Für die älteren Semester sind die politischen Diskussionen über einen Ausgleich mit dem „Osten“ noch sehr präsent.
Ich habe sie hautnah ab dem 01.01. 1972 in Bonn miterlebt. Es ging damals um das epochale Vorhaben, mit der Sowjetunion, Polen und der DDR jenseits rüstungspolitischer Fakten eine Verständigung auf der Basis von Gewaltverzichten mit Bezug auf das Völkerrecht und menschlichen Erleichterungen zu erreichen.
Dies ist gelungen und war und ist von historischer und richtungweisender Bedeutung. Der gern in der SPD unternommene Versuch, in der aktuellen Diskussion um Stationierungen neuer Waffensysteme ab 2026 in Deutschland Herleitungen zur ehemaligen Ostpolitik zu treffen, geht an der Vertragsrealität vorbei.
Auch die beklagte Nichtbefassung des Bundestages mit den Stationierungsvorhaben der drei Waffensysteme ist substanzlos, wie der wissenschaftliche Dienst des Parlaments festgestellt hat. Zuständigkeiten des Bundestages sind schlicht nicht gegeben. Damit sind die Bemühungen, die Stationierungsdiskussion auf eine relevante Ebene wie in den frühen achtziger Jahren zu heben, vorerst gescheitert.
Dazu trägt auch der kaum auflösbare Widerspruch zwischen der gegebenen Zustimmung zur Aufrüstung der Bundeswehr und die gleichzeitig gepflegte Skepsis gegenüber der Stationierung neuer Waffensysteme in Deutschland bei. Es fehlt dadurch ein Mobilisierungsmoment. Dass die Waffensysteme nur in Deutschland stationiert werden sollen, wird von der Bedrohungslage bestimmt. Süd- und Nordeuropa im Natobereich sind nicht betroffen.
Auch die verbal an die Wand gemalte Erhöhung des Risikos einer Auseinandersetzung mit Russland erschöpft sich in nicht näher definierten Andeutungen. Man muss kein Konfliktforscher sein, um zu erkennen, dass ein versehentlich fehlgeleiteter konventionell bewaffneter Marschflugkörper keine kriegerischen Konsequenzen hätte. Gerade die Furcht vor den militärischen Fähigkeiten des jeweiligen Gegners zwingt zur Vorsicht und verhindert Panikreaktionen. Dies ist die Erfahrung aus 45 Jahren Kalter Krieg. Und nicht zuletzt: Der skrupellose Aggressor Putin kann nur zu gut einschätzen, dass es niemals in der Vergangenheit eine Bereitschaft der Nato in Europa gegeben hat, kriegerische Konflikte auszulösen. Wäre dies so, hätte seine Intervention in der Ukraine hätte längst zu anderen Konsequenzen geführt.