Bis vor wenigen Tagen war sie nie aufgefallen und nur wenigen Menschen in Russland bekannt: Mit ihrem mutigen Auftritt aus dem Hintergrund im russischen Staatsfernsehen, bei dem sie während einer Live-Nachrichtensendung ein Plakat mit einer Antikriegsbotschaft Millionen Zuschauern präsentierte, protestierte die Journalistin Marina Ovsyannikova gegen Putins Krieg, den er gegen die Ukraine führt. Der Kreml-Sprecher verurteilte diese heldenhafte Tat als Rowdytum. Die Frau wurde bereits zu einer Geldstrafe verurteilt; was ihr noch droht, ist noch offen.
Gegen Putins Propaganda-Lügen
Dieses Engagement entsprang einer großen Verzweiflung. Auf dem von der Journalistin in die Kamera gehaltenen Plakat hatte sie geschrieben: „Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen.“ Diese Journalistin hat dem russischen Präsidenten und seiner Propaganda-Maschinerie einen schweren Schlag versetzt. In einem zuvor produzierten Video hatte sie offen bekannt, dass sie als Redakteurin des Staatsfernsehens jahrelang die Kreml-Propaganda verbreitet hat und sich dafür schämt. Sie wollte offenbar den rigorosen Druck von Putin nicht länger ertragen und die Lügen des russischen Diktators nicht weiterhin verbreiten. „Was in der Ukraine geschieht“, so hat sie es offen enthüllt,“ ist ein Verbrechen.“ Und verantwortlich dafür sei allein Wladimir Putin.
Medien-Macht für die Freiheit
Marina Ovsyannikova rief in ihrem Video ihre russischen Landsleute zum Protest gegen den Krieg auf: „Es liegt nur an uns“, so sagte sie „diesen ganzen Wahnsinn zu beenden. Die Behörden könnten nicht alle einsperren.“ Der Mut dieser Journalistin muss bewundert werden. Nicht alle, die ohne Gefahr in den Medien westlicher Demokratien leben und arbeiten haben es so mutig wie ihre Kollegin gesagt oder geschrieben. Wenn auch der Aggressor aus Moskau auf Panzer, Bomben und andere Waffen setzt, die Macht der Worte und Bilder sollte nicht gering geschätzt werden. Trotz aller Restriktionen und Bedrohungen seitens der russischen Politik lässt sich die Wahrheit letztlich nicht vollends unterdrücken. Der Drang nach Freiheit besteht zwar derzeit nur aus einigen Funken, die jedoch morgen oder übermorgen zu einem Flächenbrand werden kann und den Despoten aus dem Kreml mit seinen Helfershelfern in seinen Flammen verbrennen wird.
Absetzbewegung von Oligarchen
Immerhin rücken schon einige Oligarchen von Putin ab. Geradezu beispielhaft steht dafür der russische Kohle- und Düngemittelfabrikant Andrej Melnitschenko, der die „Ereignisse in der Ukraine als wirklich tragisch“ bezeichnete: Er empfinde „großen Schmerz und Unglauben“, wenn ich sehe, wie brüderliche Völker kämpfen und sterben.“ Ebenso wie er haben auch andere Oligarchen wie Pjotr Awen, Oleg Deripaska und Michail Fridman auf die Ukraine und auf die Wiederherstellung des Friedens gedrungen. Wie Putin auf diese Aufforderung der Oligarchen reagieren wird, ist bislang nicht klar. Sicher ist allerdings schon, dass die heldenhaft agierende Journalistin für viele Jahre ins Gefängnis geworfen wird. Die freie Welt sollte deshalb darüber laut aufschreien, dass Putin hören und sehen vergeht. Seine brutale Unterdrückung des Freiheitsdrangs einer Journalistin und anderer Bürgerrechtler sowie auch der gesamten Ukraine darf kein aufrechter Demokrat einfach hinnehmen. Marina Ovsyannikova muss uns allen im Kampf für Frieden und Freiheit ein gutes Vorbild sein.