Zum Weltflüchtlingstag am 20.Juni hat das Flüchtlingshilfswerk 120 Millionen Menschen gezählt, die aktuell weltweit auf der Flucht sind.( https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/fluechtlingszahlen) Ein Armutszeugnis für die Weltgemeinschaft und gleichzeitig eine Verpflichtung für uns alle, mehr gegen die Fluchtursachen zu tun.
Flucht und Vertreibung sind kein kurzfristiges Phänomen, im Gegenteil: die Konflikte dauern länger und Lösungen sind nicht in Sicht: sei es Syrien, Jemen oder in der Ukraine. Dabei sollte man aber nicht vergessen, mit welcher Kraft, welchem Mut und mit welcher Entschlossenheit der Geflüchteten weltweit Schutz suchen. Trotz der katastrophalen Zahlen gibt es auch Hoffnung, denn letztes Jahr konnten mehr als sechs Millionen Menschen in ihre Heimat zurückkehren. Die meisten Menschen fliehen innerhalb ihrer Heimatländer, sind also sogenannte Binnenflüchtlinge. Die überwiegende Mehrheit, die ihr Land verlassen, findet in Nachbarstaaten Schutz. Rund 75 Prozent aller Flüchtlinge halten sich dabei in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen auf, also in Ländern, die zusammen weniger als 20 Prozent des Welteinkommens erwirtschaften. Europa oder die USA sind nicht die Hauptziele von Menschen auf der Flucht. Das bestätigen mir auch viele Flüchtlinge, die ich in Jordanien oder in Kenia getroffen habe. Sie sagten: Wir bleiben hier, in der Nähe unserer Heimat, um sofort wieder nach Hause zurückzukehren, sobald wir dort wieder in Sicherheit leben können. Europa und die USA sind also nicht die Hauptziele von Menschen auf der Flucht. Die gesellschaftliche Debatte, aber auch der politische Ton, sind rauer geworden. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) hat schon zur Europawahl sieben Forderung aufgestellt, die jetzt realisiert werden müssten, so u.a. das Recht auf Sicherheit und Asyl zu schützen, menschenwürdige Asylverfahren zu garantieren und Flüchtlingen legale und sichere Wege nach Europa zu ermöglichen. Zudem braucht es eine starke Solidarität mit Ländern, die viele Flüchtlinge aufnehmen. Aber natürlich müssen die Sorgen von Menschen in Deutschland beim Thema Flucht und Vertreibung ernst genommen werden, ohne den Hetzern den Narrativ zu überlassen. Zur Lösung dieser weltweiten Herausforderung sind viele Akteure gefragt. Es gehört die Förderung von Frieden und Stabilität in Konfliktgebieten, die Stärkung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit genauso dazu, wie die Bekämpfung von Armut und Ungleichheit. Internationale Zusammenarbeit und Solidarität sind Grundvoraussetzungen, um nachhaltige Lösungen zu finden.
Der UNHCR ist als „Hüter“ der Genfer Flüchtlingskonvention die zentrale UN-Organisation, die die humanitären Ansätze miteinander verbinden kann. Der Hohe Kommissar für Flüchtlingsfragen, Filippo Grandi informierte vor drei Wochen den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und wurde ungewöhnlich deutlich als er formulierte „…Letztes Jahr habe ich Sie aufgefordert, Ihre Stimme zu benutzen – nicht Ihre Stimmen. Aber die Kakophonie dieses Rates hat dazu geführt, dass stattdessen weiterhin eine noch größere Kakophonie des Chaos in der Welt vorherrscht. Es ist zu spät für die Zehntausende, die bereits im Gazastreifen, in der Ukraine, im Sudan, in der Demokratischen Republik Kongo, in Myanmar und an so vielen anderen Orten getötet wurden. Aber es ist noch nicht zu spät, Ihre Aufmerksamkeit und Energie auf die ungelösten Krisen und Konflikte zu richten…“
Die Liste der Herausforderung ist lang: Klimawandel, Kriege, Armut, Ernährungsunsicherheit und Vertreibung überschneiden sich zunehmend, so dass immer mehr Menschen auf der Suche nach Sicherheit fliehen müssen.
In Süddeutschland haben wir vor einem Monat schwere Überflutungen durch heftige Regenfälle erlebt. Die Bilder erschrecken uns und zeigen die Auswirkungen des Klimawandels. Solche Überflutungen kennen wir derzeit auch aus Afghanistan, Brasilien und Ostafrika, Vier Kontinente, dieselbe Gefahr. Was liegt also mehr auf der Hand, als sich dieser gemeinsamen Bedrohung bewusst zu werden und zusammenarbeiten, um uns zu schützen und einander zu helfen. So können wir die Klimakrise abmildern und Leben retten.
Bild der Bundestagpräsidenten
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