Klimaexperten ängstigt, dass dringlich nötige Maßnahmen für Klimaschutz die Bevölkerung mehr ängstigen als Folgen des Klimawandels. Dazu schüren trotz einer Heizungsdiktatur von 49 Grad und Flammenhöllen um´s Mittelmeer AfD, Union, FW und FDP Ängste vor der Heizungswende. Neuerdings stärken diese Angst-Allianz aber auch noch Kabarettisten, die statt der Klimakrise tödliche Bedrohungen wie Gendern, Heizungs- oder Fleischverbote fürchten. Erschrocken fragt man sich, wann die letzte Heizung abgewrackt, die letzte Weißwurst schwarz unter der Metzgertheke gedealt wird und wo man so etwas schon gehört hat? Genau, bei Bierzeltreden von Söder/wanger und noch dumpfer bei der AfD.
„Was ist denn mit der Gruberin los?“ fragte sich kürzlich nach einem Auftritt der Kabarettistin M. Gruber die Augsburger Allgemeine? Seit ihrer Erdinger Demo fragen sich das viele Fans der „Moni“, die offenkundigwährend Corona vom Querdenken zu Querdenkern abgedriftet ist. Auf Instagram beschimpft sie im schrillen Gruber Ordinäriat Klimakleber, hetzt gegen Me too, Greta oder Grünen Ökoterror! Ähnlich niveauvoll verlief auch ihre Heizungsdiktatur Demo, zu der sich auch M. Söder verlaufen hatte. Zum Dank durfte er – statt mit Ovationen mit Pfiffen empfangen – dann erleben, wie der pfiffige H. Aiwanger seine goldbraune Ernte einfuhr und M. Gruber als Jean d`Arc normaler Ölheizungen heiligsprach. Nach Kritik der „rotgrünen Mischpoke“ (M. Gruber) gegen ihr soziales Engagement eilte Kollege B. Jonas der Erdinger Heldin mutig zu Hilfe und bot seinen Beistand an. Da konnte als Dritter im Bunde auch Fernseh-Kabarettist H. Schleich nicht länger an sich halten und solidarisierte sich mit den 13.000 und der „Moni“.
Derbald danach anberaumte große Kabarettgipfel dieses Trios im Verlagshaus vom Münchner Merkur klärte dann alle Unklarheiten mit einem Freispruch 1. Klasse für H. Aiwanger. Nicht bei ihm, sondern im grünen Ökobereich der radikalen Klimabewegung sind totalitäre Fantasien unterwegs. Aiwangers trumplige Rede, „sich die Demokratie von Politikern droben in Berlin, die den Arsch offen haben, zurückzuholen“, zählt B. Jonas zur Klarheit Bairischen Dialekts,(…) legitimiert durch den Aufstand der schweigenden Mehrheit gegen das Heizungsgesetz“. H. Schleich, der großen Wert auf eine unabhängige Meinung legt, verortet „die Meinungsführerschaft nicht mehr bei der CSU sondern bei der radikalen Klimabewegung und Teilen der Grünen“! Ja um Hildebrandts Willen, was ist denn bloß los mit dem einst so scharfsinnigen Bayrischen Kabarett? Kritik und Spott galten doch immer den Mächtigen, nicht den Ohnmächtigen!
R. Meisenberger von der Passauer Neuen Presse analysiert in einem präzisen Essay einen Paradigmenwechsel. „Satiriker haben immer gegen den Status Quo gekämpft, heute gilt plötzlich der Wandel als Gegner“. W. Landshuter, Gründer vom Passauer Scharfrichterhaus spricht vom neuen „Populistischen Kabarett“. Als neue Feindbilder besorgter Kabarettisten gelten Systemveränderer wie Grüne Ideologen, Friday for Future oder Klimakleber, kurz der grüne Zeitgeist im rotgrünen Ökosumpf. Einige dieser älteren Semester*innen ärgert offenkundig, dass junge Hupfer ihre Art zu leben, fliegen, essen, SUV fahren attackieren, also eine Ökodiktatur (B. Jonas) ausüben. Für H. Schleich gehört der Bayerische Justizminister Eisenreich folglich zu den Ohnmächtigen. Als Robin der Schwachen wahlkämpft er daher für diesen Minister ohne Macht, der Klimakleber als kriminelle Vereinigung in Präventivhaft nehmen läßt. Audibosse hingegen, die für den weltweit größten Beschiß der PKW Nachkriegsgeschichte stehen, dealt die Bayrische Justiz auf Bewährung frei. Da könnte ein unabhängiger Kabarettist ja glatt die Frage stellen, wo denn die wahren Mitglieder der kriminellen Vereinigung sitzen bzw. nicht sitzen? Aber Volkssatiriker marschieren halt wie ihre Politspezl lieber mit der Mehrheit, das bringt mehr als Kellerbühnen. Das Volk mag keine Klimakleber, also klebt man diesen eine. Das Volk ißt gerne Fleisch, ergo ätzt man gegen Tierschützer und Veganer. Das Volk haßt Veränderungen, also lästert man über Verkehrswende, Arten- und Klimaschutz.
