Modern und richtig handelt, wer im heutigen Fußballgeschäft seinen Trainer möglichst schnell wieder entlässt, wenn dessen Team einmal drei bis vier Spieltage in Folge nicht siegt. Das könnte man meinen, wenn man die jüngsten Entwicklungen im internationalen Profi-Fußball verfolgt. Bereits nach wenigen Niederlagen in der gerade erst angelaufenen Spielzeit werfen Vereinschefs ihre Übungsleiter gerne wieder raus, um „neue Impulse im Sinne des Gesamtvereins zu setzen“ bzw. um sinnbildlich das Ruder herumzureißen, wie es beispielsweise aus Leipzig (Oliver Mintzlaff) werbewirksam heißt.
RB Leipzig trennt sich von Domenico Tedesco, der im Mai noch mit den Leipzigern DFB-Pokalsieger wurde und die Sachsen nach einer schwachen Hinserie in der Bundesliga noch in die europäische Königsklasse, Champions League, führte.
Auch der englische Topklub Chelsea London, Champions League-Sieger von 2021, entlässt überraschend Thomas Tuchel.
Tuchel wurde immerhin im vergangenen Jahr zum besten Trainer der Welt gekürt. Der Fußballlehrer gewann im vorigen Jahr zudem den europäischen Super-Cup und den ersten FIFA-Klubweltmeistertitel mit den „Blues“.
Große Erfolge wurden also unter diesen beiden Trainern erreicht. Und so das Image der beiden Vereine national und gar international ordentlich aufpoliert. Neue Werbeverträge konnten geschlossen werden. Die Attraktivität der „Marke“, denn nichts Anderes ist ein Profi-Fußballklub heutzutage, gesteigert.
Die Trainer haben zweifellos Großes geleistet, die Vereinsführungen sollten ihnen dankbar sein, könnte man annehmen. Allerdings ist es schon seit vielen Jahren so, dass die erlangten Meriten nur sehr kurz im Gedächtnis der Klubführungen bleiben. Lange können die Trainer vom Erreichten aus der Vorsaison nicht zehren. Was interessiert mich der Titel der Vorsaison, sagen sich die hektisch agierenden Klubchefs vieler Profi-Vereine. Lobhudeleien und Jobgarantien für den Trainer nach den errungenen Titeln – alles nur heuchlerische und verlogene Lippenbekenntnisse.
Die extreme Schnelllebigkeit im Fußballgeschäft hat sich noch einmal beschleunigt. Nur der kurzfristige Erfolg zählt. Einzige Ausnahme im deutschen Profi-Fußball ist der SC Freiburg, der auch in schlechten Phasen immer an seinen Trainer Christian Streich festgehalten hat. Und das schon seit mehr als zehn Jahren. Chapeau!
Wieder einmal viel zu schnell und völlig unüberlegt, aus einer Momentaufnahme heraus, wurden nun Tedesco und Tuchel entlassen. Längst vergessen ist, was sie geleistet haben. Läuft es mal für kurze Zeit nicht, kritisiert die Presse, wird grundsätzlich alles in Frage gestellt, was vorher noch gut lief und was Grundlage für den Erfolg in der Vorsaison war. Vertrauen für den angestellten Trainer sieht freilich anders aus.
Vielen Vereinschefs wird daher, völlig zurecht, Undankbarkeit und Respektlosigkeit gegenüber den Trainern und ihren Leistungen vorgeworfen. Anders kann auch der geneigte Fußballfan das nicht bewerten.
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