Der Bundesvorsitzende Helmut Kohl überraschte im Jahre 1987 vor allem die Mitglieder der Union im Deutschen Bundestag mit seiner Regierungserklärung. Diese trug die Überschrift „Die Schöpfung bewahren“. Kohl hatte zum zweiten Mal die Bundestagswahl gewonnen und war mit den Stimmen von CDU, CSU und FDP erneut zum Regierungschef gewählt worden. Seine politische Witterung veranlasste ihn schon damals, die Soziale Markwirtschaft ökologisch auszurichten.
Priorität für Nachhaltigkeit
Mit dem Einzug der Grünen in den Bundestag wurde zudem damals schon deutlich, dass es zum Teil in Gesellschaft und Wirtschaft zu einer Neuorientierung kommen musste. Der Verbrauch von natürlichen Ressourcen wie Luft und Wasser, die Nutzung des Bodens, der Einsatz von Energie, die Beschaffung von Metallen und anderen Materialien, der private Konsum waren längst nicht nur ökonomische Herausforderungen, sondern rückten mehr und mehr in den ökologischen Fokus. Dabei ging es vor allem auch um die globalen Herausforderungen und nicht nur um die nationale Nabelschau.
Inzwischen ist allerdings vielen Deutschen immer noch bewusst, dass wir hierzulande wirtschaften und konsumieren, als ob dies unsere Erde gleich zwei oder drei Mal ertragen oder hergeben könnte. Viele Milliarden Bewohner auf dem afrikanischen, asiatischen und lateinamerikanischen Kontinent streben ebenfalls nach mehr Wohlstand, vielfach zumindest nach einem Überleben in Würde mit ausreichend Nahrung und Trinkwasser. Dafür ist auch Energie notwendig, doch die globale Konkurrenz um Öl, Gas und Kohle bieten den Staaten der Dritten Welt kaum Teilhabe-Chancen. Besser könnte es für sie mit den Technologien zur Nutzung von Wind und Sonne werden, mit deren Einsatz die globale Erderwärmung nachhaltig verringert würde.
Ökonomie und Ökologie versöhnen!
Für die Zukunftsorientierung der deutschen Politik spricht viel für Koalitionen mit der Union und den Grünen. Ihre Schnittstellen sind sehr groß: Sie treten engagiert für die Demokratie, für Frieden und Freiheit ein. Sie setzen auf eine neue Phase der Sozialen Marktwirtschaft, in der Ökonomie und Ökologie gleichwertig sind und sich ergänzen. Denn ohne eine starke Wirtschaft, ohne innovative Technologien, ohne dynamische Investoren in den Unternehmen und ohne soziale Partnerschaft von Arbeitgebern und Arbeitnehmern wird es kaum möglich sein, die großen Herausforderungen der Zukunft zu meistern.
Wandel bei der Union und den Grünen
Die Positionen und Grundsätze der Union und der Grünen haben sich inzwischen deutlich gewandelt. Ihre Wertvorstellungen haben sich verändert und sind vielfach deckungsgleich geworden. Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und Klimaschutz zählen dazu. Auch in der Außen- und Sicherheitspolitik liegen inzwischen die schwarzen und grünen Vorstellungen nahe beieinander. Die Differenzen in der Sozial- und Familienpolitik sind nur noch gering. Auf den meisten Feldern geht es nur noch um die Vorstellungen, in welchem Tempo die Veränderungen erfolgen sollen. Gewiss müssen gute Werte nicht aufgegeben werden, doch haben die meisten Konservativen längst begriffen, dass auch sie ihre Position im Bremserhäuschen der Politik korrigieren müssen. Ebenso erkennen die Fundis von gestern, dass sich mit revolutionärem Gehabe die Realitäten dieser Welt nicht verändern lassen.
Schwarz-Grün auch in NRW?
In der Bundes-CDU waren viele Politiker sehr überrascht, als ausgerechnet der Konservative Volker Bouffier 2014 in Hessen eine Koalition mit Christdemokraten und Grünen bildete. Das geschah wohl mit großer Zustimmung der damaligen Vorsitzenden der Bundespartei, Angela Merkel; ihr Versuch, eine Jamaika-Koalition im Bund zu schmieden, war am Widerstand der FDP, nicht jedoch der Union gescheitert. In Hessen wurde das schwarz-grüne Bündnis 2019 erneuert und fortgesetzt – nach Volker Bouffier nun auch mit Boris Rhein als Ministerpräsident.
Daniel Günther gelang es, Mitte 2017 in Schleswig-Holstein die Grünen mit Robert Habeck an der Spitze und die FDP für ein Jamaika-Bündnis zu gewinnen. Sein Land konnte davon profitieren. Günther und die CDU wurden jüngst bei der Landtagswahl dafür belohnt. Aus der Dreierkoalition wird nun ein schwarz-grünes Regierungsbündnis – ohne die FDP.
Bereits zuvor war es in Baden-Württemberg unter der Führung eines grünen Ministerpräsidenten zu einer Neuauflage der Koalition mit der CDU gekommen. Die Menschen „im Ländle“ haben dafür gestimmt. Selbst die Wirtschaft – allen voran die großen Unternehmen wie Daimler, Bosch und andere – zeigt sich mit ihrer grün-schwarzen Landesregierung zufrieden.
In Nordrhein-Westfalen zeichnet sich jetzt nach den ersten Gesprächen der CDU mit den Grünen eine gemeinsame Koalition für die nächsten fünf Jahre ab. Der junge Hendrik Wüst, der ohne Amtsbonus seinen Vorgänger Laschet in der Staatskanzlei ablöste, hatte bereits im Wahlkampf deutlich herausgestellt, dass die ökonomischen Probleme in NRW nur im Gleichklang mit der Ökologie zu lösen sind. Was bislang zum Beispiel Koks und Gas für die Stahlindustrie sind, das soll in Zukunft der Wasserstoff werden. Dafür wird vor allem grüner Strom aus Wind, Sonne und Geothermie benötigt. Die großen Energiekonzerne in NRW sind bereits in den letzten Jahren von der CDU gedrängt worden, stärker auf die erneuerbaren Energiequellen zu setzen. Gemeinsam mit den Grünen könnte das größte Bundesland Vorbild für ökologischen Fortschritt und damit für industrielle Restrukturierung werden. So soll NRW zur ersten klimaneutralen Industrieregion Europas werden.
Die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie, die wirtschaftliche Dynamik gepaart mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz würden zugleich viele neue Startup-Betriebe und damit neue Arbeitsplätze in NRW entstehen lassen. Mit rund 55 Prozent der Wählerstimmen hätten CDU und Grüne im politischen Bündnis ausreichend Kraft, um dies alles auch mit großem Tempo zu realisieren. Politiker beider Parteien hätten zudem riesige Chancen, sich auf sehr unterschiedlichen Feldern mit ihren Aktivitäten zu profilieren – sei es mit akzeptablen Lösungen bei den Abstandsregelungen von Windrädern, sei es bei innenpolitischen Themen wie etwa bei der Polizei, bei der Herabsetzung des Wahlalters auf 16 oder im Bildungssystem! Hendrik Wüst strebt dafür das lagerübergreifende Bündnis mit den Grünen an. Mona Neubauer überzeugte ihre grünen Anhänger, gemeinsam in Zeiten der Krisen Verantwortung zu übernehmen: „Ehrlich gesagt“, so ihre Botschaft an die Grünen, „haben wir auch alle richtig Bock darauf.“