„Ich will durchstarten“, kündigte der neue Mann am Steuer der NRW-CDU, Hendrik Wüst(46), auf dem Landesparteitag der Christdemokraten in Bielefeld an. 98,3 vh der Stimmen, das ist ein „bombenstarkes Ergebnis“(Spahn). Forsch wie immer, der lange, schlaksige Verkehrsminister Wüst, der sofort die nächste Kampagne der Partei- „Du zählst“-ankündigte. Der die Alltagssorgen der Menschen in den Mittelpunkt seiner Arbeit rücken will. Der Mann, der früher konservativ war, mehr provozierte, will nunmehr integrieren, soziale Politik machen. Nicht umsonst hatte ihn Gesundheitsminister Laumann, einer aus dem Arbeitnehmerlager, vorgeschlagen. „Ich will mir ein Bein ausreißen“, rief er den Delegierten zu.
Und Wüst wäre nicht wüst, wenn er nicht auch gleich den optimistischen Ton anschlagen würde. Motto: Wir sind geschlossen, einig, stark. Wir regieren gut und wir regieren gern. Da möchte man sofort etwas einwerfen: Die neueste Umfrage von Infratest dimap für den WDR sieht die CDU im Lande gerade noch bei 22 Prozent, klar hinter der SPD mit 31 Prozent. Und auch das mit dem guten Regieren widerlegt die Meinungsforschung. 51 Prozent der befragten Bürgerinnen und Bürger des Landes sind unzufrieden mit der Politik von Armin Laschet, der ja die letzten vier Jahre Ministerpräsident des Landes war und ziemlich lautlos einem konservativ-liberalen Kabinett vorstand mit Wüst als Verkehrsminister. Laschet hat jetzt, wie er das vor Wochen versprochen hatte, das Amt des Ministerpräsidenten abgegeben, zuvor war Hendrik Wüst mit 98,3 Prozent der Stimmen zum CDU-Chef in NRW gewählt worden. Am Mittwoch soll seine Wahl zum Regierungschef folgen. Die Mehrheit im Landtag ist hauchdünn, sie beträgt nur eine Stimme. Noch eins zu Wüst: der Verkehrsminister ist der Stauminister geblieben.
Dass Armin Laschet am Ende in Bielefeld bejubelt wurde- die Rede war von fünf Minuten Applaus- sollten die Christdemokraten mal nicht zu hoch hängen. Dieser inszenierte Jubel täuscht nicht über die Frustration vieler Mitglieder der CDU hinweg, weil sie die Bundestagswahl mit ihrem Kanzlerkandidaten Armin Laschet verloren haben. Und sie wissen, wenn sie ehrlich miteinander umgehen, dass der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Söder zwar ein übler Störenfried im Wahlkampf war, aber dass die gesamte Union nicht wirklich geschlossen hinter ihrem Chef stand. Sonst wären die Granden in der Partei, die Schäubles und Bouffiers Söder in die Parade gefahren. Viele Christdemokraten begleiteten Laschets zugegebenermaßen matten und ideenlosen Wahlkampf einigermaßen gleichgültig, andere sogar illoyal. Die Union hat das schlechteste Wahlergebnis nach dem Krieg eingefahren, die CDU in NRW schnitt nicht besser ab. Deshalb klingt auch ehrlicher, was der CDU-Europaabgeordete Axel Voss zur Stimmung in der Partei gesagt hat: „Es herrscht immer noch große Frustration.“ Und es lindert die Krise nicht, wenn der bewährte Seelentröster Laschet auf dem Konvent in Bielefeld seinem „Parteifreund“ Spahn widerspricht, weil der von der größten Krise der CDU gesprochen hatte. Laschet zufolge sei das „wirklicher Unsinn“, die Spendenaffäre mit Helmut Kohl sei die schwerwiegendere Krise gewesen.
Da möchte man ein wenig den Kopf schütteln, Herr Laschet. Er versucht immer noch die größte Niederlage- es war ja auch seine- ein wenig schönzureden, fast wie am Wahlabend, als er daraus einen Sieg machen wollte. Nur zwei Prozentpunkte trennte die Union von der SPD, als ginge es darum. Es war das schlechteste Ergebnis. Und dass in Bielefeld, wie zu lesen und zu hören war, pausenlos von Geschlossenheit gesprochen wurde, ist kein Wunder. Das ist wie das Pfeifen im Walde. Die Union liegt am Boden, zerstritten. Das ist die Wahrheit. Sonst würde Armin Laschet statt Olaf Scholz Koalitionsverhandlungen mit Grünen und der FDP führen, wäre er der kommende Kanzler und nicht der Sozialdemokrat Scholz, der mit seiner SPD monatelang irgendwo bei 15 Prozent in allen Umfragen rangierte, dann aber am Ende an der Union vorbeizog. Armin Laschet, der immer wieder Niederlagen in seinem Leben wegsteckte und oft genug im zweiten Anlauf den Aufstieg schaffte, sitzt im neuen Bundestag irgendwo in den Reihen der Unionsfraktion. Bald wird die CDU einen neuen Vorsitzenden wählen, der nicht Laschet heißt, sie wird einen Fraktionschef wählen, der Oppositionsführer sein wird, auch das wird wohl nicht Laschet sein.
Nun also Hendrik Wüst, von dem es heißt, er sei bodenständig, er sei ruhiger geworden, früher galt er als Rauhbein, der manchem auf die Füße getreten sein soll, wie man hört. Der ehrgeizig war, auch rücksichtslos. Aber jetzt sei er erwachsen, der junge Vater, der Kontakte ins Arbeitgeber- wie ins Arbeitnehmerlager hat, der die Partei kennt, der mit seinen 46 Jahren den Generationswechsel in der CDU in NRW einleiten soll. „Viele von euch haben mich erwachsen werden sehen und straucheln“, sagt er zu den Delegierten, denen seine Laufbahn bekannt sein müsste. Mit Höhen und Tiefen. Da ist zunächst die steile Karriere des Juristen Wüst zu nennen. Mit 15 Jahren gründet er die Junge Union im westfälischen Rhede neu, mit 20 sitzt er im Stadtrat, mit 30 ist er Landtagsabgeordneter und mit 31 Jahren Generalsekretär der CDU in NRW. Und dies zu einer Zeit, da Jürgen Rüttgers nach fast 40jähriger Regierungszeit der SPD Ministerpräsident des Landes war. Aber der Parteimanager zeigte zu sehr seine robuten Talente. Beispiel: Die Rent-a-Rüttgers-Affäre. Da sollte doch tatsächlich CDU-Sponsoren auf Parteikongressen exklusiv Gespräche mit dem Ministerpräsidenten angeboten werden- gegen 6000 Euro. Norbert Lammert, der damalige Bundestagspräsident und ehemaliger Sprecher der NRW-CDU-Gruppe im Bundestag, empörte sich über das Papier, das er „selten dämlich“ fand. Rüttgers musste seinen Mann fürs Grobe feuern.
Aber das war ja nicht alles, was dem Parteimanager der CDU daneben geriet. Da ist ja noch die Video-Überwachung der SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft durch die CDU zu nennen, Kraft, die später Rüttgers nach nur einer Legislaturperiode wieder in die Opposition schickte. Peinlich, mehr als peinlich. In einem demokratischen Land. Es gab ferner Personalquerelen in der CDU-Parteizentrale, Streit um Krankenkassenbeiträge. Von diesen Dingen, die bei der Landtagswahl 2010 Rüttgers den Wahlkampf verhauten und ihn letztendlich die politische Karriere frühzeitig beenden ließ, ist jetzt in den Medien nur am Rande zu lesen. Damals wurden diese Themen vom „Wir-in-NRW-Blog“ veröffentlicht, die Autoren des Blogs, mich eingeschlossen, wurden deswegen teils heftig kritisiert. Die journalistische Leistung jedoch wurde mit zwei Preisen gewürdigt. Annalena Baerbock musste sich gefallen lassen, dass Medien einen kritischen Blick auf Angaben zu ihrem Lebenslauf warfen und dabei Lücken und Mängel entdeckten. Wer Kanzlerin werden will, muss auch zu seinen persönlichen Daten klare Auskünfte geben. Das gilt auch für Hendrik Wüst, der am Mittwoch vom Landtag zum künftigen Ministerpräsidenten des Landes NRW gewählt werden soll. Wir veröffentlichen im Folgenden aus den damaligen Berichten über Hendrik Wüst im „Wir-in-NRW-Blog“ einige Beiträge. So können sich die Leser selber ein Bild machen.
Texte aus: Alfons Pieper (Hrsg): Wir-In-NRW – Der Blog: Von Maulkörben und Maulwürfen, Berlin 2011.
16. Dezember 2009
Affäre Wüst: Gütetermin gescheitert
von Ignaz Wrobel
Diese Kündigung wird für die CDU jetzt noch teurer. Das ist das wesentlich Ergebnis eines gescheiterten Gütetermins vor dem Düsseldorfer Arbeitsgericht. CDU Generalsekretär Hendrik Wüst hat eine 39 jährige Mitarbeiterin Ende November fristlos vor die Tür gesetzt, weil sie angeblich Interna aus dem Intrigenstadl an der Wasserstrasse ausgeplaudert haben soll.
