Seit geraumer Zeit fühle ich es – ich, mein eigenes Genervtsein – allüberall diese medialen Zumutungen: auch ich soll mich jetzt endlich mal entscheiden, möglichst hin zum Dschendern. Als Frau sollte ich doch jetzt… solidarisch sein, mich bekennen, konsequent eine Art feministische Grundhaltung sooo betont selbst-kritisch wie fast in totalitären Staaten an den Tag legen, mit machen die kleinen fiesen neuen Zwänge in der Sprache, forciert Farbe bekennen, mich nicht so anstellen, es den Männern mal ordentlich zeigen.
Und – ich sage NEIN! So was von artifiellem Rumgemache an sinnvollen Wörtern, die doch unbedingt kategoriell unterscheiden wollen und sollen. Ja, bin ich denn blöd?
So sehr widerstrebt mir, mich von irgendwelchen Leuten an überflüssige Ketten, meine schöne Sprache in metallisch sperrige Klammern einengen zu lassen. Aus welch vermeintlich berufener Ecke kommen bloß seit einigen Jahren diese rigiden Schwestern?
NEIN! Ich muss keineswegs noch mal beweisen, wie sehr ich unsere globale Schräglage, was die Ungleich-Bewertung von Frauen und Männern grauenvoll finde. Ich schreibe seit Jahrzehnten über dieses fatale Elend von männlicher Gewalt, von herrenhafter Anmaßung in allen gesellschaftlichen Bereichen.
Ich weiß Bescheid – und ich kenne mich aus:
Vorrangig Mächtige Männer machen uns Allen die Welt so kaputt.
Mit uns Allen – ja, damit sind naturgemäß auch alle Männer gemeint, die Fabrik-Arbeiter in Aller Herren Länder, auch die kleinen zwangsrekrutierten Soldaten, die sich kaum wehren können, wenn die Herren da Oben aus pathologischer Beweisnot ihre todbringenden Befehle erteilen.
Der Grund: Den meisten Frauen auf Erden fehlt der faire ZUGANG zu verantwortlicher Arbeit in allen relevanten gesellschaftlichen Bereichen. Und: ich gehe davon aus, dass der weltweite Turbokapitalismus, inclusive der brutalen profitgeilen Rüstungs-Industrie für sein lukratives Geschäftsmodell auf empathische Frauen lieber verzichtet, denn die mit ihrer Gefühlswelt, ihrem mitleidigen Zögern – die bremsen ja nur den beschleunigten Umsatz.
ALSO: gegen dieses himmelschreiende Unrecht – dagegen hilft doch nicht eine verordnete Sprach-Behinderung! Dieses folgsame, aber total fremdbestimmte Getue lässt Frauen und Männer nur verkrampft stolpern in abgründige Sprech-Fallen. Der in sich kreative Wörter-Strom darf nicht mehr fließen, es ergeben sich schlecht gelaunte Zustände, die eine gelingende Kommunikation zwischen den Geschlechtern naturgemäß blockieren. Besonders bescheuert klingen solche Verrenkungen, wenn übereifrige Typen sich dann abmühen, um den Damen zu gefallen!
NEE, NEE. So lehne ich das ab, und rate unseren Frauen, mit lebendigem Selbstvertauen, solche geistig, seelisch und körperlich verbarrikadierenden Zumutungen Nicht zu bedienen!
Stattdessen: Ich mache es so:
Ich sage und schreibe „Bürgerinnen und Bürger.“ Denn so viel Zeit DARF sein!
Das als naheliegendes Beispiel für alle möglichen Substantive. Ach ja, und Politikerinnen und Politiker – darauf wäre unbedingt zu achten – sind nicht selten bequeme Leute; was die machen: Sie reden gerne von „den Menschen“. Ja, damit ersparen sie sich zwar verständlicherweise das holprige Gendern, und verzichten jedoch so auch auf die humanistisch wesentliche Unterscheidung zwischen den Geschlechtern im Sinn einer hoffentlich wachsenden Gerechtigkeit. Tja – Und so geht die Schwarze Sprach-Pädagogik durchs Vermeiden von Zwang dann auch noch nach hinten los!
Und: auch was Transpersonen betrifft – gerne können sie sich mal männlich, mal weiblich fühlen, und wenn ich jemanden persönlich kenne, werde ich das situativ auch berücksichtigen.
