Mathias Döpfner(59) will als Präsident des BDZV Ende des Jahres zurücktreten. Wird ja auch Zeit, denkt sich der Zeitgenosse, der all die Dinge um Döpfner, Bild, Reichelt, Sex, Machtmissbrauch von Frauen, haarsträubender Kommentar zum Krieg in der Ukraine verfolgt hat. Eher fragt man sich: Warum so spät? Der Mann ist doch reif, längst reif für igendeine Insel. Und dann liest man noch die Gründe, die er anführt für seinen vorzeitigen Abgang. Er gehe im Grunde, weil er wichtigere Arbeiten vor sich habe drüben in den Staaten und im übrigen solle man einen Nachfolger mit dem Amt des BDZV-Präsidenten beauftragen von einem kleineren Verlag, der nicht für ein großes und internationales Geschäft stehe. Er geht also nicht, weil er nicht mehr zu halten ist. Selten so gelacht, könnte man meinen, ginge es nicht letzten Ende um die Glaubwürdigkeit einer Branche, die seit Jahr und Tag in Nöten ist, die um Leser und Anzeigen kämpft, um ihren guten Ruf. Einer wie Döpfner kann ihr mit seinem Verhalten dabei kaum helfen, der Mann hat soviel an Reputation verloren.
Lobbyist und Verleger
Normalerweise gleichen Präsidenten von Verbänden einem Grüß-Gott-August, sie haben nichts zu sagen, sie repräsentieren irgendwas oder irgendwen. Sie halten irgendwo Grußworte, man nickt, applaudiert brav und wartet auf den Abgang. Bei einem wie Mathias Döpfner ist das anders. Der Mann, Präsident des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger(BDZV), ist immerhin in seiner Haupt-Funktion Geschäftsführer des Axel-Springer-Verlags, Vertrauter der Springer-Witwe. Also richtig Chef. Bild und Welt sind die bekannten Blätter des Konzerns. Döpfner stellt also was dar. Sollte man meinen, aber nur sollte man, wenn man in den letzten Monaten manches von ihm überhört hätte. Mathias Döpfner, als Präsident des BDZV oberster Lobbyist der deutschen Zeitungsverleger, eigentlich ein feiner Verband, wurde vor Wochen von der angesehenen NZZ(Neuen Zürcher Zeitung) nach seinem Leitartikel in der Bild-Zeitung attestiert: der Verleger sei „von allen guten Geistern verlassen“. Er nehme, weil er in der „Bild“ die Nato dazu aufrief, sie müsse sofort in die Ukraine einmarschieren, mit Soldaten und Waffen, „sehenden Auges in letzter Konsequenz den dritten Weltkrieg in Kauf.“ Das mit den guten Geistern kann man auf den ganzen Mann beziehen, nicht nur auf diesen wahnsinnigen Kommentar, der eigentlich zu seiner sofortigen Entlassung hätte führen müssen. Was schwerlich geht, Döpfner ist schließlich Chef.
