Jetzt kann sich der designierte Kanzler Olaf Scholz nicht länger wegducken und vor harten Entscheidungen drücken. Jetzt darf er keine Rücksicht mehr auf die FDP nehmen, die seit eh und je gegen härtere Maßnahmen im Kampf gegen Corona agierte und agitierte. Der Richterspruch aus Karlsruhe hat der Politik auch die schärfsten und wirksamsten Waffen wieder in die Hand gedrückt, die die Ampel mit der selbst erklärten Beendigung der pandemischen Lage kleinmütig weggeworfen hatte.
Umfassende Ausgangsverbote, LockDown, Schulschließungen und andere zentrale Maßnahmen der sogenannten Corona-Notbremse sind und bleiben schwerwiegende Einschränkungen unserer Grundrechte. Sie dürfen aber – so haben es die Karlsruher Richter der Politik deutlich und eindeutig verklart – „in der äußersten Gefahrenlage der Pandemie“ verfügt werden.
Indirekt ermahnt Karlsruhe unsere Politiker auch, endlich auf die Wissenschaftler und Experten zu hören, die seit langem die Ignoranz der Regierenden beklagen. Sie verweisen auf die „tragfähigen tatsächlichen Erkenntnisse“ aus der Wissenschaft. Experten stimmten weitgehend darin überein, „dass jede Einschränkung von Kontakten zwischen Menschen einen wesentlichen Beitrag zur Eindämmung von Virusübertragungen leistet.“
Man kann mit Fug und Recht das Karlsruher Corona-Urteil als Ohrfeige für die FDP aber auch für jene Ampelpolitiker bezeichnen, die sich allzu eilfertig den Liberalen unterworfen haben. Christian Lindner, Wolfgang Kubicki und andere Parteigänger spielten sich in Talkshows, gerne auch bei „Bild“ und auf anderen Foren immer wieder als die eigentlichen Verteidiger der bürgerlichen Freiheiten auf. Sie zogen sogar eindeutige wissenschaftliche Erkenntnisse in Zweifel und blockierten Maßnahmen, die darauf angelegt waren, Menschenleben zu retten.
Jetzt braucht man auf FDP keine Rücksicht mehr zu nehmen. Denn man hat den höchsten richterlichen Segen aus Karlsruhe. Eigentlich ein Armutszeugnis, dass die Politik erst diesen Segen brauchte, wo es doch schon seit langem um Leben und Tod geht.