Vor Gericht weigerten sich aber die CDU Vertreter – ein Anwalt Wüsts aus Coesfeld und sein für Recht zuständiger Mitarbeiter Dirk Kappenhagen – über die Gründe für die Kündigung zu reden. “Das geht in den Vertrauensbereich”, mauerten die beiden vor Gericht, was wiederum die Vorsitzende Richterin empörte. “Was soll ich dann mit Ihnen machen”, herrschte sie die CDU-Juristen an. Jetzt wird man sich am 15. März erneut vor Gericht treffen, dann soll die Sache von der Kammer entschieden werden. Da eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die fristlose Kündigung bei der Gerichtsverhandlung aufgehoben wird, dürfte sich die CDU vorher mit der 39jährigen einigen und sie mit einem dicken Scheck ruhig zu stellen versuchen.
Im Landtagswahlkampf wird sich die CDU nicht mit Berichten über fristlose Kündigungen in der Parteizentrale treiben lassen. Nach dem Termin suchten die CDU-Juristen schon Kontakt zum Anwalt der ehemaligen Mitarbeiterin, der dürfte einschlagen, wenn der Preis stimmt.
Bis dahin herrscht allerdings noch Krieg zwischen beiden Seiten. Die CDU wirft der Frau vor, sie habe in Kauf genommen, ihrem Arbeitgeber – also der CDU – zu schaden. Die 39jährige hatte einer anderen Mitarbeiterin gratuliert, weil der Parteijurist einen kapitalen Fehler gemacht hatte.
Kappenhagen hatte einer Mitarbeiterin einen befristeten Arbeitsvertrag über 25 Monate gegeben und keinen Grund für die Befristung genannt. Das ist nicht legal, befristete Verträge dürfen im Prinzip nicht länger als 24 Monate laufen. Die jetzt Gekündigte hat der Kollegin nach deren Vertragsunterzeichnung gratuliert und – so die CDU – offenbar gesagt, sie könne sich jetzt über eine unbefristete Stelle freuen. Diese Gratulation ist ein wesentlicher Grund für die fristlose Kündigung vom 30. November. Am 14 Dezember hat man dann noch eine weitere Kündigung nachgeschoben, in der etwas von Weitergabe vertraulicher Informationen steht, mehr wollte die CDU aber nicht sagen.
Der Anwalt der 39jährigen hält das für vorgeschoben. “Die CDU hat ein Bauernopfer gesucht”, analysiert Stefan Bell und schimpft dann darüber, dass Wüst offenbar versucht, seiner Mandantin die eigene Affäre in die Schuhe zu schieben. “Sie hat damit nichts zu tun”, stellt der Anwalt klar und empört sich darüber, dass die Partei des Arbeiterführers Jürgen Rüttgers eine Mitarbeiterin, die sechs Jahre lang ohne Tadel für die CDU gearbeitet hat, urplötzlich in die Wüste geschickt wird: “Das ist sozial indiskutabel, die CDU nimmt in Kauf, dass eine langjährig Beschäftigte in Hartz IV landet”.
31. Januar 2010
Affäre van Dinther: Landtagspräsidentin zahlte 12 Jahre keine CDU-Mitgliedsbeiträge
von Theobald Tiger
Das Schreiben trägt das Datum vom 30. September 2009. Abgeschickt wurde der Brief in Ennepetal, in der Voerder Straße 111. Wann die Sendung die Adressatin in Düsseldorf unter der Adresse Platz des Landtags 1 erreicht hat, ist nicht bekannt. Dass die Empfängerin, die CDU-Abgeordnete Regina van Dinther, die brisante Post erhalten hat, wird nicht bestritten. Denn sie hat auf das zweiseitige Papier reagiert.
Geschrieben hatte ihr der Kreisgeschäftsführer der CDU im Ennepe-Ruhr-Kreis. Ein geharnischter Brief in sehr bestimmten Tonfall. Die Präsidentin des Landtages Nordrhein-Westfalen, Vorsitzende der Frauenunion und weibliche Spitzenkandidatin der CDU in Nordrhein-Westfalen (Reserveliste Platz 3) für die Landtagswahl am 9. Mai, liegt mit ihrer Partei im Dauerclinch. Es geht ums Geld. Seit Jahren weigert sich die 52-Jährige Christdemokratin, ihre Mitgliedsbeiträge zu zahlen. In den letzten 15 Jahren sei sie zwölf Jahresbeiträge schuldig geblieben, rechnet der Funktionär Manfred Lorenz in seinem finalen Brief an das prominente Mitglied vor. Trotz mehrfacher Erinnerungen weigere sich die Topverdienerin, ihren Mitgliedsbeitrag für die Jahre 2003 bis 2009 zu bezahlen, heißt es in dem Schreiben.
Im CDU-Kreisverband Ennepe-Ruhr ist der Fall van Dinther zur Parteiaffäre mutiert. Der Brief des Kreisgeschäftsführers mit den konkreten Vorwürfen gegen die Landtagspräsidentin wurde in Kopie auch weiteren Parteigranden zugestellt. Kreisvorsitzender Ralf Brauksiepe, der als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium direkten Draht zur Parteispitze und zur Kanzlerin hat, bekam das Mahnschreiben ebenso auf den Tisch wie der Schatzmeister des Kreisverbandes, Carl-August Thomashoff. Darin konnten die beiden Vorstandsmitglieder lesen, zu welchen Zugeständnissen die Partei bereit ist, nur damit die Landtagspräsidentin ihrer Beitragspflicht nachkommt. Der Vorschlag des Kreisgeschäftsführers an van Dinther: sie möge doch wenigstens den Mindestbeitrag in Höhe von 60 Euro pro Jahr zahlen – wie Rentner, Schüler, Studenten und Arbeitslose. Lorenz räumte seiner Parteifreundin eine Frist bis Ende Oktober 2009 ein, die rückständigen Beiträge in Höhe von 420 Euro zu begleichen.
Diese Summe schien der üppig bezahlten Düsseldorfer Parlamentarierin aber zu hoch. Nach Eingang des Briefes war sie nur bereit, für 2009 ihren CDU-Mitgliedsbeitrag zu zahlen, wenig mehr als den Mindestbeitrag. Genau 200 Euro zahlte die Präsidentin auf das Parteikonto ein, für sich selbst und zwei ihrer Kinder. Die ausstehenden und eingeforderten Nachzahlungen für die Jahre 2003 bis 2008 schuldet sie der CDU ihres Kreises immer noch.
Die säumige Parteifreundin bringt mit ihrer sturen Verweigerungshaltung auch die Bundes-CDU in größte Schwierigkeiten. Im Dezember 2008 wurde die Hattingerin auf dem Parteitag in Stuttgart in den Bundesvorstand gewählt. Eine Wahl, die nun möglicherweise ungültig und anfechtbar ist. Denn nach der Parteisatzung dürfen CDU-Mitglieder nur in Funktionen gewählt werden, die in den sechs Monaten zuvor auch ihren Beitrag bezahlt haben. Heißt: van Dinther hätte gar nicht gewählt werden dürfen, die Wahl könnte nachträglich als ungültig erklärt werden. Weitere Ämter, die sie als CDU-Mitglied erlangt hat, wie Landtagsmandat und Präsidentschaft, stehen nun ebenfalls zur Disposition.
Nach den Statuten der CDU hätte die Partei van Dinther für die Landtagswahl 2005 gar nicht nominieren dürfen, ebenso wie sie für alle anderen Ämter nicht hätte kandidieren dürfen. In den Parteistatuten sind die Regeln klar festgelegt. Unter Paragraph 7, Absatz 1, heißt es: „Jedes Mitglied hat Beiträge zu entrichten.“ Pikanter wird es im Fall van Dinther bei korrekter Anwendung von Absatz 2: „Die Rechte eines Mitglieds ruhen, wenn es länger als sechs Monate mit seinen Beitragszahlungen schuldhaft in Verzug ist.“ Van Dinther wird sich nicht rausreden können. Ralf Bottmer, Kassierer ihres CDU-Ortsverbandes Hattingen, hatte die Abgeordnete in den letzten Jahren regelmäßig zur Zahlung der Mitgliedsbeiträge aufgefordert. Doch sie hatte sich strikt geweigert, zu zahlen. Zuletzt wandte sich Bottmer wegen des säumigen Mitglieds an die Kreis-CDU, die sich des Falles annahm und den Brief schrieb, der jetzt in Düsseldorf bekannt wurde.
Die Parteiaffäre um die prominente Landtagspräsidentin erschüttert die CDU zum ungünstigsten Zeitpunkt – in gut drei Monaten ist Landtagswahl. Nach dem Skandal um Abkassierer Hendrik Wüst, der sich seit Jahren widerrechtlich vom Landtag Zuschüsse zu seiner Krankenkasse in Höhe von 5000 Euro hatte auszahlen lassen, ist nun die prominenteste CDU-Frau in eine Affäre verstrickt. In der Causa Wüst hatte sich die Landtagspräsidentin vor wenigen Wochen noch stur vor ihren Parteifreund gestellt und versucht, die Abzockerei des CDU-Generalsekretärs als Versehen darzustellen. Er habe die zu viel erlangte Summe sofort zurückgezahlt, erklärte sie öffentlich. Da agierte sie offensichtlich nicht als überparteiliche Parlamentspräsidentin, sondern im Auftrag ihrer Partei, der CDU.