Die guten Geister hatten den Mann schon vor Monaten im Stich gelassen, als er seinen unsäglichen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt in Schutz nahm, selbst nach Bekanntwerden von Machtmissbrauch und Affären. Internationale Blätter wie die „Financial Times“ und die „New York Times“ warfen dem Springer-CEO vor, er habe versucht, den Machtmissbrauch Reichelts zu vertuschen und sogar einen Anwalt beauftragt, Betroffene auszuforschen.(SZ) Döpfner, der einstige feine Mann des Feuilletons, feingliedrig, musisch, belesen, der in Konzerten in der ersten Reihe zu sitzen pflegt, nun einer mit harten Bandagen. Dazu damals die Auslassungen Döpfners in einer Nachricht an den Schriftsteller Benjamin von Stuckrad-Barre über Reichelt: Er sei „der letzte und einzige Journalist in Deutschland“, der noch mutig „gegen den neuen DDR-Obrigkeitsstaat“ aufbegehre, „fast alle anderen sind zu Propaganda-Assistenten geworden.“ Man schüttelt den Kopf über solche Worte eines mächtigen Verlegers, der wie gesagt ja auch noch oberster Repräsentant der deutschen Verleger-Familie ist, wo man sich verschämt abwendet. Wie die SZ heute schreibt: „Sein offensichtlich fehlgeleitetes Verständnis von Journalismus und sein Umgang mit Frauen, die unter Reichelt zu leiden hatten, führten zu eher zurückhaltender Kritik.“
Es klingt wie Hohn
Der Geschäftsführer des Madsack-Verlags in Hannover, Thomas Düffert, legte sein Ehrenamt als Vize des BDZV hin, er wollte nicht mehr der Stellvertreter eines umstrittenen Präsidenten vom Schlage eines Döpfner sein. Die mächtige Funke-Mediengruppe, die u.a. die WAZ verlegt, forderte Reichelts Rücktritt, darüber hinaus will Funke den Verband verlassen, das hat Funke-Chefin Julia Becker klar gemacht. Es geht also drunter und drüber in einem Verband, der eigentlich anderes zu tun hätte, als Personalien zu diskutieren. Reformen sind unausweichlich, Print-Verlage kämpfen um ihre Existenz. Einer wie Döpfner ist da mehr als ein Klotz am Bein. Und es klingt ja wie Hohn, wenn Döpfner jetzt betont, er sei sehr dankbar für die Unterstützung und Ermutigung, die er in den letzten Monaten und Wochen von den allermeisten Mitgliedern erfahren habe. Sprüche, nichts als Sprüche. Ein Abgang ohne Reue, wie die SZ titelt auf ihrer Medienseite.
Dabei ist jedem Insider klar, dass Döpfner schon länger nicht mehr zu halten war. Die unappetitlichen Geschichten über Sex und Machtmissbrauch durch seinen Chefredakteur Reichelt, den er, Döpfner, ganz offensichtlich versuchte zu decken, dies alles geschah zum Nachteil von Frauen, die unter Reichelt gelitten hatten. Döpfner hätte Führungsqualitäten bewiesen, wenn er den Fall von Anfang an hätte untersuchen lassen. So aber ist er mitverantwortlich geworden.Das alles ist doch nur noch peinlich.
Als er zum Einmarsch aufrief
Wollen wir noch etwas Journalistisches nachschieben, um Döpfners journalistische Verantwortung herauszuarbeiten? Bitte schön, hier die Zitate aus seinem Bild-Beitrag: „Die NATO muss JETZT handeln. “ In Richtung Nato-Mitglieder schrieb er: „Sie müssen JETZT ihre Truppen und Waffen dahin bewegen, wo unsere Werte und unsere Zukunft NOCH verteidigt werden. Zur Not ohne NATO.“ Döpfner räumt die Möglichkeit eines dritten Weltkriegs ein, wenn es einer „Allianz der Freiheit“ nicht „schnell“ gelänge, Putins mörderisches Treiben zu beenden. Ein Nicht-Eingreifen des Westens käme in Döpfners Augen einer „Kapitulation“ gleich. Geschrieben wurde das Anfang März, mitten im Krieg. Ja, ist der Mann noch zu retten?
Döpfners Kommentar wurde nahezu einhellig verurteilt. In der FAZ hieß es: „Mal eben auf 30 Zeilen fordern, dass Nato-Truppen in die Ukraine marschieren sollten-unverantwortlich. Direktes Eingreifen bedeutet Krieg mit Russland, dann ist der WK 3 wirklich nicht mehr weit.“ „Unfassbar“ nannte 11-Freunde-Chef Köster Döpfners Gedankenwelt. Im Handelsblatt hieß es: „Immer wenn Du denkst, irrer wird es nicht…Axel-Springer-Ceo Mathias Döpfner fordert allen Ernstes den Westen auf, den dritten Weltkrieg zu beginnen.“
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