Sicherheitsgarantien nach einer von den USA angestrebten raschen Beendigung des Krieges mit Russland. Trump wollte ja eine Art „Schutzgeld“-Abkommen abschließen und im Gegenzug zu den Hilfen der USA von der Ukraine Zugang und Anteile am Gewinn von ukrainischem Öl und Gas und von Lithium- und Titanvorkommen sowie vor allem auch von Seltenen Erden erhalten.
Als Selenskyi verspätet vor dem Weißen Haus eintraf, wie üblich Pullover mit aufgesticktem Tryzub, dem ukrainische Dreizack auf der Brust, witzelte Trump noch: „Sie haben sich schick gemacht“.
Danach ging es in ein zunächst presseöffentliches Gespräch ins Oval Office. Selenskyi trug seine Bitte um Sicherheitsgarantien der USA bei einer möglichen Waffenruhe mit Russland vor. Verständnisvoll antwortete Trump zunächst: „Er (Selenskyi) habe enormen Hass auf Putin. Das verstehe ich“. Aber dann wurde der Ton schon konfrontativer: Auch die andere Seite sei nicht gerade in Selenskyi verliebt. Er (Trump) sei nicht auf einer Linie mit Putin, sondern mit den USA und dem Wohlergehen der Welt. Auch er könne hart sein, härter als jeder andere, aber so werde es keinen Deal geben.
Selenskyi fordert Trump auf, „keine Kompromisse mit einem Killer“ zu machen und beklagte, dass nach der russischen Annexion der Krim im Jahre 2014 niemand Putin aufgehalten habe. Er erinnerte an das Minsker Friedensabkommen, das Putin gebrochen habe. In Richtung des amerikanischen Vizepräsidenten fragte Selenskyi: „Über was für eine Art Diplomatie, J.D., sprechen Sie?“
Darauf intervenierte – was unüblich ist – der angesprochene Vance: „Herr Präsident, bei allem Respekt. Ich finde es respektlos von Ihnen, ins Oval Office zu kommen und zu versuchen, vor den amerikanischen Medien zu verhandeln…Gerade jetzt, wo Sie herumlaufen und Wehrpflichtige an die Front zu zwingen, weil Sie Personalprobleme haben, sollten Sie Präsident (Trump) dafür danken, dass er versucht, die Situation zu verbessern. Haben Sie sich in dieser ganzen Zeit einmal bedankt?…Sagen Sie einfach Danke.“
Darauf reagierte Selenskyi trotzig: „Waren Sie jemals in der Ukraine, dass Sie sagen können, welche Probleme wir haben? Kommen Sie einmal“. Darauf konterte Vance: „Ich weiß, was passiert. Sie bringen die Leute auf eine Propaganda-Tour. Widersprechen Sie, dass Sie gerade Probleme mit einem Soldatenmangel haben? Ich finde es respektlos, ins Oval Office zu kommen und die Regierung zu attackieren, die versuchen will, die Zerstörung ihres Landes zu verhindern.“ Selenskyi entgegnete: „Im Krieg hat jeder Probleme – sogar Sie…Sie spüren die Probleme nicht, Sie haben einen schönen Ozean. Aber Sie werden sie in der Zukunft spüren. Gott segne…“ Da fiel ihm Trump ins Wort: „Sagen Sie uns nicht, was wir fühlen sollen. Wir wollen ein Problem lösen…Wir werden uns sehr gut fühlen.“
Und dann schlugen die Wogen hoch. Trump warf Selenskyi vor: Sie haben bei uns keine guten Karten, Sie haben jetzt Probleme“, darauf fiel der ukrainische Präsident Trump mit der Bemerkung ins Wort, er spiele keine Karten. Doch Trump – einmal in Fahrt – warf Selenskyi vor, „Sie setzen das Leben von Menschen aufs Spiel. Sie riskieren einen dritten Weltkrieg, und was Sie tun, ist sehr respektlos gegenüber dem Land, diesem Land, das Sie weit mehr unterstützt hat, als viele Leute sagen, dass sie es hätten tun wollen…Ihr Land steckt in großen Schwierigkeiten. Ich weiß, dass Sie nicht gewinnen werden. Sie werden das hier nicht gewinnen. Sie haben eine verdammt gute Chance, da heil herauszukommen, wegen uns“. Selenskyi konnte in dem Redeschwall von Trump noch einwerfen: „Herr Präsident, wir bleiben stark. Wir sind seit Beginn des Konflikts auf einer Seite und wir sind dankbar. Ich habe dem amerikanischen Volk oft gedankt“.
Darauf Trump: „Ihre Männer sind tapfer, aber sie nutzen unsere Militärausrüstung. Wenn Sie unsere Militärausrüstung nicht hätten, wäre der Krieg nach zwei Wochen zu Ende gewesen…Sie haben dankbar zu sein.“ Mutig warf Selenskyi ein: „In drei Tagen, das habe ich von Präsident Putin gehört“.
