Nach dem fulminanten Wahlsieg der SPD im Saarland werden Sozialdemokraten in der Hälfte der 16 Bundesländer die Regierung führen. In Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen hoffen sie auf Rückenwind für die Landtagswahlen im Mai und zwei weitere Triumphe über die CDU. Im Herbst dann wollen sie sich in Niedersachsen behaupten. Die SPD auf Erfolgskurs – das ist auch nach der gewonnenen Bundestagswahl noch eine Überraschung.
Von der absoluten Mehrheit freilich, die Anke Rehlinger an der Saar errungen hat, träumen sie anderswo nicht. Seit nicht einmal mehr die Wähler in Bayern alle Macht einer einzigen Partei anvertrauten – hat niemand mehr eine Alleinregierung erwartet. Auch die künftige Ministerpräsidentin nicht. Sie zeigte sich von dem Ausmaß ihres Erfolgs selbst überrascht.
Über die Ursachen wird viel spekuliert. Da ist das Scheitern gleich beider kleinen Parteien, die im Bund mit der SPD regieren – besonders knapp bei den Grünen. Da ist auch Oskar Lafontaine, den sie den letzten König von der Saar nannten und der mit seinem Wechsel zur Linkspartei die Saar-SPD empfindlich geschwächt hatte; nun mag er mit seinem neuerlichen Parteiaustritt kurz vor der Wahl einige Linke-Wähler verprellt haben.
Und schließlich ist da der blasse CDU-Chef Tobias Hans, der im Amt des Ministerpräsidenten nicht überzeugte: ein Sachbearbeiter eher als ein leidenschaftlicher Kämpfer; ein Verwalter eher als ein mitreißender Politiker. Ganz anders Herausforderin Anke Rehlinger, die als Wirtschaftsministerin in seinem Kabinett wirkte und der es als kleiner Partner in der Großen Koalition gelang, ihrem Chef den Rang abzulaufen.
Eine reine Persönlichkeitswahl sei das gewesen, sagt nun der zerknirschte Verlierer über den grandiosen Wahlerfolg der gelernten Juristin. Das soll womöglich die krachende Niederlage der CDU herabmildern nach dem Motto: an der Programmatik hat es nicht gelegen. Tatsächlich ist der Hinweis auf die Sympathieträgerin Anke Rehlinger aber ein Fingerzeig auf einen wesentlichen Faktor des Erfolgs: bei der SPD kristallisiert sich ein neuer Politikertyp heraus, und der ist weiblich.
Dabei geht es natürlich nicht um die Chromosonen, auch nicht um bloße Äußerlichkeiten, auf die die FDP mit ihrem „Linda-Prinzip“ setzte, sondern um den Politikstil. Rehlinger wird die vierte amtierende Ministerpräsidentin neben Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz, Manuela Schwesig in Mecklenburg-Vorpommern und Franziska Giffey in Berlin sein. Die vier Sozialdemokratinnen zeichnen ähnliche Attribute aus, sie gelten als glaubwürdig und zugewandt, nahbar und kooperativ, emotional und geerdet. Sie haben eine klare Haltung und die Fähigkeit zur fairen Zusammenarbeit.
Gut möglich, dass die Krise der SPD ihnen den Weg in die Spitzenämter gebahnt und dass die viel beschworene Erneuerung der Partei Hochmut, Gezänk und Basta-Politik überwunden hat. Teamgeist und Geschlossenheit begründen die Rückkehr der SPD zu alter Kraft. Der Wähler weiß es offensichtlich zu schätzen, wenn Politikerinnen, die diese Werte überzeugend verkörpern, zum Zuge kommen.
Bildquelle: MWAEV, Saarland