Ich weiß, manche können es schon nicht mehr hören und lesen, wenn über mangelnde soziale Gerechtigkeit in einem Land wie der Bundesrepublik geklagt wird, über Armut, von der mehr als zehn Millionen Menschen in Deutschland betroffen sind, wenn davon geredet wird, dass uns ein Wutwinter bevorstehen könnte. Wem das Wort Wutwinter nicht passt, kann man einfach von Demonstrationen reden, die nicht wenige befürchten in diesem Herbst und Winter, von Protesten, die sie auf die Straße tragen, weil sie nicht genug zum Essen haben, zum Heizen, weil sie die Medikamente nicht mehr bezahlen können, die Kleidung und anderes für die Kinder. Teures Leben, kalte Wohnung, dunkle Städte, teure Butter, teure Milch, teures Brot. Die Bundesregierung muss sich warm anziehen, wenn sie nicht endlich eine Politik betreibt, die dieser Armut entgegenwirkt. Es geht nicht gerecht zu in diesem Land.
„Armut ist die schlimmste Form von Gewalt“ lautet der Titel eines Interviews in der „Süddeutschen Zeitung“ mit Dr. Gerhard Trabert, einem Sozialmediziner aus Mainz, einem Professor für Sozialmedizin und Sozialpsychiatrie. (Der Satz stammt von Mahatma Gandhi). Bekannt geworden ist Trabert als gescheiterter Kandidat der Linken für das Amt des Bundespräsidenten Anfang 2022, gewählt wurde bekanntlich Frank-Walter Steinmeier.Trabert ist kein Mitglied der Linken-Partei, er hält in dem Gespräch der Linken, aber auch der SPD und den Grünen den Spiegel vor. Er sagt Dinge, die wir oft schon von Prof. Christoph Butterwegge aus Köln vernommen und veröffentlicht haben, einem Armutsforscher aus der Domstadt. Ja, es gibt Armut in Deutschland, zwischen 11 und 13 Millionen Menschen im Land gelten als arm.
Frieren oder auf Essen verzichten
Es ist anklagend, wenn der Sozialmediziner Trabert feststellt: „Manche werden entscheiden müssen: Friere ich und esse genug? Oder friere ich nicht und verzichte auf Essen?“ Es muss doch einen Menschen berühren, wenn ein Mann wie dieser Dr. Trabert sagt, arme Frauen sterben 4,5 Jahre und arme Männer 9 Jahre früher als reiche Frauen und reiche Männer. Soziale Gerechtigkeit im Jahre 2022 in Deutschland. Bloß keine Übergewinnsteuer, Vermögenssteuer wird als Teufelszeug abgelehnt und eine Erhöhung der Erbschaftssteuer von der gleichen FDP verhindert. Mit den Einnahmen aus diesen Steuern könnte man Armen unter die Arme greifen, die Hartz-IV-Sätze massiv erhöhen. Aber das sind ja Instrumente aus dem kommunistischen Materialkasten. Der Dienstwagen für leitende Angestellte ist dagegen ein Muss, die brauchen das, steht im Vertrag. Ich weiß, wovon ich rede. Ein feines Geschenk für alle die, die wirklich schon genug und mehr haben, aber denen man locker noch die Sahne auf dem Kuchen bezahlen will.
Dr. Trabert, der ein Artzmobil für wohungslose Menschen betreut, auch wenn sie nicht krankenversichert sind, wirft FDP-Chef, Bundesfinanzminister Christian Lindner, vor, Menschen mit weniger Geld zu diffamieren, wenn Lindner im Zusammenhang mit dem 9-Euro-Ticket von einer Gratismentalität spreche. Dabei hat das Ticket ärmeren Zeitgenossen für ein paar Monate geholfen, wieder am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Aber arme Menschen und deren Sorgen und Bedürfnisse kennt der Freidemokrat natürlich nicht. Das gilt auch für seinen Parteifreund aus Kiel, Wolfgang Kubicki, seines Zeichens Vizepräsident des Bundestages. Sein Beitrag zur Energiekrise: So lange zu duschen, bis er fertig sei. Sein Lebensmotto in einer Zeit der Pandemie, des Ukraine-Kriegs, der Inflation, überhaupt gegen deprimierende Stimmung: Ab 11 Uhr habe er mit Sauvignon Blanc geboostert. Und er brüstet sich vor Publikum, selbstverständlich sei er während der Pandemie trotz Lockdown in der Kneipe gewesen. Nachzulesen in der SZ, Seite 3, Titel: Im Nahkampf.
