Beim Fußball wird ein regelwidriges Verhalten auch als Foul bezeichnet. Um ein bestimmtes Verhalten überhaupt als Foul bewerten zu können, müssen drei Bedingungen erfüllt sein: 1. Es muss auf dem Spielfeld passiert sein. 2. Es muss „im Spiel“, also bei laufendem Spiel und eben nicht in einer Spielunterbrechung oder etwa in der Halbzeit erfolgt sein. 3. Es muss von einem Spieler begangen worden sein.
Die beiden ersten Bedingungen sind relativ einfach zu verstehen und für einen Schiedsrichter problemlos in seine Entscheidungsfindung einzubeziehen. Mir ist kein einziger Fall bekannt, bei dem in der Beurteilung eines Vergehens gegen eine dieser beiden Bedingungen verstoßen wurde.
Das dritte Kriterium hingegen bietet in seiner Interpretation häufig und gerade auch wieder an diesem Spieltag Anlass für Unstimmigkeiten und Ungereimtheiten. Die Formulierung „…. von einem Spieler begangen …“ impliziert unmissverständlich eine aktive Handlung des Spielers, er muss selbst und zweifelsfrei regelwidrig tätig geworden sein.
Die Beurteilung, ob dieses Kriterium erfüllt ist, ist oft schwierig und führt immer wieder mal zu falschen Schlussfolgerungen, die als Strafstoß oder rote Karte spielentscheidend sein oder sich sogar auf den Abstieg oder die Platzierung in der Tabelle auswirken können.
Jüngstes, spektakuläres Beispiel bot die 19. Minute des Spiels TSG Hoffenheim gegen den Hamburger SV. Der Hoffenheimer Spieler Schipplock stürmt allein und mit dem Ball am Fuß auf den Hamburger Torwart Drobny zu. Der rauscht heran, verfehlt den Ball und bringt den Stürmer auf dem Boden rutschend zu Fall. Schiedsrichter Perl sieht das als Notbremse an, verhängt einen Strafstoß und zeigt Drobny die rote Karte. Einhellige Meinung, auch noch am Sonntag in den üblichen Gesprächsrunden: der Schiri hat richtig, regelkonform gehandelt.
Ich möchte dagegen halten und betonen, der Schiri hat nicht richtig, weil regelwidrig geurteilt. Wenn man sich nämlich die Situation genau ansieht, ist der Zusammenprall ganz anders zustande gekommen. Drobny hat den Ball verfehlt, das stimmt, ist aber seine einzige aktive, eben nicht strafbare Handlung. Dann hat Schipplock die günstige Gelegenheit eines möglichen Zusammenpralls dadurch ausgenutzt und forciert, dass er mit dem linken Fuß klar erkennbar gegen die Brust von Drobny getreten und sich dort gewissermaßen eingehakt hat. Sein Bestreben bestand darin deutlich zu machen, dass er nicht weiter laufen konnte, dass Drobny ihn daran gehindert hat. Eine solche Aktion ist auch unter dem Begriff „Einfädeln“ bekannt, bei Fußballern eine nicht gerade unübliche Aktion.
Immer wieder hört man die Auffassung, dass der Torwart den Ball haben oder klären muss, wenn er das Tor verlässt; wenn er den Ball verfehlt, muss er damit leben, dass der Gegner die Situation ausnutzt und ein Foulspiel vortäuscht, z.B. durch das beschriebene Einfädeln. Das kann es aber doch wohl nicht sein! Das wegen der gravierendsten Konsequenzen vornehmlich im Strafraum praktizierte Einfädeln beinhaltet ein unsportliches Verhalten und müsste unnachsichtig mit einer gelben Karte für den Angreifer bestraft werden. Dass das aber meistens zu einem Strafstoß mit gleichzeitiger persönlicher Bestrafung führt, liegt sicherlich auch daran, dass diese Situationen zugegebenermaßen nicht immer leicht zu beurteilen sind und den Schiris für eine richtige Einschätzung des Sachverhalts in aller Regel hinreichende eigene praktische Fußballerfahrungen fehlen. Vielleicht fehlt aber auch nur ein starkes Rückgrat.
Der durch die Wucht der Bewegung heftige Tritt vor die Brust von Torwart Drobny hat markante Spuren auf dessen Oberkörper hinterlassen, was auch im Fernsehen deutlich zu erkennen war. Aber auch diese Tatsachen konnten Schiri Perl nicht umstimmen, natürlich nicht; wahrscheinlich hat er gedacht: das bist Du doch selber schuld! Ich meine, das war er in diesem Fall wirklich nicht!
Beim Spiel VfL Wolfsburg gegen den Freiburger SC gab es eine ähnliche Situation, in der Schiedsrichter Stegemann auch auf Elfmeter, hier für Wolfsburg, entschieden hat. Im Gegensatz zum Hoffenheimer Fall hatte aber der Freiburger Torwart Bürki dem heraneilenden de Bruyne mit beiden Händen aktiv in die Füße gegriffen und ihn so zu Fall gebracht, also eine völlig korrekte Entscheidung.