In seiner Eigenschaft als global wirksamer Poltergeist kann Wladimir Putin die ganze Welt in Angst und Schrecken versetzen. Um das zu unterstreichen, erinnerte er dieser Tage daran, dass die Waffenkammer Moskaus auch atomar befüllt ist. Gleichzeitig erinnert er damit an die Stufenleiter, die in Gang gesetzt werden müsste, sollte er den Einsatz der atomaren Waffen gegen die Ukraine tatsächlich planen. Bislang scheinen die Waffenlieferungen des Westens den Siegeswillen Kiews weiter zu stärken und so die Hoffnung Russlands auf einen Diktatfrieden mit der Ukraine zunichte zu machen. Vielleicht ist das der Grund für das Gepolter.
Jetzt also die Teilmobilmachung in Russland. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministers sollen damit 300.000 Reservisten zu den Waffen gerufen werden. 200.000 sind es angeblich bereits. Allerdings fliehen zehntausende wehrpflichtiger junger Männer – allein Kasachstan meldete 200.000 Einreisen aus Russland in den letzten zwei Wochen. Beobachter in Moskau sprechen davon, dass Putin damit einen ersten großen Schritt zu seiner Entmachtung getan habe. Es gebe Hinweise auf eine spürbare Schwächung der scheinbar unangreifbaren Position Putins, auch in seinem engeren Umfeld. Haben die Beobachter Recht? Wir können es nur hoffen.
Die sich verschärfende Lage darf weder in Moskau noch im Westen zu Kurzschlusshandlungen führen. Daher sollte sich der Bundeskanzler davor hüten, seine nachdenkliche und vorsichtige Haltung gegenüber Putin zu verlassen. Die Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen, die Putin andeutet, kann tatsächlich als ein Zeichen der Schwäche gelesen werden. Die Mütter Russlands, die ihre Söhne nicht als Kanonenfutter in den Krieg ziehen lassen wollen; Sie haben Fragen, und Putin wird sie beantworten müssen.