Es ist ein Trauerspiel. Das Ergebnis von Scharm El Scheich bleibt weiter hinter dem Notwendigen zurück. Der 27. Weltklimagipfel ist eine bittere Enttäuschung, und jeder Versuch, das Versagen schönzureden, verschlimmert den Skandal.
Der Planet wird, wenn es um die Erderwärmung geht, oft mit einem sterbenskranken Patienten verglichen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres bemühte auch dieses Mal das Bild von der Notaufnahme. Einmal im Jahr versammeln sich die Staatenlenker am Krankenbett, lamentieren und wehklagen und unternehmen nichts, was dem Patienten nachhaltig helfen könnte.
Im Gegenteil: die Ausbeutung fossiler Energieträger, die in hohem Maße ursächlich für den desolaten Zustand ist, soll auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werden. Das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, rückt in weitere Ferne. Zu neuen Selbstverpflichtungen fehlte den Mächtigen der Schneid. Sie packen ihre Koffer und hinterlassen einen Scherbenhaufen.
Das geht vielleicht zum Teil auf die ägyptische Präsidentschaft zurück, die den Ölförderländern gefällig sein wollte. Das hat sicher auch mit dem Ukraine-Krieg, den geopolitischen Brüchen und der Energiekrise zu tun. Vor allem aber äußert sich in der Schlusserklärung die Gier nach weiteren Profiten auf Kosten von Mensch und Natur.
Jahr für Jahr erinnert der Weltüberlastungstag schon im Sommer daran, dass unser Jahresbudget an natürlichen Ressourcen erschöpft ist. Pressen wir weiter immer mehr aus der Erde, als nachwachsen kann, wird sie das auf Dauer nicht verkraften. Milliarden Menschen im Süden leiden schon heute an den furchtbaren Folgen.
Der Ausgleichsfonds, der ihnen Entschädigungen für klimabedingte Verluste und Zerstörungen in Aussicht stellt, wird als Erfolg gefeiert. Wohl weil es sonst nichts Vorzeigbares gibt und weil es erstmals überhaupt gelungen ist, das Thema in die Schlusserklärung aufzunehmen.
Aber an sich sollte es selbstverständlich sein, die zu entschädigen, die am wenigsten zu den Treibhausgasemissionen beigetragen haben. Außerdem bleibt ungeregelt, wer den Fonds speist und welches Volumen er haben wird. Mit finanziellen Hilfszusagen haben die Länder des globalen Südens schon schlechte Erfahrungen gemacht. Die für die zurückliegenden elf Jahre versprochenen 100 Milliarden Dollar zum Klimaschutz sind noch immer nicht komplett geflossen. Das schürt Misstrauen und belastet die Verhandlungen.
So steht am Ende des Gipfels ein Aufatmen darüber, dass es keinen Rückfall hinter bisherige Ziele gegeben hat. Um den zu verhindern wurde die Konferenz verlängert. Ein inzwischen routiniertes Verfahren, das längst nicht mehr das glaubwürdige Ringen um die bestmögliche Lösung veranschaulicht. Vielmehr wirkt es wie ein armseliges Ritual, mit dem das Eingeständnis des Scheiterns überdeckt werden soll.
Nein, an Scharm El Scheich gibt es nichts zu beschönigen, und es macht auch wenig Hoffnung auf die COP 28 im nächsten Jahr. Dennoch müssen die Verantwortungsvollen alles daran setzen, in Dubai bessere Ergebnisse zu erzielen. Ein vorangehender Klimaclub, wie ihn Bundeskanzler Olaf Scholz vorgeschlagen hat, kann flankierend hilfreich sein. Letztlich aber halten die fast 200 Staaten der Welt gemeinsam den Schlüssel für das globale Menschheitsproblem in der Hand. Bei aller Kritik gilt daher: der nächste Klimagipfel ist wichtiger denn je.
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