Nein, früher war nicht alles besser. Aber ein Helmut Schmidt hätte entschieden, die Sache Corona in die Hand genommen. Man darf an Hamburg, an die Sturmflut 1962 erinnern, an den 16. Februar, als die Hansestadt fast im Meer versank, Menschen in den Fluten umkamen. Es war der Innensenator Helmut Schmidt, der, seine Kompetenzen und die der Bundeswehr überschreitend, Einheiten der Bundeswehr anforderte, um Menschen zu retten. Vergleiche hinken, auch dieser. Aber es darf doch wohl gefragt werden, warum die Politik anfänglich schon den entscheidenden Fehler gemacht und ihn nie korrigiert hatte? Gemeint: Wir brauchen eine Impfpflicht gegen Corona. Wenn die Impfung hilft und sie hilft Leben zu retten, verstehe ich nicht, warum wir eine Impfpflicht gegen Masern beschlossen und verkündet haben, aber nicht gegen Corona. Und bitte nicht die ängstliche Sorge: Wenn die Politik das jetzt beschließen werde, würde sie noch mehr Verunsicherung auslösen. Nein, das ist das übliche feige Argument, mit dem man sich wegduckt vor einer Entscheidung. Ja, es stimmt, Angela Merkel und Jens Spahn haben gegen eine Impfpflicht entschieden. Weil sie unpopulär war? Aber dann muss man sie heute korrigieren. Wenn der oberste Corona-Fachmann, Prof. Drosten, vor weiteren 100000 Toten durch Corona in diesem Winter warnt, ist doch jedes andere Argument gegen die Impfpflicht absurd. Und weiter: Warum keine Impfpflicht für Pfleger, Sanitäter, Ärzte, Polizisten, alle jene, die in Kontakt kommen mit Menschen, die in die Alten- und Pflegeheime gehen, um dort Menschen zu helfen. Und die Corona in die Heime tragen können. Und warum diese Eierei zum Thema Kimmich? Der Star-Fußballer des FC Bayern weigert sich, sich impfen zu lassen. Seine Begründung ist nach der Meinung aller Experten Unsinn. Aber wir dürfen natürlich diesen sensiblen Multi-Millionär nicht unter Druck setzen. Um Gottes Willen, nachher verlernt er noch das Kicken oder ist gar beleidigt. Und schlimmer noch, Uli Hoeneß könnte sich wortgewaltig zu Wort melden und die Politiker schelten, weil sie seinem Edel-Kicker etwas abverlangen wollen, was nötig wäre. Kimmich ist Vorbild, sein Nein ist ansteckend. Also geben wir nach, zitieren wir doch lieber den Corona-Experten Lukas Podolski, der davor warnt, man dürfe Herrn Kimmich nicht wie einen Schwer-Kriminellen behandeln. Der Poldi muss es wissen.
Die Infektions-Zahlen explodieren, aber wir tun so, als sei gar nichts passiert. Als wenn man mit Handauflegen Krankheiten behandeln könnte! Wir reden und reden über 2-G oder 3-G und 3-G-Plus, aber lassen es zu, dass der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern sich nicht impfen lässt. Das ist schon eine Unverschämtheit. Wie will man von den anderen Impf-Skeptikern erwarten, dass sie guten Argumenten folgen und ihre Nein-Haltung korrigieren und sich impfen lassen, wenn ein hochmögender Minister im Kabinett des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder(CSU) wie Aiwanger mit schlechtem Beispiel voranmarschiert. So verspielt man Glaubwürdigkeit. Warum wird Impfgegnern fast alles erlaubt, einschließlich der Gefahr, die Mitmenschen anzustecken? Die Intensivstationen in den Kliniken laufen voll, bald werden Schlaganfall- und Herzinfarkt-Patienten auf eine Operation warten müssen, weil Corona-Patienten mit schweren Verläufen die Betten auf den Intensivstationen belegt haben. Das ist eine Verzwergung von Politik, die wir gerade erleben. Von der noch amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel(CDU), über den amtierenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn(CDU), der sich für höchste Ämter längst berufen fühlt, aber hier genauso abtaucht wie der Kanzler in spe, Olaf Scholz von der SPD, von dem man nichts hört und nichts sieht. Er hat mal Helmut Schmidt als sein Vorbild genannt. Warum entscheidet er dann nicht, wie das die gesamte Wissenschaft fordert? Wir brauchen eine massive Kampagne zu und gegen Corona, gegen das ganze Gerede von Querdenkern, den Kimmichs und all den anderen, die eine Gefahr für ihre Umwelt sind. Nötig ist eine Warn- und Aufklärungskampagne der Scholz, Merkel, der Professoren. Wer falsche Zweifel sät in einer solchen Pandemie, wer Misstrauen auslöst mit kruden Argumenten, begeht „ruchlose Propaganda“(SZ), die man nur noch mit Wahnsinn vergleichen kann. Impfen, impfen, impfen, testen, kontrollieren, auf Distanz gehen, natürlich Masken, keine Bussi-Bussi-Umarmungen. Und vor allem: Ungeimpfte sollten ausgeschlossen werden von öffentlichen Veranstaltungen, sollten weder ins Kino, noch ins Theater oder ins Fußball-Stadion gehen dürfen und auch nicht in Kneipen und Restaurants, nicht in Flugzeuge, noch in Züge einsteigen dürfen. Und ja, der Arbeitgeber muss wissen, ob seine Beschäftigten geimpft sind. Und bitte nicht das Gerede von der Spaltung der Gesellschaft. Diese geht von den Nicht-Geimpften aus, deren Haltung ist zutiefst unsolidarisch.
Wer den Wahnsinn, den Teile unserer Gesellschaft mit sich und uns treiben, noch nicht begreift oder nachvollziehen kann, lese bitte die Seite 4 der SZ: Mir passiert schon nichts, heißt der Titel zu der Inzidenz-Entwicklung in Bayern, Beispiel Landkreis Miesbach mit den Gemeinden Schliersee und Tegernsee, mit Hütten und Almen. Wer das liest, wird es kaum glauben, was da passiert, als ob es keine Corona-Pandemie gebe. Die Inzidenz bewegt sich in diesem herrlichen Gebiet oberhalb von 700, die Krankenhaus-Ampel steht auf rot. Die Lage sei außer Kontrolle, weil dort im Alpen-Vorland Halli-Galli das Leben ausmacht, lese ich. Feiern, bis der Arzt kommt, Stadelfeste, auch von Infizierten besucht mit der Folge, dass junge Leute schwer erkranken. Von Corona-Partys ist die Rede, bei denen sich Teilnehmer gezielt anstecken wollen, um der Impfung zu entgehen und danach in Quarantäne, damit sie anschließend mit dem „G“ für Genesen den Freischein für Restaurants und Bars bekommen. Ja, sind die denn verrückt geworden? Neben Bayern sind Thüringen und Sachsen die Corona-Hotspots. Das Robert-Koch-Institut meldet gerade den dritten Tag in Folge einen neuen Rekord an Infektionen. Wir liegen bei 232, am Vortag noch bei 213. Rekordhalter ist Rott am Inn mit 1104. Herr Scholz, Herr Lindner, Herr Habeck übernehmen Sie endlich! Es ist Zeit zu handeln. Wir haben fünf nach Zwölf. Und wir haben eine bundesdeutsche Notlage, die sich im Winter verschärfen wird.
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