Vielleicht aber hatte sie nur ihre eigene Sichtweise zu Geld und Ehrlichkeit als Massstab angelegt – wie man jetzt sieht. Denn van Dinther musste in der vergangenen Woche erst nach mehreren Journalistennachfragen eingestehen, dass sie für zwei Sitzungen im Jahr 2008 und drei Sitzungen im Jahr 2009 des RAG-Beirats jeweils 30 000 Euro erhalten hatte. In einer Antwort auf die Kleine Anfrage des Grünen Abgeordneten Reiner Priggen hatte die Regierung noch behauptet, van Dinther hätte pro Jahr „nur“ 15 000 Euro Entschädigung von der RAG erhalten.
Doch die Parlamentspräsidentin sitzt nicht nur im RAG-Beirat, sondern auch in der Verbandsversammlung des RVR. Nach der Satzung der CDU Ennepe-Ruhr muss sie 25 Prozent ihrer Aufwandsentschädigung an die Partei entrichten. Das waren für die Jahre 2008 und 2009 knapp 400 Euro. Kreisgeschäftsführer Lorenz mahnte in seinem Schreiben an van Dinther auch diese rückständige Zahlung an. Bis zur vergangenen Woche war die Summe nicht auf dem Parteikonto in Ennepetal eingegangen. Auch hier hält sich das CDU-Bundesvorstandsmitglied nicht an die Parteisatzung, die unter Paragraph 13 eindeutig regelt, wie mit diesen Einnahmen aus Mandaten zu verfahren ist. Dort heißt es im gewundenen, juristischen Parteideutsch: „Wer seiner Pflichten als Mitglied beharrlich dadurch nicht nachkommt, dass er über einen längeren Zeitraum trotz Zahlungsfähigkeit und trotz Mahnung seine persönlichen monatlichen Mitgliedsbeiträge oder Sonderbeiträge nicht entrichtet“, verstoße „erheblich gegen die Ordnung der Partei“.
Die Weigerung van Dinthers; auch diese im Vergleich zu ihrem 200 000-Euro-Jahresgehalt geringe Summe aus dem RVR-Mandat an die Partei abzuführen, zeigt die Ignoranz der Großverdienerin. Dass es anders geht, beweist ihre Parteifreundin Christel Stracke aus dem Kreisverband Ennepe-Ruhr. Die Wittenerin, CDU-Fraktionsvorsitzende des Kreistages, gehört ebenfalls der RVR-Verbandsversammlung an und zahlte pünktlich und regelmäßig ihren Pflichtbeitrag an die Kreisorganisation.
In der Union wächst nun der Widerstand gegen Regina van Dinther. Die CDU ihrer Heimatregion ermöglichte der Hattingerin ihre Karriere und nominierte sie immer wieder für hohe Parteiämter und Funktionen. Dass die gelernte Bekleidungstechnikerin überhaupt das protokollarisch höchste Amt im Land ausüben darf, verdankte sie einem Schachzug von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, der nach seinem Wahlsieg vor fünf Jahren zu wenige Frauen für herausragende Position aufzubieten hatte. Er brauchte van Dinther, die aber 2005 den Einzug in den Landtag verpasst hatte – sie fiel in ihrem Wahlkreis durch. Bei dem überragenden Wahlergebnis von 44,8 Prozent für die CDU gelang ihr auch nicht der Sprung über die Reserveliste in den Landtag. Also beförderte Rüttgers kurzerhand den Gütersloher Abgeordneten Günter Koslowski zum beamteten Staatssekretär im Bauministerium und ermöglichte so nicht nur van Dinthers Nachrücken ins Parlament, sondern hievte sie auch gleich auf den höchsten Parlamentssitz.
Dort thront sie nun seit dem 8. Juni 2005, kassiert mit 14 634 Euro im Monat das höchste Gehalt aller Abgeordneten, lässt sich im neuesten 7er BMW mit dem Kennzeichen NRW 1-1 durch das Land kutschieren und treibt sich am liebsten auf selbstinszenierten Empfängen im Landtag rum. Sie fühlt sich unantastbar und eher als Erwählte anstatt Gewählte, obwohl sie zu Beginn ihrer Amtszeit genau das Gegenteil anmahnte und „Bescheidenheit“ propagierte. Nach fünf Jahren im Präsidentenamt sprechen die Fakten eine andere Sprache.
Ob CDU-Chef Rüttgers sich eine in Affären verstrickte raffgierige Landtagspräsidentin als weibliche Spitzenfrau im Wahlkampf leisten will, ist seit dem Wochenende äußerst fraglich. Nach Rüttgers´ Sicht wird die Wahl im Ruhrgebiet entschieden. Doch der Vorsitzende der CDU-Ruhr heißt Oliver Wittke und wurde nach Führerscheinentzug seinen Job als Verkehrsminister los. Der Gelsenkirchener ist wahrlich kein Wahlkampfschlager an der Ruhr. Nun ist Wittkes Stellvertreterin Regina van Dinther ebenfalls so angeschlagen, dass sogar mit ihrer Abberufung gerechnet werden muss. Die CDU schlingert im Revier, die Umfragen sehen die SPD mächtig im Aufwind. Am Wochenende sondierten bereits höchste Partei- und Fraktionskreise die Nachfolgefrage im Amt der Landtagspräsidentin. Als Favoritinnen galten am Sonntag die CDU-Abgeordnete Marie-Luise Fasse und ihre Kollegin Ilka von Boeselager.
22. Januar 2010
Wie die Partei des Arbeiterführers mit langjährigen Mitarbeitern umgeht
von Ignaz Wrobel
Vor dem Düsseldorfer Arbeitsgericht hat Hendrik Wüst kein Glück: auch im zweiten Verfahren um eine fristlose Kündigung droht ihm eine empfindliche Schlappe. Wie die Vorsitzende Richterin Sabine Dauch heute durchblicken ließ, hat die nordrhein-westfälische CDU vor der Kammer schlechte Karten. Sie wird eine 48jährige Mitarbeiterin allenfalls fristgemäß kündigen können – was in diesem Fall bedeutet, dass sie die ehemalige Betriebsratsvorsitzende bis zum 30.06.2011 bezahlen muß.
Unabhängig von diesen arbeitsrechtlichen Feinheiten hat sich Wüst mit dieser Kündigung keinen Gefallen getan, weil die miserablen Arbeitsbedingungen im Hause des selbsternannten Arbeiterführers Rüttgers deutlich wurden. Obwohl die Mitarbeiterin seit 22 Jahren für die Landes CDU gearbeitet hat, wurde sie fristlos gefeuert, weil einige Adventskalender aus der Weihnachtspost des Generalsekretärs mit falschen Adressen herausgeschickt wurden. “Das ist rechtlich unhaltbar und wirft ein denkbar schlechtes Licht auf den Arbeitgeber CDU”, urteilt Stefan Bell, der Anwalt der Betroffenen. Die Kündigung ist auch deshalb brisant, weil die 48jährige bis vor wenigen Monaten Betriebsratsvorsitzende in der CDU-Parteizentrale war und der Verdacht im Raum steht, sie werde wegen dieser Arbeit nachträglich gemaßregelt. Sie hatte in dieser Funktion zahlreiche Konflikte mit Generalsekretär Hendrik Wüst.
Die Fakten: die Mitarbeiterin hat über zwei Jahrzehnte ohne Fehl und Tadel für die nordrhein-westfälische CDU gearbeitet. In vergangenen Jahr tauchten allerdings Probleme auf. Die Geburtstagsgrüße des Generalsekretärs an für ihn wichtige Menschen im Lande wurden in den Monaten Januar und März von der Mitarbeiterin nicht ordnungsgemäß herausgeschickt, obwohl sie dafür zuständig war. Sie wurde deshalb im April abgemahnt, insgesamt 118 Briefe waren nicht geschrieben worden. In den Monaten Juli, August und September gab es bei diesem Thema erneute Probleme, im September kam die zweite Abmahnung. Die 48jährige begründete die Fehler mit ihrer Arbeitsüberlastung und legte den Betriebsratsvorsitz nieder. Danach klappte alles, bis zum Adventskalender. Für den Versand mussten zwei Tabellen zusammengeführt werden, was durch einen Computerfehler nicht in jedem Fall gelang. Einige Kalender kamen mit der Aufschrift “Empfänger unbekannt” in die Wasserstrasse zurück. Das wiederum empörte Wüst und Co so heftig, dass sie der Frau Mitte Dezember die fristlose Kündigung schickten.
Das Gericht hat nun durchblicken lassen, dass fristlos in diesem Fall völlig überzogen ist. Als ehemalige Betriebsratsvorsitzende ist die Frau gesetzlich besonders geschützt, in einer Frist von zwölf Monaten nach Beendigung ihrer Tätigkeit kann man sie nicht kündigen. Weil allenfalls eine ordentliche Kündigung wegen minderer Arbeitsleistung infrage kommt, zieht bei ihr die übliche sechs Monatsfrist, was bedeutet, dass man sie zum Ende dieses Jahres kündigen kann – der früheste Entlassungstermin lautet also 30.06.2011.
