Lange Zeit waren Banken und Sparkassen überliquide. Die Europäische Zentralbank (EZB) flutete die Märkte für Geld und Kapital. Kreditinstitute, die Euros bei der EZB parkten, mussten Null- und Strafzinsen zahlen. Mit diesen wurden Firmen und Private, die Guthaben bei den Geldhäusern unterhielten, weiterbelastet. Vor allem gute Kunden, die höhere Beträge auf ihren Konten hatten, mussten sich dafür Abbuchungen von ihrem Guthaben gefallen lassen.
Superteure Konto-Überziehung
Nun hat sich das Blatt gewaltig gewendet. Banken und Sparkassen jubeln über die Heraufsetzung der EZB-Leitzinsen. Weitere Erhöhungen werden schon bald beschlossen – zur Freude der Kreditinstitute. Schon in der jüngsten Zeit haben sie bei Krediten und Hypotheken übermäßig zugeschlagen. Ihre Kunden reiben sich die Augen, wenn sie die förmliche Unterrichtung ihrer Sparkasse oder Bank lesen. Die geduldete Überziehung des Kontos kostet im Durchschnitt 11,5 Prozent. Eine solche Zinsbelastung ist wahrlich sehr teuer, zumal viele Kunden gerade in dieser Krisenzeit auf die Überziehung angewiesen sind. Denn vor allem die explodierten Abschlagszahlungen für Gas und Strom, für den Kauf von Pellets oder Heizöl überfordern zahlreiche Haushalte. Ohnehin wird es etwas länger dauern, bis die staatlichen Hilfen kommen. Finanzielle Überbrückung ist oft genug notwendig – insbesondere für viele, die kaum oder keine Guthaben vorhalten konnten. Das sind Familien mit ihren Kindern und einem kleinen oder auch mittleren Einkommen, die größere Anschaffungen wie etwa das Auto bislang nur mit Krediten finanzieren mussten. Das sind ebenso zahlreiche mittelständische Betriebe – vom Bäcker bis zum Gastwirt -, die infolge der Corona- und Energiekrise alle Rücklagen aufgebraucht haben und sich bislang nur mit Krediten über Wasser halten konnten.
Weiteres Drehen der Zinsschraube
Für fast alle sind die Kosten für die Lebenshaltung und die Beschaffung von Materialien enorm gestiegen. Die Inflationsrate liegt bei rund 10 Prozent und wird vorerst kaum sinken. Die kräftige Drehung der Zinsschraube wirkt für viele Menschen im Lande wie ein Würgegriff, der ihnen die letzte Luft zum würdigen Überleben zu nehmen droht.
Günstige Alternativen gibt es nicht. Private in großer finanzieller Not sollten es mit einem normalen mittel- oder längerfristigen Kredit versuchen. In der Regel sind die Zinsen, die dafür an das Geldinstitut zu zahlen sind, niedriger als die für den befristeten oder unbefristeten Überziehungskredit. Auch der Weg zur Schuldenberatung kann hilfreich sein. Denn die Berater haben durchweg einen guten Überblick über die Konditionen für Darlehen der Geldinstitute vor Ort. Sie helfen den Ratsuchenden auch, damit sie nicht in eine gefährliche Schuldenfalle geraten. Größte Vorsicht ist jedoch bei unseriösen Firmen für die Umschuldung anzuraten.
Nur geringes Plus bei Guthaben-Zinsen
Bei den Zinsen für Guthaben zeigen Banken und Sparkassen indessen keine Eile. Einige haben inzwischen gnädigst die Strafzinsen abgeschafft, wenige jedoch die Zinsen für Geldanlagen angemessen erhöht. Ihre Zinsspanne steigt kräftig an und wird nach weiteren EZB-Zinserhöhungen noch zunehmen.
Eigene vier Wände als Luxus
Gesamtwirtschaftlich wird die Zinspolitik dazu führen, dass sich private Anschaffungen auf Pump verringern werden. Vor allem werden viele Private ihren Traum vom eigenen Häuschen oder einer Eigentumswohnung begraben müssen, da die Belastungen mit steigenden Hypothekenzinsen und hohen Tilgungen nicht mehr zu schultern sind. Wohnen in den eigenen „vier Wänden“ wird für nicht wenige zum Luxus, denn außer der teuren Finanzierung sind die Kosten für Energie und weitere Belastungen zu meistern. Leute mit kleinem und auch mittlerem Einkommen bleiben so auf der Strecke. Die Spaltung zwischen den Habenden und den Habenichtsen droht noch größer zu werden.