Zu anderen sprachlichen Zwangshandlungen bin ich jedoch nicht bereit.
Ach ja – ich bin zwar eine engagierte FREIDENKERIN, und deshalb weit entfernt von irgendwelchen Verschwörungsmythen, im Gegenteil: mich regen Leute auf, die alles veranstalten an vorsätzlicher Ignoranz, um nicht argumentieren zu müssen, die fanatisch fixiert sind auf ihre Feindbilder, und die sich schäumend als Scharfmacher dergestalt unentbehrlich meinen machen zu müssen, dass sie mit rechthaberischem Grinsen den Mitmenschen Angst einjagen – ein niederträchtiges Geschäftsmodell.
Dennoch – und ich begebe mich auch keineswegs auf das manipulative Niveau der Ikone Wagenknecht – ich gebs zu, gestern beschlich mich plötzlich eine bange Frage, denn zweifelsohne gibt es manipulative Absprachen, vor denen nicht zuerst und nicht zuletzt Bertolt Brecht warnte:
„Wem nützt der Satz, wem zu nützen gibt er vor, zu was fordert er auf?“
Wenn aktuell die AfD so dermaßen profitiert vom lauthalsen Unsinn linkischer Gender Befürworterinnen – wer stachelt die rigiden Gender-Fans denn gerade so maßlos auf? Es gibt sie ja in der politischen Geschichte durchaus, die agents provocateurs, oder zumindest die bestellten Claqueure. Beide wurden und werden honoriert. Das timing aus Kalkül jedenfalls – es würde passen. So ergibt sich ein bodenloses Gezänk, das für irre Schlagzeilen sorgt und das unterhaltungs – und streitsüchtige Publikum brauchbar in Atem hält und vom Nachdenken erfolgreich abhält. Die a-social Medien schwimmen gerne im mühelosen Übergewinn!
Dazu der heillose Tipp des zynischen Trump-Strategen Steve Bannon:
„Flood the zone with shit.”
So viel (wirre) Meinung und so wenig Fakten. Hier hätte eine kurze Recherche gutgetan.
Denn: Herzlich Willkommen auf der dunklen Seite, Frau Bäumler! Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie gendern!
„Bürgerinnen und Bürger“ ist die Form des Genderns, die in der Fachsprache auch „konsequente Dopplung“ genannt wird.
Da hätten Sie uns allen diesen – wie man heutzutage so schön sagt – Rant (auf Deutsch: „Schimpftirade“) auch einfach ersparen können!
Hallo Betty,
nun, ersparen kann und möchte ich Ihnen meine Ansichten nicht, ja, ich argumentiere gerne.
Ich persönlich fand das Wort „gendern“ immer schon unangenehm. Diese seltsame Wortschöpfung, englisches Substantiv, dann dieses deutsche Verb, als forciertes Tu-Wort.
Wir – also der meisten Menschen auf Erden – wir haben so gravierende Probleme, vielleicht können auch Sie sich gut darum kümmern, Vorschläge, Analysen von Konflikt-Ursachen – ein Problem-Bewusstsein über toxische Expansionen, obwohl „die Grenzen des Wachstums“ seit 50 Jahren bekannt sind.
Profit versus Gemeinwohl ist ja von dermaßen zerstörender Dynamik für uns Alle!
Im Übrigen: früher in der DDR wurde fast gar kein Englisch unterrichtet, das blieb immer eine Fremd-Sprache, das war ja „die Sprache des Klassenfeinds „. Da wundert es mich nicht, dass ehemalige DDR-Bürgerinnen und DDR-Bürger auf so einen unverständlichen Begriff keine Lust haben!
Und so viel VERORDNUNGEN wie einst in diesem undemokratischen Staat, das wollen sie nicht noch mal bedienen.
Besonders die allzu bereiten unauffällig Mitlaufenden schlagen sich doch jetzt nicht ohne Not auf befremdliche ANDERE Seiten, die sie doch als eine Art problematische Gruppierung in ihrem Alltag gar nicht konkret kennen.
Wie gesagt – ich halte mich nicht für ignorant – aber ich persönlich begegne in meinem täglichen Leben konkret und in Kenntnis keinen Transpersonen, also auch nicht ihren Identitäts-Problemen. Das dürfen Sie mir einfach glauben.
