Nein, es war nicht die gute alte Zeit, an die ich seit einigen Wochen denke, wenn ich zum Obi fahre, um Holz zu kaufen. Ja, Sie haben richtig gehört: Ich kaufe jede Woche Holz ein, staple es in der Garage, im Keller und unter einem Vorbau unter der Terrasse. Mitten im Hochsommer, bei über 30 Grad. Die Medien berichten zwar immer wieder, Holz werde knapp, dann wiederum sei es ausverkauft. Was nicht stimmt. Es gibt Kamin-Holz, Pellets, Braunkohle-Briketts, Schürholz, Holzbriketts. Warum ich das mache? Ich sorge vor, wenn Putin uns den Gashahn ganz zudreht, kann ich unser Haus, ein Reihenhaus, mit dem Kachelofen gut beheizen. Und der Holz-Preis ist über die Wochen stabil geblieben.
Bei uns herrscht keine Panik wegen Putin und ich habe auch keine Angst vor kalten Tagen im Herbst und Winter. Aber ich will nur für den Fall gewappnet sein, wenn. Das Ganze erinnert mich an früher, als bei uns zu Hause mit Kohle und Holz geheizt wurde. Wir hatten kurz nach dem Krieg keine Etagen- oder Zentralheizung, nur den Kohleofen zwischen Küche und Wohnzimmer. Da mein Vater bei der VEW beschäftigt war, war Strom billig. Wir haben Heizgeräte gehabt und damit zumindest einen der oberen Schlafräume, der zugleich als Arbeitszimmer für uns Schüler diente, angewärmt. Denn es war kalt damals. Die Fenster, nicht doppelt oder dreifach, sondern nur einfach verglast, ließen die Kälte schon mal ins Haus. Erinnern Sie sich noch an den Vers: Blumen blühn an Fensterscheiben, sind sonst nirgends aufzutreiben. So war es. Die Zeiten waren bescheiden und zwar für viele.
Später ersetzten mit Koks geheizte Zentralheizungen die Kohleöfen, die wiederum später durch Öl- und dann durch Gas-Heizungen ersetzt wurden. Das alles war bequemer, man machte sich mit Öl und mit Gas nicht mehr schmutzig, wenn man die Kohlesäcke in den Keller hievte oder den Koks per Schaufel durchs Kellerfenster schob. Es staubte gewaltig.Hin und wieder wurden Ende der 70er Jahre auch Elektroheizungen eingebaut, sogenannte Nachtspeicher. In unserer Eigentumswohnung in Wattenscheid war das so.
Man weiß ja nie
Mein Schwiegervater in Bayern hatte ein kleines Haus auf großem Grund in der Nähe von Bad Reichenhall, erbaut Anfang der 60er Jahre. Da war eine Koks-Zentralheizung drin, aber vorsichtig wie der Mann nun mal war, hatte er darauf bestanden, dass in der Küche ein Kohleofen eingebaut wurde. Man weiß ja nie, sagte er oft. Er gehörte schließlich einer Generation an, die vieles erlebt und erlitten hatte, eben auch Mangel, Kälte, Verzicht. Und den Kohleofen machte er im Winter jeden Morgen mit Schürholz an und altem Zeitungspapier, in Schnipseln geschnitten. Damit heizte er die gemütliche Wohnküche, in der wir dann mit Oma, Opa und den Kindern gefrühstückt haben.
Man weiß ja nie, ist so ein Satz, der einem jetzt wieder kommt, da Russlands Präsident Putin seinen Krieg gegen die Ukraine führt und uns damit droht, den Gashahn zuzudrehen, wenn wir das mit den Sanktionen gegen Moskau nicht beendeten. In einer Kolumne des Berliner Tagesspiegel am Sonntag las ich von Sabine Rennefanz den alles erklärenden Satz: „Niemals einen Ofen abreißen.“ Worte eines ehemaligen Flakhelfers, der dann in polnische Kriegsgefangenschaft geriet. Gasheizung, schrieb die Kolumnistin weiter, sei ja gut und schön, aber auch immer einen Ofen behalten in der Wohnung. Der Satz könnte von meinem Schwiegervater stammen, der jahrelang Holz in und außen vor der Garage in großen Mengen stapelte, für unser Auto war in der Garage kein Platz mehr. Aber er hätte mindestens einen Winter ohne die Ölheizung überlebt.
Man weiß nie, was kommt. Daran haben wir nicht zuerst gedacht, damals vor 20 Jahren, als unser Haus in Bonn gebaut wurde. Aber meine Frau wollte immer schon einen Kachelofen haben, quasi als schmückendes Möbelstück. Also ließen wir einen solchen Ofen einbauen, der einen eigenen Kamin braucht. Ein wirklich schönes Teil, das wir immer mal wieder im Herbst und im Winter angezündet haben. Weil es gemütlich ist. Und der Kachelofen wärmt fast das ganze Haus. Jetzt könnte er uns gute Dienste leisten, Abend für Abend, solange der Vorrat an Holz reicht.
Als die letzte Zeche dicht machte
Ich habe dann noch bei der Firma, die den Kachelofen damals geliefert und eingebaut hat, angefragt, mit welchem Brennmaterial man den Ofen heizen dürfe. Etwa mit Kohle, Briketts? Da ich aus dem Ruhrgebiet komme, wäre das naheliegend für mich gewesen. Und überhaupt ist Kohle ja ein Naturprodukt, es ist nicht schmutzig, hatten wir mal bei einer Grubenfahrt von einem Steiger gelernt. Die Brotzeit, den Schnaps und das Bier verzehrten wir mit den verstaubten Händen. Wie gesagt, das war in den 70er Jahren. Das letzte deutsche Bergwerk, das Steinkohle gefördert hat, die Zeche Prosper Haniel in Bottrop wurde 2018 dicht gemacht. Dann wurden die Schächte verfüllt. Ein letztes Mal hieß es Glückauf. Aus und vorbei. Macht aber nichts in unserem Fall, für den Kachelofen darf nur Kaminholz verwendet werden. Die Nachfrage nach Brennholz sei gestiegen, lese ich, Briketts werden aus der Lausitz geliefert, aus dem Kombinat Schwarze Pumpe, wie Frau Rennefanz schreibt. Das Kombinat ist kein Kombinat mehr, es heißt aber noch so. Ofenbauer können sich vor Aufträgen nicht retten.
Gute alte Zeit? Besser war sie auch nicht. Und was ist eigentlich mit dem Klimawandel, mit CO-2, der Luftverschmutzung? Die Rückkehr der Kohleöfen, wie der Titel der Kolumne im Tagesspiegel heißt, kann nicht die Lösung sein. Auch wenn man nie weiß, was kommt.