„VW am Ende -Tausende Arbeitslose“ postet Bayercowboy auf TikTok zusammen mit #habeck und #ampelregierung. Alex Raue, der in Costa Rica über Politik in Deutschland krasse Aussagen macht, die zwar selten stimmen, aber in seiner Fan Gemeinde von 60.000 Follower*innen geliked und weiterverteilt werden, macht die Ampel- wie die Merkel-Regierung verantwortlich „wegen ihrer Ideologie Politik.“ Er könnte ausrasten, wenn er höre, dass Olaf Scholz das VW-Management für die Krise verantwortlich macht. Und Oli, ein anderer selbsternannter Politik Kommentator, kritisiert das VW- Management, weil „sie die Politik der Bundesregierung mitgemacht“ hat.
Die TikToker sind nur Beispiele dafür, wie die rechte Bubble die VW-Krise nutzt, ihre Empörungspropaganda fortzusetzen. Das Muster ist klar: Ich rede solange alles schlecht, bis sich echte Beispiele einstellen, die das Ganze dann anscheinend bestätigen.
Und, ist was dran an der rechten Kritik?
Wenn man so will. Letztlich waren es politische Entscheidungen, CO² Flottenbilanzen einzuführen, um den Ausstoß des klimagefährden Gases zu minimieren. Diese Entscheidungen sind vor Jahren in den wichtigen Märkten Europa und USA getroffen worden. Und China hat ebenfalls eine Quasi-Regulierung eingeführt. Dort bekommen Verbrenner einfach keine Zulassung mehr bzw. erst nach vielen Jahren. Für E-Fahrzeuge gibt es sie sofort.
Auch VW hat sich in E-Autos versucht. Doch in ihrem wichtigsten Markt China floppen die ID-Modelle, die Verkaufszahlen brechen ein. Und auch in Europa setzt VW aufs falsche Pferd, das Premiumsegment. Robert Habeck kann sich rühmen, schon 2019 VW gesagt zu haben: „Wenn sie 2025 kein E-Mobil für unter 20.000 Euro anbieten, dann werden Sie – so fürchte ich – im Markt scheitern.“ Und der damalige VW-Bevollmächtigte Thomas Steg antwortete: „Wir werden Schrittmacher sein. Ich gebe hiermit das Versprechen ab, dass wir die Elektromobilität gewissermaßen demokratisieren werden. Volkswagen wird Elektroautos für unter 30.000, – Euro und weniger anbieten.“
Zumindest dieses Versprechen wurde nicht eingehalten, Habeck Satz hat eher prophetische Züge.
Soweit, so schlecht. VW ist sehenden und – ich meine bewussten – Auges in diese Situation geraten. Denn noch im Juni 2024 wurden 4,5 Milliarden EuroDividende an die Aktionäre des Unternehmens ausgezahlt, für 2022 waren es 4,4 Milliarden. Und -nur zur Abrundung- VW hat insgesamt 78 Milliarden Euro aufbringen müssen, um sich den Diesel Skandal vom Hals zu schaffen. Für all das war Geld da.
Und es soll nun niemand behaupten, dass die schlechten Verkaufszahlen und die Überkapazitäten in den Produktionsstätten plötzlich auftraten. Unternehmen machen Planungen, Planabweichungen werden berichtet, der Aufsichtsrat wird immer im Bilde gewesen sein. Dies wirft die Frage auf, was der großer Anteilseigner, das Land Niedersachsen, eigentlich für eine Rolle spielt? Haben Sie gegen die Dividendenauszahlung gestimmt, um die Mitarbeiterzahl und die Standorte stabil halten zu können?
Klar ist, das Management macht das, wofür es angestellt wurde. Es zahlt den Eigentümern Gewinn aus und sorgt dann dafür, dass dies auch in Zukunft möglich ist. Und nun sieht man, dass dem Management die Arbeitnehmer weniger wichtig sind, als die Eigentümer. Denn die jetzt einzusparende Summe wird mit 5 Milliarden Euro beziffert, also fast die Summe der Dividendenzahlung.
Es stehen jetzt zwangsläufig die teuren deutschen Standorte im Fokus, denn hier kann mit wenigen Maßnahmen am meisten erreicht werden. Für die stolzen und selbstbewussten VW-Belegschaften in Deutschland ein Schlag ins Gesicht. Auch deren Aufsichtsratsmitglieder müssen derzeit sicher Fragen beantworten. Aus Berlin sind nun Forderungen zu hören, dass nicht die Belegschaft die Folgen des Missmanagements ausbaden dürfen. Über den Anteilseigner Niedersachsen wird dies sicher auch in den Aufsichtsrat getragen. Wir können gespannt sein, was nun dabei herauskommt. Dass der Stellenabbau gleichzeitig Massenentlassungen bedeutet, wie das die AfD nahen Medienkanälen kolportieren, ist aller Erfahrung nach noch nicht ausgemacht.
Völlig merkwürdig ist es aber, dass VW nicht gleichzeitig ihre Marktstrategie anpasst. Die Frage ist ja auch, wie soll es wieder besser laufen, mit welchen Modellen auf welchen Märkten will man wieder Geld verdienen? Dass nicht mit Vehemenz in dieser Richtung kommuniziert wird, weist darauf hin, dass wir nur die erste Runde der Konsolidierung erleben.
All diese Details und Aufarbeitung der Krise sind bei der AfD und ihren rechten Schreihälsen nicht zu finden. Die wollen einem suggerieren, dass man nur das sogenannte „Verbrennerverbot“ aufheben müsste und die Krise sei vorbei. Das auch die CDU auf diesem Trip ist, zeigt, wie wenig Substanz Populismus hat. Einig ist man sich natürlich auch in der Forderung „Die Ampel muss weg“. Dass die AfD dies will, ist verständlich, die Partei lebt von der Verunsicherung der Bevölkerung, die sie mit ihrer Propaganda ständig befeuert. Für die Union wirkt die Forderung eher merkwürdig, denn sie hat weder ein tragfähiges Konzept noch das entsprechende Personal, die Regierung zu übernehmen. Wer sich aktuell noch über Gendersternchen, angebliches Haustier- und Fleischverbot äußert, hat den Ernst der Lage lange nicht begriffen.
Quellen:
Der Ex-VW Vorsitzende bei Markus Lanz: https://youtu.be/BLak9KP_etk?si=3_gUaSIQoJF0uIrQ
TikTok Kanal Oli: https://vm.tiktok.com/ZGd8aTy6o/
TikTok Kanal Vermietertagebuch Alex Raue: https://vm.tiktok.com/ZGd8mFAMj/
Bildquelle: Wikipedia, nibbler, nibbler.de, CC BY-SA 2.0 de