Hoch die Tassen,lasst es krachen
Dem kann ich nur hinzufügen: So muss Politik eines Freidemokraten sein, hoch die Tassen, lasst es krachen. Wundert sich da noch jemand, wenn die Glaubwürdigkeit von Politikern abnimmt? Nähe zu den Menschen? Kaum, es sei denn auf einem Segelboot oder beim Champagner-Frühstück. Von der Lebensrealität vieler Menschen sind Kubicki und Co weit weg.
„Die soziale Gerechtigkeit ist die Bewährungsprobe der Demokratie.“ Sagt Trabert. Recht hat er. Dagegen anzukämpfen, den Menschen in Not zu helfen und nicht den Vermögenden, das wäre Sinn der Politik. Die Debatte über die Gasumlage hat mich fassungslos gemacht. Warum hat ein Robert Habeck, Wirtschaftsminister, Grünen-Vorzeige-Politiker und angeblich bester Politik-Erklärer im Land, eine solche Umlage zugelassen, die auch Firmen, die massiv an der Krise verdienen und deren Kassen klingeln, begünstigt? Jetzt soll neu justiert werden, heißt es im Politiker-Deutsch. Aber warum nicht gleich? Warum hieß es tagelang, der Entwurf könne nun nicht mehr gestoppt oder geändert werden? Plötzlich soll es gehen?
Wo ist der Kanzler in dieser Debatte?
Wo ist eigentlich die Richtlinienkompetenz des Kanzlers Olaf Scholz? Warum hat er sich in dieser Debatte versteckt? Er hat doch mehrfach gesagt, niemand werde allein gelassen, man müsse sich unterhaken, Scholz hat gesellschaftliche Solidarität betont und eingefordert. Jetzt, nach Tagen des Ärgers über Habecks angebliche handwerkliche Fehler(so Lars Klingbeil, der SPD-Chef) soll nachgebessert werden, jetzt endlich legt die SPD-Bundestagsfraktion ein großes Hilfspaket vor, mit dem Bürgern mit Direktzahlungen geholfen werden soll. Aber nicht alle sollen die Hilfen bekommen, sondern nur Bezieher unterer und mittlerer Einkommen, Rentnerinnen und Rentner, Arbeitslosengeldempfänger, Studierende und Auszubildende, alles gezielt, ans Einkommen gekoppelt. Das 9-Euro-Ticket soll von einem ÖPNV-Ticket abgelöst werden zu einem Preis von 49 Euro, das bundesweit gilt, getragen vom Bund und den Ländern.
„Wir haben das Geld“, sagt Dr. Trabert auf Hinweise aus der Politik, nicht jedem könne geholfen werden. Man darf an die Milliarden-Hilfen für die Banken erinnern, an die 100-Milliarden-Zusage des Kanzlers für die Aufrüstung der Bundeswehr. Und dann soll kein Geld da sein für die Armen? „Wir sind ein reiches Land“, so der Sozialmediziner. Wenn jetzt nichts komme, was den Menschen wirklich helfe, so die Sorge des Sozialmediziners Trabert, würden die Menschen auf die Straße gehen, weil sie nichts mehr zu verlieren hätten. Und dann muss man eben befürchten, dass die Rechten das ausnutzen, die AfD, Reichsbürger und Querdenker, Demokratiefeinde. Dann kann es einen Wutwinter geben. Die Politik hat es in der Hand. Demokratie braucht Demokraten, die für für sie eintritt, kämpft. Hat der Bundespräsident gesagt. Er hat Recht. Aber die Politik muss auch liefern, Herr Bundespräsident, damit es gerechter zugeht in Deutschland.
Reiche werden immer reicher, ihnen gehört über 80 vh des Gesamten, während die Armen immer weniger haben, an Substanz so gut wie nichts. Gerecht?