Aber nun holte Trump erst recht aus: „Lassen Sie mich Ihnen sagen, Putin hat mit mir eine Menge durchgemacht. Er hat eine falsche Hexenjagd durchgemacht, bei der sie ihn und Russland benutzt haben… Sie werden entweder einen Deal machen oder wir sind raus und wenn wir raus sind, müssen Sie es ausfechten. Ich glaube nicht, dass das angenehm sein wird…Das Problem ist, das ich Sie dazu befähigt habe, ein harter Kerl zu sein, ich glaube nicht, dass Sie ohne die Vereinigten Staaten so ein harter Kerl wären…. Ich glaube nicht, dass das sonderlich schön wird. Sie haben nicht die Karten in der Hand. Wenn wir dieses Abkommen schließen, sind wir in einer viel besseren Position. Aber Sie benehmen sich überhaupt nicht dankbar, und ich bin ehrlich, das ist keine schöne Sache.“
Darauf wandte sich Trump an die bis dahin noch anwesenden Medien: „Ich denke, wir haben genug gesehen. Das wird großartiges Fernsehen sein, das kann ich Ihnen sagen.“ (Die meisten Zitat von Der Westen)
Nach dem Abbruch des Gesprächs soll Trump Selenskyi aus dem Weißen Haus gewiesen haben. Er stieg in die bereit gestellte gepanzerte Limousine, ohne die ihn hinausbegleitende und lächelnde Protokollführerin zu grüßen. Trump sagte die geplante Pressekonferenz ab. Das Rohstoffabkommen wurde nicht unterzeichnet. Und wenig später schrieb der amerikanische Präsident auf seinem Netzwerk Truth Social: „Er kann wiederkommen, wenn er bereit zu einem Frieden ist“. Selenskyi habe „die Vereinigten Staaten von Amerika in ihrem geschätzten Oval Office nicht respektiert“.
US-Außenminister Marco Rubio schmeichelte auf der Musk-Plattform X seinem Präsidenten: „Danke (…), dass Sie sich für Amerika einsetzen, wie es kein Präsident zuvor gewagt hat.“
Der frühere Kreml-Chef Dmitri Medwedew wurde auf Telegram euphorisch: Das sei eine „eiskalte Klatsche“ für den Ukrainer gewesen. „Das undankbare Schwein bekam eine kräftige Ohrfeige von den Besitzern des Schweinestalls. Das ist nützlich…Zum ersten Mal hat Trump dem Kokain-Clown die Wahrheit gesagt“. Genug sei das aber nicht. Die Militärhilfe für die Ukraine müsse enden, fordert der Putin-Vertraute. Und die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa pflichtete bei: „Wie Trump und Vance sich beherrscht haben, diesen Drecksack nicht zu schlagen, grenzt an ein Wunder der Zurückhaltung.“
Selenskyi dankte aus seinem Hotel Trump und den Amerikanern nach dem Eklat demütig. Soweit dieses denkwürdige Aufeinandertreffen des ukrainischen mit dem amerikanischen Präsidenten.
War das nun ein diplomatischer Eklat oder eine Inszenierung und wenn es nur Theater war, von welcher Seite wurde es inszeniert?
Eine sichere Antwort auf diese Fragen ist noch nicht möglich. Aber es bieten sich folgende Überlegungen an:
a) Trump will sich ohne die Ukraine mit Putin einigen und sich mit Russland verständigen, egal was mit der Ukraine passiert.
b) Trump will den Bruch mit der Ukraine und überlässt dieses Land seinem geopolitischen Bruder im Geiste Putin und damit Russland.
c) Putin geht davon aus, dass die Ukraine ohne die amerikanische Unterstützung diesen Krieg verlieren wird.
Wahrscheinlich ist allerdings:
Selenskyi hatte vor diesem Zusammentreffen die Zusicherung der Europäer (einmal mehr – wie vor drei Jahren – von Johnson, diesmal von Starmer oder Macron die zuvor bei Trump waren), dass sie die Ukraine (auch ohne die USA) militärisch stützen, so dass er den Krieg gegen Russland weiterführen kann. Das hieße die USA könnten zwar mit Putin einen Frieden schließen, die Ukraine schert sich aber darum nicht, denn sie könnte mit Unterstützung der Europäer weiterkämpfen.
Klar ist jedenfalls, dass sich die USA am gestrigen Tag ganz offen von Europa und auch von der Beistandspflicht des Art. 5 des NATO-Vertrages verabschiedet haben. Der atomare Schutzschild ist weg.
In den USA dürfte dieses Vorgehen von Trump weitgehend Unterstützung erfahren. Der Tenor der Anhänger von Trump dürfte sein: Er zeigt der Welt, wer das Sagen hat. Eben: Make America great again.