Die Geschichte ist nicht vollständig ohne ein weiteres Detail. Die Dame wurde im Laufe der zweiten Jahreshälfte 2009 in den Keller gesetzt. Ihr Büro entsprach allerdings nicht den Mindeststandards des Arbeitsschutzes. Ein Prüfbüro bemängelte am 27.Oktober zahlreiche Punkte, das Urteil lautete: “Als Dauerarbeitsplatz ungeeignet”. Der Leiter Recht der CDU, Dirk Kappenhagen, hielt von dem Prüfbericht offenbar nichts. „Was soll das?” schmierte er auf das Papier. Pikant ist im übrigen, dass die andere inzwischen fristlos gekündigte Mitarbeiterin der CDU, über die wir auch berichtet haben, diese Prüfung als Sicherheitsbeauftragte der CDU beantragt hatte. Beide äußern sich nicht zu den Vorgängen. Es fällt allerdings auf, dass beide gefeuert wurden, nachdem in der Öffentlichkeit Details über Hendrik Wüsts Gehaltsaffäre und seine Mails in Sachen Videoüberwachung von Hannelore Kraft aus der Parteizentrale durchgestochen wurden. Bauernopfer?
24. Februar 2010
Rüttgers´ letzte Chance
von Kaspar Hauser
Zurücktreten? Ist das das Gebot der Stunde? Wer den Ministerpräsidenten dieser Tage zu Gesicht bekommt, weiß, dass er von diesem Gedankenvirus befallen ist. Aschfahl, mit noch spitzerem Kinn und strengeren Zügen wirkt er gezeichnet von den Geschehnissen. Es muss in ihm brodeln und er kann es kaum beherrschen. Sieht er eine Kamera, produziert die Mimik das einstudierte, leicht böse Lächeln, das dann in Gefahr steht, ins Maskenhafte zu verzerren. Gebetsmühlenartig wiederholt er die Formel: “Nichts gewusst, sofort abgestellt.” Dass dies wenig hilft, zeigt ein Blick in die bundesweiten Zeitungen, das Angebot der NRW-CDU, den Ministerpräsidenten für 6000 Euro extra exklusiv allein sprechen zu können, hat den Maßstab für den politischen Anstand eindeutig überschritten.
Dass der Chef dieses Landesverbandes nun auf die „Nichts-gewusst-Insel“ fliehen musste, erweist sich als Armutszeugnis. Alle im Düsseldorfer Politikbetrieb wissen, was für ein Kontrollfreak Jürgen Rüttgers ist, wissen, wie akribisch Termine und Korrespondenz vorbereitet und kontrolliert werden. Parteitage haben minutiöse Zeitpläne und man kann sicher sein, dass dort vermerkt ist, warum der MP an einem Ausstellungsstand beim Rundgang besonders verweilen soll. Das dies alle wissen, weiß nun auch der MP in seiner „Nichts- gewusst-Falle“.
Es muss ihn maßlos ärgern, dass nun jeder schreiben darf, er hätte seine Parteizentrale nicht im Griff, weder Hendrik Wüst noch die anderen Junge-Union-Aktivisten, die die Wasserstraße bevölkern. Und er muss sich fragen, ob er in der Vergangenheit klug beraten war, an diesem unerfahrenen, dafür umso nassforscheren Generalsekretär festzuhalten.
Wir erinnern uns: Schon die Videoüberwachung der Oppositionsführerin Hannelore Kraft war Herrn Rüttgers unbekannt und wurde sofort abgestellt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte die Kontrolle der Parteizentrale doch verstärkt werden müssen, wenn es denn wirklich so war, dass er bis dahin nichts gewusst hatte. Scheint aber nicht passiert zu sein. Die hanebüchenen Entlassungen langjähriger Mitarbeiter und die öffentlichen Bauchlandungen vor den Arbeitsgerichten hätten erneut die Warnlampen angehen lassen müssen, doch auch hier durften Wüst und seine Borkener Kumpane weiter dilettieren. Auch dies unter den Augen und wohl auch mit Zustimmung des Chefs.
Als sich Wüst dann auch noch an Krankenversicherungsbeiträgen bereicherte, beließ ihn Rüttgers im Amt, der letzte schwere Fehler, den sich Rüttgers kaum verzeihen kann.
Schon Grund genug an sich selbst zu zweifeln, doch es gibt weitere schwerwiegende Gründe über einen Rücktritt nachzudenken. 4 ¾ Jahre regiert der Pulheimer nun in Nordrhein Westfalen. Zum Markenzeichen erkor er sich, alle klassisch sozialdemokratischen Positionen zu besetzen, der Freund des kleinen Mannes auf der Straße zu werden. Mit seinen verbalen Attacken gegen Hartz IV und für die Opelarbeiter erschuf er ein Medienbild vom pragmatischen Menschenfreund.
Zu seinem Dilemma gehört, dass er dies in Wirklichkeit in keiner Weise ist. Als absoluter Machtmensch geht er intern knallhart mit seinen Mitarbeitern um. Wer nicht funktioniert, muss gehen, wird eiskalt abserviert. Rüttgers und sein engstes Umfeld scheinen erst heute langsam zu begreifen, wie viele Feinde in den eigenen Reihen sie sich durch ihren Stil geschaffen haben. Sie selbst können am besten einschätzen, wie viel Dreck noch unter den Unionsteppichen liegt und nun darauf wartet, ans Licht der interessierten Öffentlichkeit zu kommen. Wenn Jürgen Rüttgers in der Lage ist, das zu realisieren, wird ein Rücktritt zur realistischen Handlungsoption.
Die größten Grübeleinheiten wird er sich allerdings über die Reaktion der Medien machen. Es muss ihm wie ein böser Traum vorkommen, dass Zeitungen wie Rheinische Post, Kölnische Rundschau oder die Blätter der WAZ-Gruppe über die Fauxpas produzierende CDU herfallen wie hungrige Löwen übers Futter. Er hatte sich doch alles so gut ausgerechnet, so geschickt eingefädelt, gut Freund gemacht mit den Medien-Mogulen–und nun das. Die sicher geglaubte Streitmacht für fünf weitere Jahre Machterhalt zerbröselt ihm unter den Händen. Ein paar schlechte Umfragewerte, dazu Skandale und schon geht die Phalanx der veröffentlichen Meinung auf Distanz. Die Chefetagen der Medienmacher haben einen Instinkt, wie weit sie gehen können und wann es ihnen selbst schadet. Dieser Punkt war offensichtlich überschritten.
Also noch mal: Rücktritt? Jürgen Rüttgers hätte gleich einen Sack voll guter Gründe. Aber Rationalität scheint nicht seine Handlungsgrundlage zu sein. Rüttgers wird bis zum letzten Moment kämpfen–bis zum Untergang am Wahlabend. Sein Selbstbild lässt wohl nichts anderes zu. Schade eigentlich, er vertut hier eine echte Chance, endlich mal sympatisch zu wirken.
Leser: Das kann man wohl sagen! Die Menge der benutzten, gedemütigten, weggeworfenen Menschen, die Rüttgers mit seinem Einsatz von eiskalten Zynikern und brutalen Heckenschützen wie Berger & Co. aufgebaut hat, die wendet sich gerade gegen ihn. Hoffentlich kommt noch viel mehr ans Licht der Öffentlichkeit über die skandalösen Verhältnisse in Stk und Landesgeschäftsstelle. Eine hässliche Truppe mit Meisterbrief in Menschenverachtung. Aber davon hat er ja wieder nichts gewusst, der ahnungslose Menschenfeind. „Sozialschauspieler“ trifft es auf den Punkt.
22. Februar 2010
Exklusiv: Jürgen Rüttgers gab 2006 sein o.k. zum Geldsammeln auf CDU-Kongressen
von Thomas Brackheim
Der Briefeschreiber formulierte im Überschwang: „Sehr herzlich bedanke ich mich für die professionelle Planung und Durchführung des nunmehr zweiten Zukunftskongress 2006 Benchmark NRW der CDU Nordrhein-Westfalen in Bonn. In Gesprächen mit Sponsoren, Referenten und Teilnehmern“ habe er „eine durchweg positive Resonanz“ erhalten. „Dieses positive Feedback bestärkt mich darin, auf unserem gemeinsam eingeschlagenen Weg weiterzugehen.“ Diesen Brief schrieb Jürgen Rüttgers im Frühjahr 2006, allerdings nicht als Vorsitzender der NRW-CDU. Birgit Illek, geschäftsführende Gesellschafterin der Kölner Veranstaltungsagentur Bi-vent, ist stolz auf das Dankschreiben des Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen. Sie nutzt es als Referenz für ihre Tüchtigkeit und wirbt damit. Diese freundlichen Zeilen können Jürgen Rüttgers vier Jahre später in heftige Turbulenzen bringen. Sie erschüttern sein behauptetes Nichtwissen vom CDU-Geldsammeln bei Veranstaltungssponsoren aus der Industrie.