Mit ihrer Wut gegen längst überfällige Veränderungen verhalten sich volkstümliche Satiriker inzwischen wie die früher von ihnen karikierten Spießer. Ungeniert setzen sie drängende Maßnahmen zum Klimaschutz mit Ideologie und Ökodiktatur gleich, bekämpfen statt Klimablockierern Klimaaktivisten. Ihr Spott gegen Jugendliche, die für ihre Zukunft kämpfen, bringt allerdings bloß ein bestimmtes Publikum zum Lachen und bei dem vergeht einem das Lachen. Politisch wirkt der von CDU CSU, FW und FDP verwertete „Bild“-Geifer gegen ein schlecht vorbereitetes aber im Kern notwendiges Heizungsgesetz wie Viagra – für die AfD. Und die wirkt wie eine Satire H. Qualtingers aus den letzten Tagen der Menschheit von K. Kraus. Klar ist, grüne Witzfiguren schreien nach satirischem Spott. Zum Schreien unlustig ist es jedoch, drängende ökologische Veränderungen lächerlich zu machen.
Wie witzig Grünenspott sein kann, beweist Extra 3. Wie eine Sendung in populistisches Kabarett abdriftet Nuhr im 1. Der „hat sich als Opfer die „mächtigste Frau der Welt“ – Greta Thunberg auserwählt und kämpft auch gegen grünen Ökoterror. Wer wie er und Kollegen mit solch ideologischem Furor gegen Öko- und Klimaaktivisten agiert, weckt den Verdacht, eventuell generell am Klimawandel zu zweifeln. Gegen Zweifel aber helfen Fakten. Für Satiriker wie D. Hildebrandt und Kollegen war eine „gesicherte Ahnung“ durch Recherchen immer die Basis, um mit ihrem Spott die Richtigen zu treffen. Bei M. Gruber warnt ein Instagram Hinweis vor irreführenden Fakes. Reale gesellschaftliche Probleme satirisch zu überhöhen und der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten ist eine hohe Kunst. Wenn Volkssatiriker die Würstl des Menschen für unantastbar, Würde für einen Irrealis, Correctness für Gutmenschentum (AfD) halten, Islam mit Islamismus gleichsetzen und einen Shitstorm gegen sich als Pogrom werten (D. Nuhr), spiegelt das ihr eigenes Zerrbild.
Übrigens, am 8. Oktober sind Wahlen. Höchste Zeit die Wohltaten der seit 70 Jahren regierenden Opfer des grünen Ökoterrors zu preisen. Auf geht´s zum Erntedankfest für fehlende Windräder, Stromtrassen, Bayernheime, CSU-Maskendeals, 2. Stammstrecken Milliardenlöcher ohne Rand oder dem Lob eines Klimagesetzes namens Wischi Waschi. Es geht um Bayern – also Berlin. Auf Wahlplakaten der CSU steht „gegen Ideologie und Bevormundung!“ Wer plagiert hier wen? Wählen Sie!
Zum Autor: Hans Well ist ein bayerischer Musiker und scharfsichtiger und sprachgewaltiger Beobachter der gegenwärtigen Politik und Gesellschaft. Er war Mitglied der Biermösl Blosn und war für die Texte der Gruppe verantwortlich.
Dieser Beitrag wurde in einer etwas gekürzten Fassung am 24.8. erstveröffentlicht in der SZ