SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese hat dem Eindruck widersprochen, Bundeskanzler Olaf Scholz(SPD) könne sein Versprechen, die Impfpflicht zügig einzuführen, nicht halten. In einem Gespräch mit dem Blog-der-Republik betonte Wiese: „Die Impfpflicht ist aus meiner Sicht richtig. Dabei ist es eigentlich nicht wichtig, ob sie im März oder im April eingeführt wird. Sie soll ja dafür sorgen, dass die breite Bevölkerung geimpft wird, damit wir im Herbst gegen eine mögliche neue Corona-Welle gewappnet sind.“ Wiese begrüßte ausdrücklich die wichtige Stellungnahme des Ethikrates zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht.
Es sei, so der stellvertretende Fraktionschef, vor allem eine wichtige Vorsorge für die nächste kalte Jahreszeit. Er verwies in diesem Zusammenhang auf Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der gegenüber der „Welt am Sonntag“ erklärt hatte, er sei überzeugt, dass mit einer Impfpflicht viele Ungeimpfte zur Impfung bewegt werden könnten. Man müsse aber akzeptieren, dass man selbst mit einer Pflicht niemals alle Menschen erreichen werde. Auch wenn Omikron milder verlaufe, wie Studien zeigten, „brauchen wir die Impfpflicht“, so der Minister in der Zeitung. Man dürfe nicht mehr in eine Situation geraten, in der ein Sommer eine trügerisch gute Stimmung verbreite, „wir aber im Herbst von neuen Varianten überrascht werden, ohne dass ein Großteil der Menschen geimpft“ worden sei.
Wiese erläuterte, es gehe bei der Impf-Debatte nicht um Schnelligkeit, sondern um Gründlichkeit, um Orientierung, darum, dass schwierige juristische Fragen zu klären seien und Expertinnen und Experten gehört werden müssten, um Gespräche in den Fraktionen, den Wahlkreisen, mit Mitgliedern des Ethikrates, mit dem Datenschutzbeauftragten. Wörtlich ergänzte der Sozialdemokrat: „Wir wollen eine intensive Debatte, damit wir am Ende eine möglichst breite Zustimmung bekommen“.
Der Januar werde für diese erwähnten Gespräche genutzt, dem werde sich bereits Ende Januar eine Orientierungsdebatte im Bundestag anschließen. Dabei werde auch über die Notwendigkeit eines Impfregisters mit Daten aller Geimpfter breit diskutiert werden müssen. Im 1. Quartal sollten die Beratungen zum Abschluss kommen. „Der Zeitplan ist anspruchsvoll“, betonte Wiese. Man müsse dabei berücksichtigen, dass „wir im Februar nur eine Sitzungswoche im Bundestag haben“. Geplant seien Gruppenanträge aus den Fraktionen heraus und fraktionsübergreifend. Da der Bundesrat zustimmen müsse, die Länderkammer nach Anfang März aber erst am 8. April wieder zusammenkomme, könne das Gesetz erst danach final verabschiedet werden. Was bedeutet, dass ein Impfpflicht-Gesetz möglicherweise erst im April in Kraft treten könne. Für Wiese kein Problem.
Er wies die Kritik von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst zurück, der mehr Tempo und Führung in dieser Frage angemahnt hatte. Wiese betonte erneut, es sei ein sehr wichtiges und auch sensibles Thema, bei dem viele Fragen zu berücksichtigen seien. Das Tempo sei nicht entscheidend. Wiese begrüßte, dass der Bundeskanzler und alle Ministerpräsidentinnen und -präsidenten sich einvernehmlich für eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen hätten.
Die Gesundheitsministerin für Brandenburg, Ursula Nonnemacher(Grüne), hat ihre Meinung zur Impfpflicht inzwischen geändert. Wie übrigens auch zuvor schon Angela Merkel, Olaf Scholz, SPD-Chef Lars Klingbeil und FDP-Chef Christian Lindner. Wörtlich erklärte die Grünen-Ministerin im „Tagesspiegel“: „Ich habe meine Meinung dazu im Laufe der Zeit geändert. Anfänglich habe ich die Meinung vertreten, dass man die Menschen durch allgemeine Aufklärung und gute Impfkampagnen überzeugen kann. Wir stehen aber mittlerweile am Beginn der fünften Welle. Und wenn wir nicht eine sehr hohe Immunisierungslage in der Bevölkerung haben, können wir das Entstehen weiterer Wellen nicht verhindern.“
In der Impfpflicht-Debatte gibt es schon den Antrag des FDP-Politikers Wolfgang Kubicki, stellvertretender Bundestagspräsident. Der Antrag, dem einige Liberale zugestimmt haben, lehnt die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ab. Neben Kubicki ist auch die rechtspopulistische AfD gegen eine Impfpflicht. Diskutiert wird zur Zeit auch über den Gedanken aus der FDP, eine Impfpflicht, wie in Italien gerade beschlossen, nur für Personen ab 50 Jahren einzuführen. In jedem Fall ist damit zu rechnen, dass Gegner eines Impfpflicht-Gesetzes den Weg zum Bundesverfassungsgericht einschlagen.