Der „Spiegel“ hat an diesem Wochenende publik gemacht, was in der NRW-CDU offenbar seit Jahren zum Geschäftsmodell gehört, um die leere Parteikasse wieder aufzufüllen: Die Beteiligung von Sponsoren an CDU-Veranstaltungen und Parteitagen, die sich mit Messeständen und Aktivitäten präsentieren dürfen und im Gegenzug dafür mal ein Gespräch mit dem Ministerpräsidenten oder nur ein Foto für die Hauszeitschrift erhalten. Oder alles zusammen: dann müssen sie aber kräftig zahlen, bis zu 20 000 Euro wie jetzt beim Parteitag der CDU in Münster gefordert. Ein Geschäftsmodell, das Birgit Illek für die NRW-CDU perfektioniert hat und das nach ihrem Leistungskatalog den so genannten Platinsponsoren bis zu 30 000 Euro kostet kann.
Das kann Jürgen Rüttgers nicht verborgen geblieben sein, schließlich hatte der CDU-Chef ja schon im Frühjahr 2006 schriftlich und ausdrücklich eine Fortsetzung der „gedeihlichen Zusammenarbeit“ zwischen Partei und Agentur gewünscht.
Doch daran will sich an diesem turbulenten Wochenende weder in der CDU-Zentrale Wasserstraße noch in der Staatskanzlei jemand erinnern. Der Chef schon gar nicht. Denn wie könnte man sonst zunächst Regierungssprecher Hans-Dieter Wichter losschicken, um über „Bild am Sonntag“ die „Spiegel“-Enthüllung zu entkräften. „Selbstverständlich sind Gesprächstermine beim Ministerpräsidenten nicht käuflich“, musste Wichter behaupten. Und das Springer-Blatt durfte mit dem Hinweis auf eine anonyme Quelle aus Rüttgers´ Umfeld auch noch die Information unter die Leute bringen, dem Ministerpräsidenten seien diese Angebote an Sponsoren bis Samstag unbekannt gewesen.
Dieses übliche Verlautbarungsszenario von Rüttgers in Krisensituationen hält er nicht lange durch. Elf Wochen vor der Landtagswahl am 9. Mai 2010 drohten Schlagzeilen, der Ministerpräsident sei käuflich. 6000 Euro für ein Gespräch mit dem Ministerpräsidenten – das sei eine „Unterstellung, die, was mich betrifft, absurd ist“, erklärt Rüttgers per Pressemitteilung am Sonntag um 11.59 Uhr. Sechs Minuten später fällt der verantwortliche Generalsekretär Hendrik Wüst vor dem großen CDU-Chef auf die Knie und entschuldigt sich öffentlich. Doch den Job retten wird ihm diese Demutsbekundung wohl auch nicht mehr. Wüst ist reif für den Abgang. Den skandalträchtigen Chefmanager der CDU kann sich Rüttgers keinen Tag länger mehr leisten. Zumal die Sponsoren-Einwerbung für den Landesparteitag in Münster am 21. März kein Einzelfall ist, sondern in den letzten Jahren bei der NRW-CDU Standard war.
Bei Veranstaltungen wie dem CDU-Parteitag geht es immerhin um Sponsoren-Einnahmen von 200 000 bis 300 000 Euro. Auf diese Summe beliefen sich die Einnahmen aus dem so genannten Fundraising in der Vergangenheit. Rundgänge durch die Sponsorenzone waren sowohl für Parteichef und Ministerpräsident wie für die meisten seiner Minister Pflicht – die Foto-Dokumente belegen das übliche Prozedere. Im CDU-Präsidium seien sogar regelmäßig Listen erstellt worden, die festlegten, an welchen Sponsorenständen welches Kabinettsmitglied vorbeischaut, berichten Teilnehmer aus der Runde der Granden. Die NRW-CDU brauchte dringend Geld, denn der erfolgreiche Landtagswahlkampf 2005 hatte ein tiefes Loch in der Parteikasse hinterlassen. Anstatt der veranschlagten 3,7 Millionen Euro hatten die Wahlkämpfer fast fünf Millionen Euro ausgegeben.
Generalsekretär Wüst kannte keine Hürden, zusätzliche Mittel aufzutreiben. Da verkaufte er mal für das CDU-Mitgliedermagazin eine üppige zweiseitige Anzeige an die Roland-Manager-Versicherung und ließ Bild und Interview des Roland-Mitarbeiters Thomas Mack zum Thema „Wenn Manager in U-Haft landen“ im Duktus und Layout des CDU-Heftes einrücken. Ganz oben links und ganz oben rechts stand dann ganz klein das Wörtchen Anzeige – so machen es Umsonst-Gazetten. Für das Assekuranz-Unternehmen war das ein toller Deal, denn die knapp 200 000 CDU-Mitglieder sind für sie genau die richtige Klientel für neue Geschäfte. Und zahlt dafür natürlich gerne. Da ist es egal, dass der Landesvorsitzende zu der Zeit gerade an seinem Image als Arbeiterführer bastelte und in der Wirtschaftskrise die Managerkaste als raffgierig geißelte.
Aber Rüttgers ist wendefähig. Als CDU-Mann muss er auch um Unternehmer und Konzernmanager herumschleichen. Dafür hat er seine Zukunftskongresse, die ihm Birgit Illek und einer seiner engsten Vertrauten, Kanzler Helmut Kohls ehemaliger Staatssekretär Willi Hausmann, organisieren. Die blonde Event-Dame bereitet das Geschäft für die NRW-CDU, der nächste Zukunftspreis wird am 5. März im Neusser Swissotel verliehen. Auch bei der Verleihung des Zukunftspreises von Hausmanns Initiative Forum Zukunft am 28. Januar im ehemaligen Bundestag in Bonn spielt Illek als Geschäftsführende Gesellschafterin eine Rolle. Ebenso wie Jürgen Rüttgers. Der überreicht jeweils den Preis und sitzt natürlich auch im Kuratorium. Wie viele seiner Weggefährten – WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach, Liz Mohn, Lothar Späth, Rudolf Seiters, Horst Teltschik oder sogar Franz Beckenbauer und José Manuel Barroso. Nach den missglückten Verleihungen an den ehemaligen Post-Chef und späteren Steuersünder Klaus Zumwinkel (2006) sowie an Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann, der im Zuge der Finanzkrise 2009 verzichten musste, hat man sich im Jahr der Weltmeisterschaft Fußball-Bundestrainer Joachim Löw ausgesucht.
Löw hat seinen Preis wohl ohne Sponsorenbeitrag bekommen, schließlich kann im Wahljahr die Popularität des WM-Trainers auch auf den Ministerpräsidenten abstrahlen. Jedenfalls veröffentlichte das Landespresseamt Fotos von der Preisverleihung der privaten Initiative auf der Internetseite nrw.de, wo sich im Normalfall die Landesregierung präsentiert. Im vergangenen Jahr gab es keine Fotos, weil Ackermann kurzfristig verzichtete. Seine Bank zahlte aber trotzdem und trat als Platin-Sponsor der Veranstaltung auf. In der CDU-Zentrale in der Wasserstraße freute man sich, dass der 100 000 Euro Sponsor-Beitrag trotzdem überwiesen wurden.
So ist das immer, und es wird fleißig gemischt zwischen den beiden Veranstaltungsformaten, von denen die NRW-CDU profitiert. Die Deutsche Post war natürlich dabei als Großsponsor, als Zumwinkel ausgezeichnet wurde; René Obermann bekam den Zukunftspreis der CDU, seine Deutsche Telekom sponsert ebenfalls nachhaltig die folgenden Jahre. Evonik zahlt, die WAZ, sowie die Landesbeteiligungen Duisport und die NRW.Bank. Die Chefs der Unternehmen werden dann ausgezeichnet, sitzen im Kuratorium oder dürfen wenigstens auf dem Podium in einem der Foren diskutieren. Bei Löw konnte der Rüttgers-Intimus Fritz Pleitgen die Laudatio halten und der CDU-nahe ZDF-Mann Peter Hahne durfte moderieren. Da passte es doch an diesem Sonntagabend gut, dass Hahne auf Sendung war und seinem Vertrauten Rüttgers deutschlandweit eine Stützfrage zum neuerlichen Skandal stellen konnte, die der ohne Nachfrage empört zurückweisen durfte. Das Netzwerk funktioniert.
Wie bei Grünen-Mitbegründer Frank H. Asbeck, der 2008 mit dem CDU-Zukunftspreis ausgezeichnet wurde. Wenige Wochen zuvor hatte Rüttgers den Chef der Firmengruppe Solarworld in seiner Dependance in Kalifornien besucht und dabei tolle Fotos und positive Berichte abstauben können.
Birgit Illek hat das Sponsoren-System perfektioniert, das jetzt aufflog. Für den Bonner Zukunftspreis gelten bei ihr folgende Tarife – von Ausreißern nach oben wie bei der Deutschen Bank abgesehen: Platinsponsor wird man für 22 000 Euro, dafür darf man sich mit vier Personen auf einem 16 Quadratmeter großen Stand präsentieren und bekommt allerlei besondere Aufmerksamkeiten wie die „Platzierung eines Unternehmensvertreters an einem der Top-VIP-Tische“, was so viel bedeutet wie eine Platzierung am Rüttgers-Tisch. Darauf müssen die Gold-Sponsoren für 15 000 Euro schon verzichten. Und wer sich als Unternehmen nur Silber leisten kann, der muss seinen Stand in der Größe einer Gäste-Toilette von 5 Quadratmetern am Rand der Veranstaltungshalle aufbauen. Das kostet immer noch 8 000 Euro.
