1. “Einfrieren” der Zentralbankguthaben Russlands im Westen
Die Staaten des Westens hatten für den Fall einer Invasion Russlands in die Ukraine Wirtschaftssanktionen in nie dagewesenem Ausmaß angekündigt – und hatten im Stillen offenkundig den Zugriff auf die Guthaben der russischen Zentralbank abgestimmt. Wenige Tage nach dem 24. Februar 2022 wurden Russlands Zentralbank-Guthaben eingefroren. Beschlagnahmt wurden rd. 400 Mrd. $. Der Vorgang wurde öffentlich nur höchst technisch, also kaum, kommuniziert.
Russland hatte im Vorfeld der Invasion versucht, sich hinsichtlich seiner Fremdwährungsguthaben abzusichern – ihm war schließlich klar, dass die USA ein heißes Pflaster für Devisenreserven geworden sind. Russland hatte seine Devisenanlagen diversifiziert, hatte in den USA (am 1. Januar 2022) nur noch 6,4% seiner Reserven in Höhe von insgesamt 640 Mrd. $ deponiert – also lediglich rund 40 Mrd. $. Ausgewichen war es mit mehr als 50% seiner Reserven allerdings in andere Staaten des Westens (Deutschland 15%, Frankreich und Japan je 10%). Mit dem Beginn des Einmarsches in die Ukraine wurde das vom Westen im Stillen Vorbereitete vollzogen, Russland verlor die Verfügung über knapp 400 Mrd. $ an Devisenreserven im Westen, auch an allen Devisen, die durch Warenaustausch mit dem Westen noch hinzu kommen würden – dass Russland in der Folge darauf bestand, Exporte nicht länger in US-Dollar sich bezahlen zu lassen, liegt auf der Hand. Wo hätte Russland die Dollar beschlagnahmungs-resilient deponieren sollen?
Die drakonische Maßnahme traf die russischen Eliten aus heiterem Himmel, sie war für sie völlig unvorstellbar. Sergej Lawrow, Russlands Außenminister, hat das später offen eingestanden:
“When they [froze] the central-bank reserves, nobody who was predicting what sanctions the West would pass could have pictured that. It’s just thievery.”
Handelt es sich da wirklich um einen „Diebstahl“ in Höhe von 400 Mrd. $? Davon 100 Mrd. $ durch Deutschland? Die Thematisierung dieses Krimi ist in Deutschland, in Medien und in Juristenkreisen, etwas gering.
2. Verwendung von Russlands Devisenguthaben für gute Zwecke
Rund zwei Monate nach dem präzedenzlosen „Einfrieren“ des in Devisen gehaltenen russischen Staatsguthabens begann in den USA die Debatte zu der Frage: Ob man das viele Geld nicht vereinnahmen könne, um es für gute Zwecke, für den Wiederaufbau in der Ukraine etwa, zu nutzen. US-Top-Juristen kreuzten darüber in akademischen Journalen die Klingen, auf welcher Rechtsgrundlage das wohl zu welchen Zwecken legitimierbar sei.
In dem ebenfalls der Herrschaft des Rechts verschriebenen Europa sehe ich eine solche gelehrte Diskussion bislang nicht – dort wird die Verwendung für einen guten Zweck aber bereits gefordert, von der Spitze aus, der EU-Kommission. Und von einigen EU-Mitgliedstaaten. Auch Deutschlands Finanzminister hat sich dazu erklärt, er sei „politisch offen“ dafür. Die Betonung auf „politisch“ soll vermutlich besagen: „Eigentums-rechtlich“ äußere ich mich nicht. Noch hat keine der Oppositionsparteien im Deutschen Bundestag dazu eine Anfrage an den Justizminister gerichtet. In Deutschland lagert mit rd. 100 Mio. € ein Viertel des russischen Schatzes.
Deutschland hat wegen Entschädigungsklagen auf Grund deutscher Kriegsverbrechen in Griechenland und Italien das Prinzip der Staatenimmunität bislang immer hochgehalten. Es fürchtet Präzedenzfälle. Angesichts dessen ist nicht zu erwarten, dass Deutschland oder die EU explizit „konfiszieren“ (enteignen), um dann aus eigener Vollmacht über die Verwendung dieser Gelder zu entscheiden. Das widerspräche der bisherigen Haltung zur Staatenimmunität.
Wahrscheinlich ist daher, dass auch die der Herrschaft des Rechts verpflichtete EU rechtlich in die Trickkiste greift. Es gibt seitens der Ukraine Vorbereitungen, die durch den Krieg in der Ukraine verursachten Schäden aufzulisten, und es steht der Vorschlag im Raume, einen Fonds aufzulegen und daraus eine Art „Marshall-Plan“ für die Ukraine zu finanzieren. Die Idee scheint zu sein, Forderungen für Schadensersatzleistungen an Russland zu stellen und deren Begleichung als neues Sanktionsziel zu definieren. Ziel ist, Russland zur Anerkennung dieser Schulden und Aufrechnung gegenüber blockierten russischen Vermögen zu zwingen. So ist der Westen Ghadafi gegenüber verfahren. Damit erspart man sich eine formelle „Enteignung“ und umgeht Probleme mit der Haltung zu Staatenimmunität, erreicht aber am Ende dasselbe.
Das ist Diebstahl, und eine neue Büchse der Pandora, die der untergehende Westen gerne öffnet. Dieses Geld wird man auf Heller und Pfennig zurückzahlen, nötigenfalls stoppt man die Gaslieferungen im Winter. Das die Ukraine einen „Marshall-Plan“ bekommt ist bezeichnend, hatten doch zuletzt deren ideologischen Leitideologen, die Nazis, einen bekommen. Und nein, eine Entnazifizierung hat es nie gegeben, andernfalls würde man keine Hakenkreuze in Europa sehen im 21. Jahrhundert und das vom Baltikum bis zum Balkan runter…