Andere Menschen jedoch, die mit jeder Menge diverser Beeinträchtigungen an Leib und an Seele, die vielen verschämten Trauma-Opfer, all denen gehört meine engagierte solidarische Aufmerksamkeit!
So long Marianne
Ihr Ansatz: Feministisch, eventuell (aber was für einen??), aber vor allem transfeindlich. Er zeigt genau das Problem, das Transpersonen diskriminiert und zur Zielscheibe der Rechtspopulisten und gewaltbereiten Rechtsextremen macht. Wir schreiben das Jahr 2023! Sie fallen hinter eine gesellschaftliche Diskussion zurück, die wir schon längst überwunden haben sollten. Solche Sätze wie „Und: auch was Transpersonen betrifft – gerne können sie sich mal männlich, mal weiblich fühlen“ sind ja wohl eine arrogante und ins Lächerliche ziehende Zumutung. Das negiert die Identität der Transpersonen. Es ist eben nicht ein „Gefühl“. Wenn Sie schreiben „So was von artifiellem Rumgemache an sinnvollen Wörtern“, dann ist das ein Gefühl. Behalten Sie es doch bitte für sich und schwenken Sie bitte doch nicht ein in den immer stärker werdenden Chorus der Hater und gewaltbereiten Täter von rechts. Viele Ihrer Aussagen werden auf der falschen Seite Beifall finden. Von AfD bis CDU werden alle „Alterativen für Deutschland“ begeistert sein. Ist es Ihnen das wert?
Müsste man/frau nicht auf die „einprügeln“, die unsere Demokartie zu Grunde richten? Das ist schlimmer als die Suche danach, wie man gesellschaftliche Realität besser und sichtbarer in der Sprache abbildet. Seit Jahrzehnten verändert sich unsere Sprache ohne großen Widerstand. Akronyme, Frendwörter, Jugendsprache, Neusprech werden unaufgeregt hingenommen und finden jedes Jahr, oft mit einem Schmunzeln, Einzug in den Duden. Wenn es aber um die Grundfesten der konservativ-christlichen Ideologie geht, dann auf einmal droht der Untergang des Abendlandes und das Ende der Deutschen Sprache. Dann wird der Grammatik-Knüppel rausgeholt, bessser vorgeschoben, um andere Lebensentwürfe niederzumachen. Wo das endet, sehen wir gerade um uns herum. In Italien werden die Namen (nicht-biologischer) lesbischer Mütter aus den Geburtsurkunden ihrer Kinder gestrichen, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Die nächsten Schritte kann man ja leicht erraten. Wem nützt diese Diskussion eigentlich?
Guten Tag.
Das erzwungene Sternchen lehne ich ab! Wer es hinschreibt, kann das machen, wer die Pause sprechen möchte, kann das tun. So ein Zwang, wie von undeutlicher Seite jetzt landauf landab propagiert wird, der ist einfach falsch, ja totalitär, und hat mit Gerechtigkeit gar nichts zu tun.
Deshalb: Ich finde, diese aktuelle Diskussion unbedingt notwendig!
Wenn ich allein daran denke, wieviel Energie ABSORBIERT wird durch so eine möglichst viele Schuldgefühle auslösende Nötigung beflissener Hartnäckiger – Energie, die wir doch dringend Alle brauchen, um konkret unsere rechtsstaatliche DEMOKRATIE an der alltäglichen Basis mal richtig stark zu machen mit lebhaftem Beteiligen der Bürgerinnen und Bürger… siehe u.a. die beharrliche Initiative von Bärbel Bas für die repräsentativen Leute auf Bundesebene.
Deshalb ist der Verweis von Marianne Bäumler so wesentlich, dass wir Zusammen für einen gerechten Zugang für Frauen als universales Menschenrecht kämpfen, also nicht nur hier, auch wir Männer, denn auch wir werden doch mit den anderen männlichen Erdenbewohnern aufatmen können, wenn es auf der Welt eine gute Balance spürbar geben kann, und die brutalen Kriegs – und Konzernherren ohne brav mitspielende Befehlsempfänger mit diesem fatalen Irrsinn imperialer Herrschaftsgelüste auf Mensch, Umwelt und Klima ihre üblichen profitgierigen Gewaltorgien endlich aufgeben müssten!
Arthur Schubert