Hört und liest man die Stimmen nach diesem Aufeinandertreffen, so deutet Vieles darauf hin, dass die Europäer und die Deutschen beabsichtigen Selenskyi weiter unterstützen. So sagte etwa der noch amtierende Bundeskanzler Scholz: „Niemand will Frieden mehr als die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine! Deswegen suchen wir gemeinsam den Weg zu einem dauerhaften und gerechten Frieden. Auf Deutschland – und auf Europa – kann sich die Ukraine verlassen“. Und auch sein voraussichtlicher Nachfolger im Amt CDU-Chef Friedrich Merz sekundierte: „Wir stehen der Ukraine in guten und in schwierigen Zeiten bei. Wir dürfen niemals Aggressor und Opfer in diesem schrecklichen Krieg verwechseln.“ Die Noch-Außenministerin Annalena Baerbock schrieb auf X: „Die Ukraine kann auf unerschütterliche Unterstützung aus Deutschland, Europa und darüber hinaus bauen. Ihre Verteidigung der Demokratie und ihr Streben nach Frieden und Sicherheit sind die unseren.“ Der Co-Vorsitzende der SPD und neue Fraktionsvorsitzende Lars Klingbeil erklärte: „Deutschland muss und will vorangehen, auch um der Ukraine zu helfen.“
Auch der französische Präsident meinte, dass wir respektieren müsse, dass die Ukraine von Anfang an gekämpft hat und wir diesem Land deshalb weiterhin helfen sollten.
Ganz deutlich wurde die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas: Es sei klar geworden, dass die freie Welt einen neuen Anführer brauche und sie bekräftigte die Unterstützung der Europäer für die von Russland angegriffene Ukraine. Man wolle die Unterstützungsleistungen für die Ukraine verstärken, damit diese ihren Kampf gegen den russischen Aggressor weiterführen könne.
as Unterlaufen der Waffenstillstands- oder Friedensverhandlungen zwischen Amerika und Russland durch eine weitere Unterstützung der Ukraine ohne die USA wird Europa und Deutschland eine irrsinnige Summe Geld kosten und auch unser Land noch mehr in diesem Krieg hineinziehen, ohne dass damit dieser Krieg für die Ukraine zu gewinnen wäre. Eine diplomatische Lösung würde in noch weitere Ferne und die Gefahr einer Kriegsbeteiligung auch Deutschlands noch näher rücken.
Siehe auch das gesamte Gespräch:
Der römische Kauser Caligula hat sein Pferd Incitus, das ihn zum Sieg geritten hat, zum Konsul auf Lebenszeit ernannt. So gesehen ist Elon Musk der pferdgleiche „Konsul“ von Trump. Gleichgültik ob diplomatischer Skandal oder widerwärtige Inszenierung: Die Bindung zwischen Europa und den USA ist vorbei. Trump hat mit dem häßlichen Schauspiel, das er dem ukrainischen Präsidenten vor den Augen der Welt aufgezwungen hat, das Recht des Stärkeren zum allein bestimmenden Faktor der Weltpolitik gemacht. Er hat sich zum geistigen Gefährtentum mit Putin bekannt.
Wolfgang Lieb hat leider einige wichtige Punkte nicht erwähnt oder unklar dargestellt.
„Unterlaufen der Waffenstillstands- oder Friedensverhandlungen zwischen Amerika und Russland“?
Klingt irgendwie vorwurfsvoll oder zumindest neutral.
Ist es jetzt der letzte Schrei der Friedens-Diplomatie, ein angegriffenes Land nicht an den Verhandlungen zu beteiligen?
Wenn das nicht einfach hingenommen wird, ist es dann ein „Unterlaufen“? Wer darauf nicht tatenlos reagiert, „verhindert eine diplomatische Lösung“?
„Ein gemeinsames Rohstoffabkommen“? Wenn zwei Gangster beschliessen, ein drittes Land auszubeuten, und einer der beiden diktiert dem dritten Land dann „eine Vereinbarung“ über Rohstoffe: Ist es dann angemessen, möglichst neutrale Formulierungen über einen solchen Vorgang zu benutzen?
Was schliesslich zu der Frage führt: Haben wir irgendeine Legitimation, einen solchen „Frieden“ unter Abtretung von rund einem Fünftel der Fläche des angegriffenen Landes und durch aufgezwungene Ausbeutung eines Grossteils der Bodenschätze für auch nur irgendwie akzeptabel zu halten?
Ist „Frieden“ immer gut, egal unter welchen Bedingungen?
Welche Grossmeister der „diplomatischen Lösungen“ agieren da gerade? Feiert „Lieber rot als tot“ unter wundersam veränderten Bedingungen fröhliche Urständ‘?
Um es ganz klar zu machen: Es ist kein gangbarer Weg, den Deal zweier gewissenloser Autokraten mit Abwarten oder Nichtstun auf Seiten der Europäer zu begleiten.
Denn das wäre ein Meilenstein auf dem Weg in ein weltweites Regiment der menschenfeindlichen Autokraten.