Friedhelm Ost Kein Kommentar 8. Juli 2022
Wer in diesen Zeiten die katastrophalen Entwicklungen im Verkehrssektor unseres Landes beobachtet, muss das kalte Grausen bekommen. Im Luftverkehr, in der Schifffahrt, im Straßenverkehr und bei der Bahn – in allen Bereichen tun sich riesige Probleme auf. Die Ursachen dafür sind gewiss sehr unterschiedlich. Die Verantwortlichen sitzen jedoch eindeutig auf den hochdotierten Vorstandssesseln in renommierten Unternehmen.
Staatshilfen in Milliarden-Höhe
Es ist geradezu beängstigend, wie sich diese Manager geirrt und verkalkuliert haben. Ohne Zweifel waren die Chefs der Lufthansa, der Bahn AG, der Reedereien und der Logistikfirmen in und nach der Corona-Phase gefordert. Der Staat wurde von manchen aus ihrem Bereich schnell um Hilfen, die sich zum Teil auf einige Milliarden Euro beliefen, gebeten. Damit sollten Pleiten vermieden werden, was auch gelang.
Worte des Dankes an die Steuerzahler, die letztlich für solche Staatshilfen die Haftung übernehmen müssen, gingen diesen Managern bislang nicht über die Lippen. Das großzügig gewährte Kurzarbeitergeld wurde für viele tausend Beschäftigte in Anspruch genommen, doch wurden zugleich viele Arbeitsplätze abgebaut – bei der Lufthansa sogar noch mit Prämien für die, die freiwillig den Konzern verließen.
Über 3.000 Flüge gestrichen
Die falschen Entscheidungen der Topmanager bescherten das riesige Chaos, das nun viele Millionen Bürgerinnen und Bürger im Flug-, Bahn- und Straßenverkehr so erlebt haben oder noch erleben werden. So hat die Lufthansa bereits für die Monate Juli und August rund 3.100 Flüge aus ihrem Programm gestrichen. Hinzu kommen immer wieder weitere kurzfristige Annullierungen. Offiziell wurde das mit der notwendigen Entlastung des angespannten Luftverkehrssystems begründet. Das ist indessen ebenso wie die billige Entschuldigung des Lufthansa-Chefs, Carsten Spohr, ein Trost für die betroffenen Fluggäste. Dieser CEO und sein Vorstandsteam sind die Verantwortlichen für das Desaster. Sie drehten zu stark an der Kostenschraube, trafen Fehlentscheidungen in dem Unternehmen und ruinierten den einst so gerühmten Markenwert der Firma. Gespart wurde am falschen Ende – vor allem beim Personal.
Chaos an Flughäfen
Ebenso ging es an den Flughäfen. Schon vor der Corona-Krise herrschte hier Personalnot. Die Verladung von Gepäck in die Flugzeuge und die Ausladung sind inzwischen zu einem riesigen Problem geworden. Ausreichend Personal – etwa aus der Türkei – auf die Schnelle zu rekrutieren, um Abhilfe bei den Bundesbediensteten zu schaffen, wird nicht ganz einfach. Auch solche Saisonarbeiter benötigen ein Visum, eine Sicherheitsüberprüfung, eine Unterkunft in Flughafennähe und müssen einen Stundenlohn von 14,25 Euro erhalten. Bis zum Herbst könnte es dauern, bis solche Hilfe aus dem Ausland einsatzfähig sein wird; vielleicht dauert es jedoch bis zu den Weihnachtsferien.
Große Engpässe werden insbesondere bei den Sicherheitskontrollen an den Flughäfen deutlich. In manchen Schlangen stehen die Passagiere stundenlang und warten, bis ihr Gepäck und sie selbst überprüft werden. Nicht wenige verpassen dann gar ihren Flieger, müssen umbuchen, im Hotel übernachten oder auf den Flug zu ihrem Urlaubsziel verzichten. Der Chef der Frankfurter Flughafen AG, Stefan Schulte, schätzt, dass diese Abfertigungsprobleme am größten deutschen Airport noch mehrere Monate anhalten wird. Viel Ärger wird es dort gewiss vom 23. Juli an geben, wenn in Rheinland-Pfalz und Hessen die Schulferien beginnen. Mit seinem Hinweis, dass bislang das totale Chaos vermieden worden sei, entschuldigte sich der oberste Manager von Fraport.
Personal am Anschlag
Auf Abhilfe bei den Sicherheitskontrollen der Fluggäste und ihrer Handgepäckstücke ist noch sehr lange zu warten. Die Dienstleister, die im Auftrag der Bundespolizei arbeiten, suchen ebenfalls händeringend nach zusätzlichem Personal. Wer hier arbeiten will, muss zum einen auf Sicherheit und Zuverlässigkeit überprüft sowie dann rund 3 bis 4 Monate von Experten ausgebildet werden; danach erfolgt eine Schlussprüfung, die recht anspruchsvoll ist. Wenn aus der aktuellen Misere schnell Konsequenzen gezogen werden, könnte es im nächsten Jahr spürbare Verbesserungen geben. Allerdings muss dafür ausreichend Personal angeheuert werden.
Deutschland ist inzwischen zu einer Dienstleistungswüste geworden. Für viele wurde die Bedienung einer Maschine oder eines PC’s viel attraktiver als die Bedienung von Menschen, zumal dabei zumeist die Bezahlung und auch die Arbeitszeiten attraktiver sind. In vielen Bereichen des Flugbetriebs sind die Mitarbeiter inzwischen an der physischen und psychischen Belastungsgrenze; die Krankenstandsquote liegt oft genug bei 20 bis 30 Prozent. Die Manager in den Topetagen unseres Verkehrssektors haben in der Personalführung total versagt und damit ein großes Maß an Unfähigkeit bewiesen. Sie wollten Geld sparen, indem sie die Kosten minimieren. Am Ende ist für sie die Soße teurer als der Braten.
Die Dienstleistungen für ihre Kunden haben mit dem Dienen und Leisten nichts mehr zu tun. Sie sind einfach katastrophal schlecht. Der Kunde gilt nicht mehr als König, sondern wird wie ein Bettler behandelt, obwohl er viel Geld an diese Unternehmen schon im Voraus gezahlt hat.