Auf den Trümmern der schlimmsten Diktatur der Menschheitsgeschichte wurde am 23. Mai 1949 ein historisches Dokument verabschiedet. Es legte nicht nur die Grundlagen für die Bundesrepublik Deutschland. Es wurde auch zu einem lebendigen Symbol für Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie – unser Grundgesetz! Durch sein Inkrafttreten wurde das Fundament für eine Gesellschaft gelegt, die fest auf demokratischen Grundpfeilern ruht.
Heute, 75 Jahre später, feiern wir dieses bedeutsame Jubiläum. Inmitten der Feierlichkeiten spüren wir, wie unsere Demokratie angegriffen wird. Wir hören und sehen, wie die Höckes dieser Republik mit Hass und Hetze auf die Pfeiler unserer Gesellschaft eindreschen. Unser Grundgesetz braucht Demokratinnen und Demokraten, die es auch in den nächsten 75 Jahren tragen.
Es ist großartig, wie in den letzten Wochen hunderttausende Menschen überall in Deutschland auf die Straße gegangen sind, um für unsere Demokratie zu demonstrieren. Auch an Orten, wo lange überhaupt keine politischen Demonstrationen stattgefunden haben. Es stimmt mich sehr positiv, dass so viele Menschen, dass Unternehmen, Hochschulen, Zivilgesellschaft, Politik und viele andere so klar und so laut ihre Stimme für Demokratie und Menschenrechte erheben. Das macht eine lebendige Demokratie aus.
Nicht nur, aber besonders, weil der Anlass für dieses eindrucksvolle Zeichen so erschreckend war und ist: Der erstarkende organisierte Rechtsextremismus, der immer mehr seine Maske fallen lässt. Wer Remigration sagt und massenhafte Deportation von Menschen meint, der ist keine Alternative für Deutschland, sondern eine akute Gefahr. Eine große Gefahr, die sich durch ein völkisches Netzwerk aus rechtsextremen Identitären, Reichsbürgern und ausländischen Autokraten potenziert.
Die Mütter und Väter des Grundgesetzes wussten genau, wozu die Ideologie, die die AfD heute wieder vertritt, führen kann. Und deswegen haben sie 1949, vier Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges, vier Jahre nach Hitler ein Grundgesetz geschrieben, das sich gegen die Feinde der Demokratie zu wehren weiß. Dieses Grundgesetz wird in diesem Jahr 75 Jahre alt und es wird noch sehr, sehr lange halten. Dieses Grundgesetz und die Menschen, die es tragen ist stärker, als die Feinde der Demokratie.
Bewusst haben die Autorinnen und Autoren die Menschenwürde über alles gestellt. Sie haben kraftvolle Grundrechte als Abwehrrechte des Einzelnen gegen den Staat geschaffen. Und sie haben demokratische Strukturen fest in unserer Verfassung verankert. Dazu gehört auch, dass sie die Bundesrepublik zu einer Parteiendemokratie gemacht haben. Auch dies als Lehre aus den Schwächen der Weimarer Republik. Parteien haben verfassungsrechtliche Aufgaben und genießen entsprechende Rechte. Diese Entscheidung wurde aber verbunden mit der klaren Erwartung, dass jene Parteien, die die freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpfen oder beseitigen wollen, diese Rechte verlieren können.
Es braucht keine Alternative zu unserem Grundgesetz. Es braucht keine Alternative zu unserer Demokratie. Es braucht keine Alternative für unsere Freiheit. Es braucht keine Alternative zu „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Es braucht keine Alternative für Deutschland.
Alles Gute zum 75. Geburtstag, liebes Grundgesetz und auf die nächsten 75 Jahre.
Zum Autor: Seit Oktober 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages, dem er zuvor bereits von Januar bis Oktober 2005 angehörte. Von Dezember 2017 bis Dezember 2021 Generalsekretär der SPD. Seit Dezember 2021 gemeinsam mit Saskia Esken Vorsitzender der SPD.
Aktion „Die Würde des Menschen ist unantastbar“
Weil es darauf ankommt, dass die öffentliche Unterstützung für unsere Demokratie anhält und sich weiter ausbreitet, wird auch der Blog der Republik immer wieder auf den Aufruf, „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Wir stehen für Demokratie und Rechtsstaat.“, bis zum 23. Mai, dem 75. Geburtstag unseres Grundgesetzes, hinweisen und die Stellungnahmen weiterer Unterstützerinnen und Unterstützer veröffentlichen.
Mehr als 100 Persönlichkeiten aus der demokratischen Zivilgesellschaft haben am Tag der deutschen Einheit öffentlich dazu aufgerufen, für unsere Demokratie einzutreten. Initiiert worden ist der Aufruf vom ehemaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden im Düsseldorfer Landtag, Norbert Römer und dem Chefredakteur der Zeitung „Neue Westfälische“ aus Bielefeld, Thomas Seim. Sie haben mit ihrer Initiative Unterstützung bei Alfons Pieper und Uwe Pöhls, den Herausgebern vom Blog der Republik bekommen, die sofort zugesagt haben, den Aufruf in ihrem Blog zu veröffentlichen. Alfons Pieper: „Wir müssen Gesicht und Haltung zeigen, wenn es gegen Menschenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus geht, für die die AfD steht. Wir dagegen stehen für Demokratie und Menschenwürde.“
Unterschrieben haben inzwischen neben den über 100 Erstunterzeichnerinnern und Erstunterzeichnern viele Bürgerinnen und Bürger, Politiker wie Michael Theurer, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr, Mitglied des FDP-Präsidiums und Landesvorsitzender der FDP in Baden-Württemberg, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger(FDP), frühere Bundesministerin der Justiz und Antisemitismusbeauftragte für NRW, Jürgen Merschmeier, Ex-Sprecher der CDU zu Zeiten des CDU-Generalsekretärs Heiner Geißler und heutiger Berater, die ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Ulla Burchardt aus Dortmund, Gaby Witt, einst enge Mitarbeiterin des früheren SPD-Bundesvorsitzenden und schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Björn Engholm, und viele, viele Leser des Blog-der-Republik aus allen Teilen Deutschlands, aus Dachau ebenso wie aus Hamburg, aus Essen wie aus Rheda-Wiedenbrück, aus Freiburg wie aus Waldkirch, Unterhaching, Ottobrunn, Gummersbach, Bonn, München, Castrop-Rauxel und und und. Die Liste, die beigefügt ist, wird immer länger und das ist gut so und zeigt, wie richtig wir liegen mit dem Kampf für die Demokratie und gegen den Rechtsextremismus, gerade nach den Wahlen in Hessen und Bayern und den terroristischen Angriffen der Hamas gegen Israel, verbunden mit vielen Toten und Entführungen sowie den Bombenangriffen der israelischen Luftwaffe gegen die Hamas mit Hunderten von Opfern.
„Der Feind steht rechts“. So hatte es Reichskanzler Josef Wirth 1922 nach der Ermordung von Reichsaußenminister Walther Rathenau durch Rechtsradikale vom antisemitischen „Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund“ gesagt. Eine Mahnung, wie sie vor Jahren vom damaligen CDU-Ministerpräsidenten von NRW, Armin Laschet zitiert wurde.
Den Aufruf sowie die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner finden Sie hier:
Weitere Unterstützung ist gewünscht. Per E-Mail und mit Namen und Adresse (Adresse wird nicht veröffentlicht, nur Name und Ort) an folgende E-Mailadresse: freiheit-braucht-demokratie@blog-der-republik.de, Aufruf „Die Würde des Menschen ist unantastbar – Wir stehen für Demokratie und Rechtsstaat“.