Das vergangene Jahr war super – vor allem für die Chefs der DAX-Konzerne. Durchweg sind deren Einkommen kräftig gestiegen, im Durchschnitt um satte neun Prozent. Dagegen wurden die Bruttolöhne und –gehälter ihrer Mitarbeiter 2014 im Schnitt um nicht einmal vier Prozent erhöht. Die von den Vorstandsführern erbrachten Mehrleistungen müssen wohl doppelt so hoch gewesen sein wie die der Angestellten in den Unternehmen. Wenn sie nun in der aktuellen Tarifrunde 2015 bei bisherigen Lohnabschlüssen mit einem Plus von drei bis vier Prozent von “gerade noch tragbar“ sprechen, klingt das jedenfalls recht merkwürdig.
Vor allem wenn die absoluten Höhen der Bezüge in Relation betrachtet werden. Der Top-Verdiener 2014 bei den DAX-Firmen war Martin Winterkorn, der Chef des VW-Konzerns, mit 15,6 Millionen Euro. Weit hinter ihm rangieren Dieter Zetsche von Daimler mit 8,4 Millionen, Karl-Ludwig Kley von Merck mit 7,7 Millionen, Kaspar Rorsted von Henkel mit 6,8 Millionen. und Jo Kaeser von Siemens mit 6,1 Millionen Euro Jahreseinkommen. Weit dahinter liegen die Vorstandsvorsitzenden von Adidas, Fresenius, Infineon und Kali + Salz mit Bezügen zwischen zwei und knapp vier Millionen Euro.
Diese Gehälter setzen sich durchweg aus recht “bescheidenen“ Grundbezügen von ein bis zwei Millionen Euro und zumeist üppigen Boni zusammen.
Bei Martin Blessing, dem Chef der Commerzbank, sieht das beispielhaft so aus: 1,3 Millionen Euro Grundgehalt plus 1, 4 Millionen Euro Bonus summieren sich für 2014 zu einem Gesamteinkommen von 2,7 Millionen Euro.
Bis 2012 galt für die Vorstände der Commerzbank die Deckelung der Jahresgehälter auf 500.000 Euro, nachdem der Bund dieses Kreditinstitut 2008/ 2009 vor dem Untergang gerettet hatte; mit Steuergeldern engagierte sich der Staat, der immer noch mit 17 Prozent an der Commerzbank beteiligt ist. Boni, also Dividende, für die “Staatsknete“ zahlt die Bank indessen weder für die haftenden Steuerzahler noch für die treuen Aktionäre. Der schöne Gewinn von über 600 Millionen Euro ist nämlich futsch: Da die Bank von Verstößen gegen Handelssanktionen und Geldwäsche in den USA eingeholt wurde, muss sie nun für die Sünden der Vergangenheit die saftige Geldbuße von 1,45 Milliarden Euro zahlen. Und das Eigenkapital soll auch noch erhöht werden – als Vorsorge für manche windigen Geschäfte, die zu weiteren Verlusten führen könnten.
Immerhin hat die Commerzbank Anleihen der österreichischen Staatsbank Hypo Alpe Adria in Höhe von 400 Millionen Euro im Depot, für die seit März 2014 keine Zinsen und Tilgungen geleistet werden; es droht hier ein teurer Schuldenschnitt.
All das sind keine Ruhmestaten, die noch mit Bonuszahlungen zu vergolden sind.
Ohnehin wird es immer schwieriger, die hohen Millionen-Gagen von angestellten Unternehmenschefs einer Gesellschaft, die mit der Sozialen Marktwirtschaft weitestgehend glücklich und zufrieden ist, zu erklären. Die Kluft zwischen Normal und Extrem erscheint vielen zu groß – etwa zwischen dem Durchschnittsjahreseinkommen von rund 50.000 Euro und den CEO-Millionen an Jahresbezügen. Ökonomisch mag das noch zu rechtfertigen sein, doch gesellschaftlich wird es immer schwieriger – selbst wenn der Staat insgesamt von der hohen Besteuerung der Vorstandsmillionen profitiert.
Für Risiken, die häufig zu Milliarden-Verlusten und zum Abbau von vielen Arbeitsplätzen führen, haften Vorstände fast nie. Im “worst case“ gehen sie mit hohen Abfindungen in Pension. Bei jedem mittelständischen Unternehmer ist das anders: Er haftet voll und ganz für seine Risiken – und geht im “Falle eines Falles“ pleite.
Der Realitätsbezug fehlt, insbesondere wenn bekannt wird, dass etwa Thomas Ebeling, der Chef von Pro Sieben SAT 1 dank eines wohl zu üppig bemessenen Bonus für 2014 mehr als 27 Millionen Euro als Einkommen kassiert.