Das perfekte Geldbeschaffungssystem der Rüttgers-CDU ist nun aufgeflogen. Zweieinhalb Monate vor der Wahl, das ist fatal. Rüttgers soll am Wochenende seinen Generalsekretär Hendrik Wüst mächtig zusammengestaucht haben. Aber er hat diesen skandalbehafteten Mitdreißiger an Bord, weil er vor Monaten nicht den Mut hatte, den raffgierigen Abzocker von doppelten Gehaltszuschlägen nicht zu entlassen. Wüst hat seine Geschäftsstelle nicht im Griff, feuert wahllos langjährige Mitarbeiter und verbringt mehr Zeit im Arbeitsgericht als im Büro. Die freien Stellen besetzt er offenbar mit Personen, die das Geschäftsgebaren der NRW-CDU nicht kennen. Wie den neuen Wasserstraßen-Mitarbeiter Karl-Herbert D., der zuvor als Geschäftsführer den CDU-Kreisverband Minden-Lübbecke leitete. Nun schrieb er den Sponsorenwerbebrief für den Parteitag in Münster. So, wie es wohl immer gemacht wurde.
23. Februar 2010
Wie der neue CDU-General Krautscheid als Minister Sponsoren akquirierte
von Berthold Buerger
Der Chef unterschrieb persönlich. Drei Seiten lang war der Brief, den der Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen Anfang Juni 2008 an Vorstandschefs mehrerer nordrhein-westfälischer Konzerne schickte. Andreas Krautscheid, engster Vertrauter von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, war ein dreiviertel Jahr zuvor vom Staatssekretär und Regierungssprecher ins Ministerium in der Staatskanzlei aufgestiegen. Und er hatte gleich eine gewaltige Aufgabe übernommen: die Vorbereitung des Nordrhein-Westfalen-Frankreich-Jahres mit dem Besuch des Regierungschefs in Paris. Krautscheid legte sich mächtig ins Zeug, damit die Visite zwischen dem 2. und 5. Oktober 2008 ein Erfolg wurde. Aber es mangelte – wie immer – am Geld. Der Etat gab eine große Fete an der Seine nicht her. Die Wirtschaft sollte helfen. „Für unsere Planungen wäre es sehr hilfreich, wenn die (XY AG) bereit wäre, mit einem Betrag in Höhe von mindestens 15 000 Euro an dem Empfang zum Tag der Deutschen Einheit mitzuwirken“, bettelte Krautscheid bei den Managern im Land um Unterstützung.
Die Resonanz war bescheiden, erinnern sich Staatskanzlisten. Es sei gefeilscht worden, aber letztlich hätten sich die Unternehmen bereit erklärt, ein paar tausend Euros zu bezahlen und sich als NRW-Unternehmen in Paris zu präsentieren. Die Manager fanden es allerdings befremdlich, dass Krautscheid in seinem Werbebrief „einen Mindestbeitrag gefordert“ habe, wissen Beamte im Stadttor.
Die wichtigsten Passagen aus Krautscheids Brief dokumentieren wir hier:
„Mit der Deutschen Botschaft haben wir abgesprochen, dass Nordrhein-Westfalen sich an diesem Abend im Palais Beauharnais, der Residenz des Deutschen Botschafters und einem der schönsten Pariser Stadtpalais, kulinarisch, kulturell und wirtschaftlich präsentieren wird. Erwartet werden zu diesem Empfang etwa 1 000 Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Verwaltung in Paris sowie weitere Gäste, darunter in diesem Jahr auch eine größere Zahl an Gästen aus Nordrhein-Westfalen.
Um einen möglichst erfolgreichen Verlauf dieses Abends zu gewährleisten und dafür zu sorgen, dass sich die französischen Gäste gern an ihn und an das Land Nordrhein-Westfalen erinnern werden, sind wir auf die finanzielle Unterstützung möglicher Sponsoren angewiesen. Ich habe hierzu (…) neben Ihnen eine nur sehr begrenzte Zahl an weiteren Unternehmen (…) angeschrieben.“
Krautscheid, der neue Generalsekretär der skandalumwitterten NRW-CDU, ist ein Sponsoring-Fachmann und könnte damit die Geschäfte seines Vorgängers Hendrik Wüst problemlos fortsetzen. Offenbar gab es in der Vergangenheit keine Unterschiede in Gelddingen zwischen Regierung und Partei. Die Christdemokraten im Stadttor agierten wie ihre Parteiangestellten in der Düsseldorfer Wasserstraße. Der beabsichtigte Neuanfang an der Spitze der Regierungspartei geriet schon wenige Stunden nach Ernennung des neuen Chefmanagers ins Wanken. Denn ohne Skrupel hatte Andreas Krautscheid im Ministerrang um tausende von Euro geworben, damit sich die Landesregierung und der Ministerpräsident auf Kosten der Wirtschaft – wie in Frankreich – profilieren konnten. Im Gegenzug bot er den Sponsoren, „die wir auf drei oder vier Unternehmen begrenzen wollen“, Einladungskarten zur freien Verfügung und eine angemessene Präsentation an. Und mehr!
Einen Monat nach seinem Akquise-Schreiben ließ Krautscheid seinen Abteilungsleiter Herbert Jakoby bei den Unternehmen schriftlich nachfassen. Der Mann fürs Auslandsgeschäft der Regierung kniete förmlich nieder vor den paar tausend Euros der Sponsoren. Im vorletzten Absatz seines zweiseitigen Briefes formulierte er: „Weiteren Wünschen und Anregungen Ihrerseits stehen wir jederzeit aufgeschlossen gegenüber. Selbstverständlich werden sich die anwesenden Repräsentanten des Landes auch im persönlichen Gespräch bei Ihnen bedanken.“
Das tat der Ministerpräsident höchstpersönlich dann drei Wochen nach der Pariser Veranstaltung. „Der Höhepunkt dieses Aufenthalts war sicherlich die Feier des Tages der Deutschen Einheit in der Residenz des deutschen Botschafters am Abend des 3. Oktober 2008, die (…) als Sponsor großzügig unterstützt hat. Dafür danke ich Ihnen sehr herzlich“, schrieb Jürgen Rüttgers an die Chefs der beteiligten Unternehmen.
Doch das war nicht die einzige Veranstaltung, für die sich das Krautscheid-Ministerium um Sponsorengelder bemüht hatte. Drei Wochen vor Paris hatte Krautscheids Staatssekretär Michael Mertes der spendablen NRW-Wirtschaft für ihre Unterstützung des „Fest des Westens“ in der Berliner Landesvertretung die Nähe zum Ministerpräsidenten offeriert. „Ich lade Sie daher persönlich ein zu einem kleinen Empfang für die Unterstützung in Gegenwart von Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers am Tag des Sommerfestes.“ Und dann verabschiedet er sich in einem Schreiben vom 27. August 2008 „mit wiederholtem Dank und den besten Grüßen.“ So wie auch im vergangenen Jahr.
29. April 2010
Die CDU-Kasse ist leer – Rüttgers-Freund Worms bekommt vom Land 12 000 Euro
von Theobald Tiger
Es war eine der letzten Sitzungen des CDU-Landesvorstands, als der Europaabgeordnete Herbert Reul sich zu Wort meldete. Der frühere Generalsekretär der Landespartei, der gehen musste, als Jürgen Rüttgers 1999 am Rhein die CDU-Herrschaft übernahm, warnte eindringlich vor weiteren Ausgaben. Die christdemokratische Kasse ist offenbar leer, richtig leer. Nach der Landtagswahl sollen nun Reduzierungen des Personals das Budget entlasten, heißt es in Vorstandskreisen.
Seit wenigen Wochen fürchten die CDU-Funktionäre im Land um ihre Jobs. Die Hiobsbotschaft sprach sich schnell zu den Plakatklebern in der heißen Phase des Wahlkampfs herum. Die NRW-CDU muss wohl – so der Plan – die Zahl ihrer Kreisgeschäftsstellen reduzieren und will mehrere benachbarte Büros zusammenlegen, um Kosten zu sparen. Dadurch spare man auch die hohen Personalkosten für die teuren Kreisgeschäftsführer, heißt es in bestens informierten Kreisen der Landes-CDU.
Das drohende Abrutschen der CDU bei der Landtagswahl auf 36-38 Prozent werde zudem ein weiteres Loch in die Kasse reißen. Hatte man nach den Erfahrungen des Wahlkampfs 2005 (Etat 3,7 Millionen Euro, ausgegeben 5 Millionen Euro) bereits in diesem Jahr den Etat auf fünf Millionen Euro festgesetzt, so sei jetzt schon absehbar, dass das Geld auch diesmal nicht reiche. Generalsekretär Andreas Krautscheid, der die Finanzplanung von seinem Vorgänger Hendrik Wüst übernommen hat, fehlen in diesem Wahlkampf nach Informationen aus der CDU-Zentrale mehrere hunderttausend Euro.
Auf eine Wählerinitiative wie 2005, die in der Wirtschaft und bei Privatleuten Geld einsammelte, verzichtet die CDU nach Rüttgers´ Sponsoring-Affäre und dem Skandal um die Wahlkampfspende des Automobilzulieferers Hella. Dadurch fehlt Jürgen Rüttgers in seinem Verteidigungswahlkampf zusätzlich eine sechsstellige Summe.
