Die Inflationswelle schwappt über unser Land. Die Kosten für die Lebenshaltung haben sich inzwischen um 7,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr verteuert. Vor allem die Preise für die Energie und Lebensmittel sind explodiert. Nicht wenige Experten erwarten gar, dass die Teuerungsrate schon bald bei 10 Prozent liegen wird. Konkret bedeutet das, dass die Kaufkraft des Euros gerade noch 90 Cent beträgt. Der Ruf nach einem staatlichen Ausgleich ist inzwischen unüberhörbar und hat die Bundesregierung erreicht. Bundesfinanzminister Christian Lindner hat nun seine Vorschläge für den Inflationsausgleich präsentiert.
Explodierende Krisenkosten
Dabei hat Lindner keinen Hehl daraus gemacht, dass der Staat nicht alles, was an Belastungen auf die Bürgerinnen und Bürger zukommt, ausgleichen kann. Die Milliarden-Hilfen zur Bewältigung der noch längst nicht ganz ausgestandenen Corona-Krise haben zu großen Ausgaben im Staatshaushalt geführt. Derweil kommen weitere Krisenkosten hinzu: Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine machte es notwendig, mit Sanktionen gegen das Putin-Regime zu reagieren. Doch diese führten zu einer Explosion der Preise für Gas und Öl, für Kohle, Holz und andere Rohstoffe.
Diese Kriegslasten schlagen sich in den Kosten für Importe nieder. Die meisten deutschen Firmen, die auf importierte Materialien angewiesen sind, versuchen, diese Kosten in ihren Preisen weiterzugeben. Zugleich sind auch die Kosten für Transporte und Logistik kräftig gestiegen. Zudem sind manche Lieferketten unterbrochen, sodass knappe Güter wie etwa Chips teilweise nur zu Höchstpreisen zu beschaffen sind.
Deutschland ist zwar ein großer Exporteur von Gütern, doch auch in besonders großem Maße auf Importe angewiesen. Die stark gestiegenen Preise für Einfuhren aus aller Welt schlagen sich hierzulande in den Kosten für Lebensmittel, ausländische Halb- und Fertigprodukte nieder. Denn Deutschland ist auf diese Ressourcen angewiesen, weil es selbst weder in großem Umfang über eigene Energiequellen und Rohstoffe wie Blei, Erze, Lithium, Kobalt usw. verfügt. Auch Kaffee, Bananen, Tee und viele Waren, die für den täglichen Konsum selbstverständlich in den Geschäften gekauft werden, sind nur zu höheren Preisen zu erhalten.
Der Kurs des Euros, der vor allem gegenüber dem Dollar an Wert verloren hat, führt ebenso zu einer Verteuerung der Importe.
Sorge Nr. 1: Die Inflation
Als Sorge Nr. 1 nennen die Bürgerinnen und Bürger hierzulande die Inflation. Die vielen Millionen Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen, Rentner und Grundsicherungsempfänger spüren besonders schmerzlich die bitteren Folgen der Preisexplosion. Und sie fürchten sich vor den nächsten Monaten, wenn die höheren Rechnungen für Heizkosten und vieles andere auf sie zukommen werden.
Das erste Entlastungspaket des Staates mit dem 9 Euro-Ticket, Tankrabatt, und anderen Maßnahmen, dass sich in diesem Jahr auf 30 Mrd. Euro beläuft, war gewiss ein Tropfen auf den heißen Inflationsstein; manches davon wird erst in den nächsten Monaten spürbar. Doch für die wirklich Bedürftigen reicht es weder vorn noch hinten.
Minus bei Realeinkommen
Auch die Bezieher mittlerer Einkommen, für die die Tarifpartner in einigen Bereichen deutlich höhere Nominallöhne vereinbart haben, spüren wenig davon, denn real müssen sie ein Minus verbuchen. Die Mehrzahl der 48 Millionen Beschäftigten muss nämlich auf das Plus bei Lohn und Gehalt mehr Steuern und Abgaben zahlen. Die kalte Progression des geltenden Steuertarifs schlägt sich hier automatisch nieder und spült zusätzliche Milliarden vor allem in die Kassen des Fiskus.
Hinzu kommen die Mehreinnahmen des Staates aufgrund höherer Zuflüsse aus der Mehrwertsteuer, die durch stark gestiegene Preise für die private Lebenshaltung, für Käufe aller Art und Beschaffungen anfallen.
Lindners Entlastungsoffensive
Vor diesem Hintergrund ist es löblich, dass der Bundesfinanzminister in die Offensive geht und die Initiative für weitere Entlastungen ergreift. Rund 10 Mrd. Euro bietet Christian Lindner als Entlastungsvolumen an – für die Erhöhung des Grundfreibetrags, für die Veränderung der Steuerprogression, für den höheren Kinderfreibetrag bzw. für ein höheres Kindergeld. Im Durchschnitt würde damit jeder Beschäftigte um 182 Euro im Jahr entlastet, allerdings nur bis zu einem Einkommen von 62.000 Euro. Wer über mehr verfügt, wird nicht zusätzlich mehr erhalten; auch die sogenannte Reichensteuer wird für Bezieher höherer Einkommen weiterhin gelten.
Leistungsbereitschaft erhalten!
Lindner bewegt sich mit seinen Vorschlägen zwischen Scylla und Charybdis. Zum einen zielt er darauf ab, die Bürgerinnen und Bürger mit niedrigen Einkommen weiter zu entlasten, zum anderen will er jedoch auch Beschäftigte mit mittleren Bezügen besserstellen. Denn es gilt, diese Gruppe im mittleren Bereich in ihrer Leistungsbereitschaft zu stärken. Denn sie tragen mit ihrem Einsatz und ihrer Arbeit zu mehr Wachstum und Beschäftigung bei. Angesichts der derzeit schwächelnden Konjunktur ist das ein besonders wichtiges Ziel, um auch die staatlichen Einnahmen in Zukunft zu sichern. Dies ist notwendig, damit der Staat weiterhin einen sozialen Ausgleich schaffen und insbesondere Leistungen an die besonders Schwachen unserer Gesellschaft erbringen kann. Denn was nicht zuvor erarbeitet wird, kann auch nicht danach verteilt werden. Ob im Sinne der Solidarität der soziale Ausgleich nicht noch etwas verbessert werden kann, sollte geprüft werden. In dieser Krisen- und Kriegsphase kann der Staat gewiss nicht alle Belastungen für alle gleichermaßen ausgleichen. Deshalb muss vom Gießkannenprinzip Abschied genommen werden, damit die sozial Schwächsten wenigstens etwas dickere Tropfen abbekommen als diejenigen, die aus eigener Kraft und mit recht hohen Einkommen die Inflations- und anderen Probleme sicher und gut selbst meistern können. Die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft sind die Subsidiarität und die Solidarität. Sie halten unsere Gesellschaft zusammen und sollten als Tugend eine Renaissance in der derzeit schwierigen Zeit erfahren.