Nur noch wenige Tage bleiben bis zum nächsten D-Day, der an einem Ort stattfinden wird, der einmal weltweit als Herzkammer der Demokratie galt. Ein vorbestrafter Demagoge und ein milliardenschwerer Autist übernehmen das Steuer in Washington. Wir werden ab dem 20. Januar jeden Morgen nach dem Aufwachen nervös auf unser Handy schauen, um zu erfahren, welch politischer Irrsinn aktuell aus dem Weißen Haus gepostet wurde.
Die Feinde von Freiheit und Demokratie sind nicht mehr allein Russland, China Nordkorea und Iran, die uns mit ihrer Allianz im Ukraine-Krieg den Kampf erklärt haben. Die aus dem „Kalten Krieg“ der 60er und 70er Jahre bekannte – aber auch übersichtliche — Frontstellung zwischen sozialistischer Diktatur und liberaler Demokratie gehört zur Vergangenheit. Die Welt wird komplizierter und entfernt sich weiter von regelbasierten Ordnungen. Zusätzlich entsteht eine globale Phalanx populistisch-libertär geführter Staaten, die das Grundprinzip vom „Recht des Stärkeren“ auf ihre Fahnen geschrieben hat.
Die Protagonisten dieser Bewegung heißen Trump, Milei, Orban oder Kickl, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung – aber alle setzen auf politischen Egoismus und nationale Stärke. Einer zivilisierten Weltordnung, gestützt durch Institutionen wie UNO, WTO, Internationalem Gerichtshof oder Europäischer Union, zeigen sie die kalte Schulter. In Südost-Europa beobachten wir ein Anwachsen rechtsextremer und prorussischer Kräfte von Moldawien über Rumänien, Ungarn und jetzt sogar in Österreich. Erst durch Stichwahlen kann die Machtübernahme dieser Akteure noch verhindert werden. Vielleicht ein letztes Mal. Die systematische politische Destabilisierung der EU schreitet mächtig voran.
Das Resultat ist eine gefährliche Dynamik, in der der wirtschaftlich oder militärisch Schwächere gezwungen wird, sich dem Stärkeren zu beugen. „Wenn Trump Grönland annektiert, dann kann sich Putin auch die Ukraine (teilweise oder vollständig) einverleiben“, so werden viele denken und mit dazu beitragen, dass sich die Welt von demokratischen, rechtmäßig geschaffenen Wertmaßstäben entfernt. Wir erleben einen neuen politischen, erschreckenden Klimawandel, eine allgemeine Verrohung, eine Verachtung der Menschlichkeit, eine Zunahme an Aggressivität. Kann Europa in dieser Welt der „heulenden Wölfe“ seine eigenen Interessen wahrnehmen, eine Gegenkoalition für eine kooperative Weltordnung schmieden? Eine wichtige Voraussetzung wäre, dass die EU wirtschaftliche Resilienz herstellt, dass Schlüsselbereiche wie Energie, Technologie und Lieferketten unabhängig werden, um nicht erpressbar zu sein. Europa muss im Stande sein, Diktatoren und Demagogen rote Linien aufzuzeigen, nicht umgekehrt. Nur ein geeintes und militärisch auf Augenhöhe agierendes Europa wird in dieser Welt ernst genommen. Bei dem Bemühen um Stärkung und Einigkeit bleibt der deutsche Einfluss allerdings begrenzt. Ganz anders verhält es sich bei nationalen Maßnahmen, die auf eine Festigung von Demokratie abzielen. Es ist geradezu skandalös, welchen Stellenwert wir hierzulande der politischen Bildung beimessen. Sie muss durchgängig Pflichtfach in allen Schulen und Stufen werden. Die Stabilisierung der Demokratie ist ein Auftrag von Schule. Nur Menschen ohne entsprechende Bildung fühlen sich ohnmächtig gegenüber politischen Problemen, rufen nach dem starken Anführer. Fast nichts hören wir dazu im Wahlkampf von den Parteien. Es ist beschämend.
Da mag man noch so oft rufen „Herr, lass Klugheit regnen, damit mein Volk verlässliche und verantwortungsvolle Politiker wählt“.
Bildquelle: PIxabay