Im Geldeinsammeln ist Rüttgers´ politischer Ziehvater Bernhard Worms allerdings ebenso versiert wie die aktuelle Parteispitze. Das vor wenigen Wochen 80 Jahre alte gewordene politische Vorbild des Ministerpräsidenten kann sich nicht nur bei seiner Geburtstagsfeier in dem landeseigenen Kulturdenkmal Abteil Brauweiler in Rüttgers´ Wohnort Pulheim der Unterstützung sicher sein. Selbst ein Parteikonvent der Europäischen Senioren Union 2007 in Pulheim wurde aus öffentlichen Haushaltsmitteln bezuschusst. Ganz nach dem rheinischen Klüngelmotto „wir kennen uns, wir helfen uns.“
Am 23. Mai 2007 formulierte der damals 77-Jährige Bernhard Worms aus seinem Berliner Büro in der Klingelhöferstraße 8 und mit dem Absender Generalsekretariat, General Office, Secrétariat Général einen Brief an die „Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, liebe Frau Gierden-Jülich“ in Düsseldorf und leitete ihr den Antrag auf Bezuschussung eines Kongresses der Ur-Christdemokraten in Pulheim weiter. Die Tochter des langjährigen Worms-Vertrauten Karlheinz Gierden hat ein spezielles Verhältnis zum Vorsitzenden der Europäischen Senioren Union. Ihr Vater und Bernhard Worms schritten seit 1960 in der CDU Seit´ an Seit´, Gierden war Oberkreisdirektor des früheren Kreises Köln-Land und gilt in seiner Heimat als „Vater der Abtei Brauweiler“. Im Kuratorium des Freundeskreises, dem heute Jürgen Rüttgers vorsitzt, trifft man sich, Gierden gilt neben Worms als wichtigster Förderer des jungen Politikers Jürgen Rüttgers.
Nun also sollte Gierdens Tochter, die wie ihr Minister Armin Laschet natürlich zum Kongress eingeladen wurde, das finanzielle Anliegens des guten christdemokratischen Pulheimer Onkels unterstützen. Die Staatssekretärin erhielt den Durchschlag eines Antrags zur Unterstützung der Parteiveranstaltung, der ans Versorgungsamt Düsseldorf gestellt wurde. Das NRW-Generationenministerium selbst hat gar keine Entscheidungsbefugnis in der Sache. Aber die ministeriale Unterstützung konnte nicht schaden. Worms verfügt mit seiner Europäischen Senioren Union, deren Geschäftsstelle inzwischen in der Weltstadt Pulheim beheimatet ist, fast über keine Finanzmittel.
Der Vorsitzende brauchte Geld für seinen Kongress, 12 000 wollte er aus den NRW-Töpfen von dem „sorgfältig kalkulierten“ Etat in Höhe von 55 000 Euro abgreifen. Der Antrag an das zuständige Düsseldorfer Versorgungsamt endet mit der Schlussbemerkung, „eine dritte Ausfertigung haben wir dem zuständigen Ministerium (…), Frau Staatssekretärin Dr. Marion Gierden-Jülich unmittelbar zukommen lassen.“ Die Düsseldorfer Beamten wussten offenbar sofort, was zu tun war. Schon am 4. Juli erteilte Bjoern Kunze vom Versorgungsamt den Zuwendungsbescheid unter dem Geschäftszeichen 64-V 42 A – 2951 als „Projektförderung im Bereich der Seniorenpolitik“ über die beantragten 12 000 Euro.
Dass dies eine reine Parteiveranstaltung der christdemokratischen Europäer war, taucht nirgendwo auf. Nur an einem Punkt ist das erkennbar: die CDU-Vorsitzende Angela Merkel genehmigte ebenfalls 15 000 Euro, allerdings als Zuschuss zu den anfallenden „Telekommunikationskosten“ des Kongresses der christdemokratischen Senioren. In NRW ist für solche Zuschüsse, so scheint es, das Land zuständig. Solange es von der CDU und aus Pulheim regiert wird.
25. April 2010
Wenn Rüttgers die Puste ausgeht . . .
von Alfons Pieper
Zwei Wochen vor der Landtagswahl in NRW bahnt sich offensichtlich eine Überraschung an. “Mehrheit für Rot-Grün in NRW.” So lautet der Titel des “Kölner Stadtanzeiger” am Wochenende. Und auf den folgenden Seiten wird die Geschichte mit der Nachricht fortgeschrieben: “Straucheln auf den letzten Metern”. Die Journalisten des parteipolitisch unverdächtigen Kölner Blattes haben diese Erkenntnisse nicht erfunden, sondern sie stützen sich auf eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts “Omniquest”, die die Zeitung selber in Auftrag gegeben hat. Fazit für die Blattmacher: Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) droht die Abwahl. Die CDU käme gerade noch auf 37,5 Prozent, dicht gefolgt von der SPD mit 36,8 Prozent, die Grünen erreichten 12,8 Prozent. Und nun eine kleine Sensation: FDP(5,1 Prozent) und Linke (4,8 Prozent) müssen um den Einzug in den Düsseldorfer Landtag bangen.
Das hatte sich Jürgen Rüttgers vor Monaten noch völlig anders vorgestellt. “Die Wiese ist gemäht”, so sein Urteil über die politische Lage im Lande um die Jahreswende. Da war er sich noch sicher, dass die Wahl für ihn entschieden sei. Aber wie denn anders! Er, der selbst ernannte Arbeiterführer, der Landesvater, der sich in der Spur des großen Johannes Rau sah. Nein, damals dachte er überhaupt nicht an Wahlkampf. An dieser niedrigen Arbeit sollte sich die SPD-Opposition abarbeiten. Er, der Ministerpräsident, werde weiter seine Pflicht tun als Regierungschef, er werde regieren, sprach er im vertrauten Kreis. Und irgendwann in den letzten Wochen wolle er als eine Art Wohlfühl-Regent seine Loge verlassen, um im Dienstwagen durchs Land zu fahren, damit die Seinen erfahren, wo es langgehen solle an Rhein, Ruhr und Weser.
Aber längst weht ihm der Wind ins Gesicht. Und er kann nicht mal entschuldigend behaupten, der Gegenwind komme allein aus Berlin, von der Regierung Merkel/Westerwelle. Er kann nicht auf die CSU als Schuldige verweisen oder die Liberalen in der Hauptstadt. Die Tore der NRW-CDU waren Eigentore, geschossen von seinen Leuten in der Parteizentrale. Und die Verantwortung hat er, Rüttgers. Er hat die Mannschaft eingekauft und so aufgestellt.
Die Schuldigen werden selbstverständlich woanders gesehen. Gern greifen Rüttgers und seine Freunde die SPD an, die hätten eine Schmutzkampagne gegen ihn inszeniert. Auch wir vom Blog “Wir-In-NRW” werden mal hinter vorgehaltener Hand attackiert und kriminalisiert, mal offen und völlig irre vom General Andreas Krautscheid – wie gerade an diesem Sonntag – beschuldigt. Er sucht sich ein Ersatzspielfeld, weil weder die Partei noch der Titelverteidiger in diesem Wahlkampf glänzen können. Ohne Thema torkelt Rüttgers von einer Peinlichkeit zum nächsten Patzer.
Panik sei ausgebrochen in der Parteizentrale in Düsseldorf, schildern CDU-Mitglieder die Stimmung in der Wasserstraße. Jeder gegen jeden, laute dort die Kampfesstellung. Niemand vertraue oder traue noch einem anderen Kollegen, Misstrauen habe sich breit gemacht. Die parteiinterne Opposition verschickt seit Tagen SMS-Nachrichten und spricht vom 9. Mai als „Tag der Befreiung“. Was nichts andere heißen soll, als die Sehnsucht vom Ende der Rüttgers-Truppe. Wohlgemerkt – eine solche Stimmung verbreiten CDU-Funktionäre und -Politiker in den eigenen Reihen.
Prof. Gerd Langguth, ein CDU-Mann und gewiss kein Linker, hat die Fehler von Rüttgers benannt. “Die Fähigkeit von Jürgen Rüttgers, sich die richtigen Mitarbeiter in der Partei auszusuchen, scheint mir eher unterbelichtet zu sein.” Die Mitarbeiter, das waren oder sind vor allem Hendrik Wüst, der gefeuerte Generalsekretär, und sein engster Vertrauter, Boris Berger, um nur die zu nennen.
Es gelingt Rüttgers nicht mehr, zur Offensive zu blasen. Es klingt wehleidig, wenn er in Interviews auch jetzt wieder beklagt, dass das nicht einfach im Anzug stecken bleibe und dass das einem unter die Haut gehe. Er meint die Attacken auf seine Politik, Stichwort Sponsoring-System, das unter dem Stichwort Rent-A-Rüttgers bundesweit bekannt wurde. Dabei stammt die Sponsoring-Idee aus der CDU. Wie übrigens auch der Versuch der heimlichen Video-Überwachung der SPD-Herausforderin Hannelore Kraft im letzten Bundestagswahlkampf. Oder nehmen wir die Sache mit der Parteispende. Oder das Thema Dienstwagen von Berger. Oder die nicht gezahlten Beiträge von van Dinther. Alles keine Erfindungen der Journalisten. Wir sind nur die Überbringer der Botschaften. Die Dinge geschahen in der Parteizentrale der CDU.
