Endlich ist SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert deutlich geworden: Ex-Kanzler Gerhard Schröder ist geldgierig und würdelos. So eindeutig hat Kühnert es nicht formuliert, aber fast. Man kann das aus seinem Verdikt im Berliner „Tagesspiegel“ herauslesen.
Dass Schröder zusätzlich zu seinen hochdotierten Tätigkeiten im russischen Gasgeschäft nun auch noch in den Gazprom-Aufsichtsrat gehen will, ist für Kühnert „nicht nur nicht in Ordnung, das ist sogar traurig“. Der sozialdemokratische Ex-Kanzler stelle „geschäftliche Interessen in den Vordergrund seines Handelns“.
Schon am Wochenende waren die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Juso-Chefin Jessica Rosenthal deutlich auf Distanz zu Schröder gegangen, ebenso wie der SPD-Spitzenkandidat für die NRW-Landtagswahl, Thomas Kutschaty.
Das alles ist gut, aber, so muss man trotz der neuen Eindeutigkeit mäkeln: Es kommt spät, sehr spät. Warum hat es in der SPD nicht viel früher, ja schon vor Jahren, einen Aufschrei der Empörung über den Abkassierer Schröder gegeben, über den bislang wohl würdelosesten deutschen Ex-Kanzler ?
Erinnern wir uns: Während seiner Zeit als Regierungschef trieb Schröder zusammen mit seinem Duzfreund Wladimir Putin das deutsch-russische Pipeline-Projekt Nord Stream 2 voran, um sehr kurz nach dem Abschied aus dem Kanzleramt höchstdotierte Jobs im russischen Gas-Business anzutreten. Die dürften ihm nach einschlägigen Schätzungen schon damals jährlich mehr als eine Million Euro gebracht haben.
Die Linken-Abgeordnete Gesine Lötzsch hatte seinerzeit die passende Bewertung parat: „nachgelagerte Bestechung“. Nichts in dieser Deutlichkeit kam aus der SPD. Ein paar Einzelstimmen, die Unbehagen artikulierten, ansonsten aber ließen die Genossen ihren Genossen Gerd ungestört und ungeniert Kasse machen. Der leistete und leistet als „Laufbursche Putins“ – so der inhaftierte russische Oppositionelle Alexej Nawalny – ganze Arbeit; auch als Propagandist des Kreml-Chefs. So stellte er infrage, dass Putin hinter dem Giftanschlag auf Nawalny steckte, verlor öffentlich kein Wort darüber, dass der Oppositionelle kurz nach seiner Genesung für Jahre in ein Straflager gesteckt wurde. Die Bewertung, dass Putin ein „lupenreiner Demokrat“ sei, hat Schröder nie zurückgenommen. Er zeigt Verständnis für den russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine und wirft in völliger Umkehr der Tatsachen dem bedrohten Nachbarn Russlands „Säbelrasseln“ vor.
Zu den gewaltigen Summen, die Schröder neben seiner üppigen Kanzler-Pension für sein Russland-Engagement bekommt, soll mit dem Aufsichtsratsposten bei Gazprom nun noch einmal ein ordentlicher Batzen Geld hinzukommen.
Jetzt hat der Bund der Steuerzahler Gerhard Schröder aufgefordert, freiwillig auf seine Amtsausstattung als Ex-Kanzler zu verzichten. Schröder ist gewiss vieles zuzutrauen. Das aber ganz bestimmt nicht.
Sehen Sie Herr Lütgert, dasselbe könnte man auch über Joschka Fischer sagen, der für seinen Völkerrechts- und Verfassungsbruch ordentlich als Lobbyist für die Nabucco-Pipline agierte und verdiente. Von seinen hochdotierten Vorlesungen an den US-amerikansichen Unis ganz zu schhweigen. Der steht aber wohl der richtigen Seite, und hat anders als Schröder seine Fehler hinsichtlich des Angriffskriegs nie zugegeben. Solche Verunglimpfungen wie sie Schröder nun ertragen muss, fallen dann immer auf jene zurück die sie derart bigott äussern.
Was eigentlich muss noch geschehen, bis auch der letzte SPD Genosse klarte Kante gegn diesen Herrn zeigt? Mit den Grundsätzen der SPD hat das nichts mehr zu tun und man sollte sich wirklich überlegen, ob Schröder in der Partei verbleiben kann. Wer Sarazin die Tür weist, sollte sich nicht scheuen auch einen Ex-Kanzler hinterher zu schicken.