Eine ordentliche Portion Häme hat die meisten Berichte über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu dem Nachtragshaushalt 2022 und der Umwidmung von Haushaltsmitteln bestimmt. Endlich konnte mal wieder über die angeblich so dilettantischen Politiker der Ampel unisono hergezogen werden! Dass mit der nun als Verfassungsbruch gebrandmarkten Mittelumwidmung nicht weniger als die überfällige und zwingend erforderliche Modernisierung der deutschen Wirtschaft gebremst oder schlimmstenfalls verhindert wird, scheint dabei in Vergessenheit zu geraten.
Festzuhalten ist, dass die Ampelkoalition gar keine andere Wahl hatte als die Mittelumwidmung. Eine korrekte haushaltstechnische Bestimmung hat die eherne Schuldenbremse im Grundgesetz verhindert und die Weigerung der Opposition, bei der Ermöglichung von Auswegen mitzuwirken.
Wenn jetzt nicht die Vernunft über das politische Siegesgefühl siegt, werden dies die kommenden Generationen sehr schmerzhaft zu spüren bekommen. Die Forderung nach Priorisierung der verfügbaren Haushaltsmittel und kräftigen Einsparungen ist nicht nur kurzsichtig, sondern peinlich ahnungslos.
Nicht immer ist es klug, Recht mit der Brechstange ohne Ansehung der Folgen zu sprechen. Andere Senate des Bundesverfassungsgerichts haben bei solchen Gelegenheiten verantwortungsvoller gehandelt und den Bundesregierungen Mahnungen ausgesprochen und Spielräume zur Korrektur eingeräumt. Hier hat juristische Rechthaberei das Sagen gehabt. Eine bemerkenswerte und überaus kundige Ausnahme bei der überwiegend kurzsichtigen Berichterstattung zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts macht der Autor Thomas Fricke bei Spiegel Online. Sehr lesenswert!!
Bildquelle: Bundesarchiv, B 145 Bild-F083314-0005 / Schaack, Lothar / CC-BY-SA 3.0 CC BY-SA 3.0 de , via Wikimedia Commons