Die dramatischen Folgen der Klimakrise und des Krieges in der Ukraine treffen die Menschen am Horn von Afrika mit voller Wucht. Seit Ende 2020 sind vier Regenzeiten in Folge ausgeblieben, es herrscht eine der schwersten Dürreperioden der letzten 40 Jahre. Dadurch sind Wasserquellen versiegt, Ernten verdorrt, Vieh ist verendet. Die Menschen verlieren ihre Lebensgrundlage und können sich nicht mehr selbst versorgen. Darunter leiden besonders Flüchtlinge und Binnenvertriebene, aber auch die Menschen, die sie aufgenommen haben. So bedroht eine katastrophale Dürre derzeit über 20,5 Millionen Menschen in Somalia, Äthiopien und Kenia. Allein in Somalia sind mindestens 7,4 Millionen Menschen – das ist fast die Hälfte der Bevölkerung – von akutem Ernährungsmangel betroffen: Das Land steht am Rande einer Hungersnot. Hundertausende von Menschen sind gezwungen, auf der Suche nach humanitärer Hilfe wie Nahrungsmitteln, Unterkünften und sauberem Trinkwasser ihre Häuser zu verlassen.
Folgen des Ukraine-Kriegs
Die steigenden Lebensmittel- und Rohstoffpreise infolge des Ukraine-Krieges verschärfen die Nahrungsmittelknappheit in der Region noch zusätzlich. In Äthiopien sind die Kosten für einen Lebensmittelkorb bereits um 66 Prozent und in Somalia um 36 Prozent gestiegen. Familien können sich nicht einmal mehr die Grundnahrungsmittel leisten können. Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Katja Keul, berichtete letzte Woche bei der UNO-Flüchtlingshilfe über ihre Reise nach Äthiopien: „Am Horn von Afrika sind mehrere Jahre hintereinander die Ernten ausgefallen. Es droht eine Hungerskatastrophe und gleichzeitig spitzen sich die kriegerischen Auseinandersetzungen in Tigray weiter zu. In Sudan stockt die demokratische Transition. In Kenia steht eines der größten Flüchtlingslager der Welt. Am Horn von Afrika sieht man, was Flucht und Vertreibung konkret bedeutet. Hunger, Krieg und Terrorismus zerstören Existenzen.“ So wird aus den Ländern am Horn von Afrika über neue Vertreibungen, sowohl innerhalb als auch über Ländergrenzen hinweg, berichtet. Viele Menschen leiden ganz besonders unter einem dramatischen Rückgang der Nahrungsmittelhilfe.
Hilfe kostet Geld
Die fehlende Finanzierung der Hilfsmaßnahmen in Verbindung mit der globalen Wirtschaftskrise führt zu einem drastischen Anstieg der Lebensmittel- und Rohstoffpreise. Weltweit werden die Lebensmittelpreise nicht nur durch die Dürresituation, sondern auch durch die globalen makroökonomischen Herausforderungen und dem Krieg in der Ukraine beeinflusst. Es wird erwartet, dass Die Preise werden voraussichtlich bis Ende des Jahres 2022 weiter steigen, mit katastrophalen Auswirkungen auf den allgemeinen Zugang zu Nahrungsmitteln in der Region am Horn von Afrika. Bis Juni 2022 waren rund 18,4 Millionen Menschen in Äthiopien, Kenia und Somalia mit schwerem Hunger, beispielloser Ernährungsunsicherheit und Wasserknappheit konfrontiert. Infolgedessen sind annähernd 7,1 Millionen Kinder in den drei Ländern akut unterernährt. Die Untersuchungsergebnisse deuten ferner darauf hin, dass Ernten ausgeblieben sind und Millionen von Nutztieren abgemagert oder tot sind.
Seit Anfang des Jahres leistet das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) in allen drei Ländern wichtige Hilfe. In Äthiopien unterstützt man über 1 Million Menschen. In Kenia sind es fast 260.000. Der finanzielle Bedarf des UNHCR alleine von Mai bis Dezember 2022 liegt für diese humanitäre Unterstützung bei über 42.Millionen US-Dollar.
Mehr Information unter: https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/aktuelles/unterfinanzierung-gefaehrdet-fluechtlingshilfe
Peter Ruhenstroth-Bauer ist der Nationale Direktor der UNO-Flüchtlingshilfe, dem deutschen Partner des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR)