Sie wollte als neue Eiserne Lady gesehen werden und hat sich gerade einmal 40 Tage im Amt der britischen Premierministerin gehalten. Die Episode Liz Truss ist zu Ende. Mit ihrer Wahl zur Nachfolgerin von Boris Johnson hat die Konservative Partei einen bemerkenswerten Fehlgriff getan. Nun steht sie selbst am Abgrund.
Seit dem Brexit-Votum hält sich niemand mehr lange in der Londoner Downing Street No. 10. Auszug und Neueinzug verlaufen in Chaos, Intrigen und parteiinternen Machtkämpfen. Die Tories haben abgewirtschaftet. Ihr Spitzenpersonal ist verbraucht. Politik als persönliche Inszenierung, fernab von jeder Verantwortung für das Ganze und resistent gegen Beratung und Vernunft muss scheitern. Die Partei, die Liz Truss eben erst zu ihrer Besten erkoren hat, entzieht ihr das Vertrauen und jagt sie aus dem Amt.
Nach dieser Blamage wären Neuwahlen fällig, doch die wollen die Konservativen um keinen Preis. In den Umfragen liegen sie seit langem schon abgeschlagen hinter der Labour-Partei, und nach dem absurden Kabinettstück um die neoliberale Steuerpolitik, das der Börse und dem britischen Pfund schwer zu schaffen machte, haben sich die Wahlaussichten weiter verschlechtert. Der Nimbus einer Partei des wirtschaftlichen Sachverstands ist erheblich angekratzt.
Die geübten Strippenzieher bei den Tories werden nun alles daran setzen, möglichst schnell und geräuschlos einen Nachfolger für Truss zu präsentieren. Der Blick fällt auf Jeremy Hunt, den gerade als Ausputzer installierten Finanzminister, der das Debakel um die Steuerpläne vergessen machen sollte. Und auf Rishi Sunak, den im parteiinternen Wahlkampf gegen Truss unterlegenen Rivalen, der auch bereits als Chancellor gewirkt hat und der von Anfang an Favorit der Konservativen im Unterhaus war.
Die Basis der Partei, die ihre Mitgliederzahl geheim hält und geschätzt nicht einmal 200 000 hat, hatte anders entschieden. Ihr Votum hielt 40 Tage, und in dem gleichen Verfahren und bei der desolaten Verfassung der Tories steuert sie auf das nächste Fiasko zu. Machtversessen und rücksichtslos gegenüber dem eigenen Land.
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