Die Umfrage des “Kölner Stadtanzeiger” hat ferner ergeben, dass die Wähler vor allem die Bereiche Schule, Arbeitsplätze und soziale Gerechtigkeit für wichtig halten. In allen drei Themen schreiben sie der SPD mehr Kompetenz zu als der CDU. Am deutlichsten ist der Abstand bei der sozialen Gerechtigkeit. SPD: 44,7 Prozent, CDU: 18,4 Prozent. Auch der Amtsbonus des Ministerpräsidenten ist so gut wie futsch. Rüttgers: 43,8 Prozent. Kraft: 41,5 Prozent. Dazu noch einmal Prof. Langguth: Rüttgers sei nicht beliebt, eher respektiert, sagt der Bonner Politikwissenschaftler. Und weil das so ist, müsse er einen Wahlkampf aus der Verteidigungs-Perspektive führen, was für einen Regierenden stets von Nachteil sei. Er muss sich verteidigen, seine Politik spricht nicht für sich. So wirken seine Botschaften eher einschläfernd denn aufmunternd.
Er sieht sich gern als Arbeiterführer, als Landesvater wie Rau. Bilder, die Kopien sind. Denn er ist kein Rau, der in Machtfragen auch kein Kind von Traurigkeit war, der aber Wärme ausstrahlte, der ein Menschenfischer war. Rüttgers wirkt dagegen eher spröde, es menschelt nicht, wenn er auf die Leute zugeht. Rüttgers, eine Kunstfigur? Es ist seine Schwäche, dass er nicht authentisch wirkt, was auch damit zu tun hat, dass er mal Helmut Kohl als sein Vorbild nennt, dann wieder Rau. Dabei vergisst Rüttgers, dass Kohl Rau verachtete.
In der politischen Auseinandersetzung ist die “Rolle Rüttgers” eines der Markenzeichen, die ihm die Kritiker zu Recht verpasst haben. Weil er nicht verlässlich ist. Man frage die Umgebung von Angela Merkel. Sein Koalitionspartner in Düsseldorf, die FDP, hat das gerade wieder zu spüren bekommen, wie schnell er sich wenden kann. Plötzlich gilt Privat vor Staat nicht mehr, einst war es die Leitlinie der Politik seiner Koalition.
Dabei hat es Rüttgers nicht mit einer überragenden SPD zu tun. Das Gegenteil ist der Fall. Die SPD hat zwar 39 Jahre NRW regiert, aber 2005 wurde die Partei quasi aus den Ämtern gefegt. Müde, erschöpft war die SPD und viele Menschen im Lande waren ihrer überdrüssig. Rüttgers war damals der strahlende Sieger. Und jetzt, nach gerade fünf Jahren schwarz-gelber Regierung? Die SPD hat sich nicht erholt, aber die CDU und Rüttgers seien “nach fünf Jahren dort angekommen, wo die SPD nach 39 Regierungsjahren war”, zitiert die “Süddeutsche Zeitung” einen Politiker, der mal in der ersten Reihe saß. Und der noch hinzufügt: “Bin mal gespannt, wie der Jürgen jetzt Wahlkampf macht.”
Der “Kölner Stadtanzeiger” zieht einen sportlichen Vergleich. Rüttgers erinnere an einen Marathonläufer, der 35 Kilometer das Rennen dominiert habe. Und der dann Seitenstechen bekomme.
Und wenn ein solcher Läufer kurz vor dem Ziel überholt werde, “ist es nicht leicht, noch mal Tritt zu fassen.”
Leser: Noch glaube ich nicht an eine schwarz-gelbe Niederlage, stehen doch viele Gazetten, von Bild bis WAZ, eher dem Rüttgers als der Kraft nahe. Die bis zu 80% für die CDU in der Katholischen Provinz müssen zudem auch erst mal ausgeglichen werden.
Leser: Neutral verhalten sich NRZ und Westfälische Rundschau, Ksta, Express, Westfälischer Anzeiger, Westdeutsche Zeitung, Westfälische Nachrichten, aber es gibt auch stramm schwarz-gelbe Blätter. Allen voran die Rheinische Post, die BILD, die Waz, Westfalenpost,die Blätter aus dem Bauer Verlag, Ruhrnachrichten, Bonner Generalanzeiger, Siegener Zeitung.
31. Oktober 2010
Die CDU rechnet mit System Rüttgers ab und wählt Norbert Röttgen zum Vorsitzenden
von Theobald Tiger
Schlimmer konnte es für ihn nicht kommen. Andreas Krautscheid, der Generalsekretär, durfte seiner eigenen Abwahl ganz nahe sein. Am Sonntagabend in der Wasserstraße in Düsseldorf, in der CDU-Landesgeschäftsstelle, als sein Noch-Chef Jürgen Rüttgers das bittere Ergebnis der Mitgliederbefragung bekanntgeben musste. Der Letzte des Systems Rüttgers muss nun auch gehen, schon in der nächsten Woche. Aber das ist nur die Geschichte hinter der eigentlichen Nachricht: Denn die 160 000 Mitglieder der CDU haben sich in Nordrhein-Westfalen einen Neuanfang gewählt. Norbert Röttgen, der Umweltminister aus Angela Merkels Bundesregierung, wird neuer Vorsitzender des größten und mächtigsten CDU-Landesverbandes. Armin Laschet, der Mann des Affären-Systems der Rüttgers-Getreuen, wurde wieder einmal seinem Ruf des ewigen und erfolglosen Kandiaten gerecht. Nicht einmal ein Viertel der 54 Kreisverbände votierte für den ehemaligen Frauenminister aus Rüttgers´ im Mai abgewählter Regierung.
Die CDU-Mitglieder im Land sind offenbar schlauer, als die politische Szene unter der Dunstglocke im Regierungsviertel am Düsseldorfer Hafen. Denn dort marschierte Armin Laschet schon seit Wochen als klarer Sieger im Duell um die CDU-Spitze durch die Spalten der getreuen Gazetten. Das macht eben den Unterschied, wenn man sich unbelehrbar den Einflüsterungen eines im Mai abgewählten Systems hingibt, die noch immer das Sagen im Landtag und in der durch Skandale und Affären gelähmten Parteizentrale haben. Die Partei ist eben nicht die Zentrale, sondern das Volk einer Volkspartei. Und diese Mitglieder haben offen gezeigt, dass sie von den Tricksereien der Mächtigen in ihrer Partei die Nase voll haben.
54,8 Prozent für Röttgen, für den Neuanfang, für eine saubere CDU! Was fängt der Neue damit an? Sicherlich, er wird es nutzen zum eigenen Ruhm in der Bundes-CDU. Er wird noch mehr Gewicht bekommen im Bundeskabinett und darf von der Kanzlerin noch ernster genommen werden, als nach einer guten Rede. Wenn diese ihn am Ärmel zupft und ihm so öffentlich ihre Zuneigung dokumentiert.
Dieser Norbert Röttgen hat nun aber ein großes Problem in Düsseldorf. Sollte er in den nächsten Wochen einmal den Landtag besuchen, und das wird er tun müssen, dann kann er allenfalls von der Zuschauertribüne auf seine Fraktion blicken. In den ersten Reihen hat nicht nur das von den Wahlbürgern, sondern nun auch von den eigenen Mitgliedern abgewählte System Platz genommen. Die pure Ratlosigkeit: Laumann, Laschet, Rüttgers, Krautscheid, Wüst – Abgewählte, in Affären verstrickte Gesichter, mit denen Röttgen die Zukunft nicht gestalten kann und wird. Und mit denen er in keine Wahl gehen wird.
Die Aufgaben, die vor dem neuen Vorsitzenden liegen, macht eine SMS deutlich, die unsere Redaktion am Sonntagabend um 20.35 Uhr erreichte. Der Absender, ein führender Stratege aus Röttgens engem Umfeld, sprach vom „Tag der Befreiung“ , den die Rheinische Post schon vor Monaten mit dem „Aufstand der Anständigen“ angekündigt habe.
Röttgen wird in der CDU aufräumen, es werden Köpfe ausgetauscht, nicht nur Krautscheid. Allein der Einzug von Oliver Wittke als neuem Generalsekretär, der ebenfalls kein Landtagsmandat erringen konnte, wird die Rüttgerschen Strukturen im CDU-Apparat aber nicht beseitigen. Die Verteidiger der eigenen Pfründe und satten Einkommen vom Konto der hoch verschuldeten Landespartei dürften sich nach neuen Jobs umsehen müssen. Da wird wohl kaum noch einer für die CDU in NRW sprechen können, der in Emails seinem Generalsekretär empfahl, man hätte Telefongespräche des politischen Gegners viel früher abhören können. Aber, das ist sicherlich nur eine Petitesse.
Norbert Röttgen wird seine Partei flugs inhaltlich neu positionieren. Die Schwächen in der Schulpolitik sollen schon am nächsten Wochenende auf dem Bonner Parteitag repariert werden. Aber die Frage ist, wie und mit welchem Programm geht er in eine Neuwahl, die ihn schneller als zu Beginn der Kandidatur gedacht, erreichen kann? Dass er die CDU in kurzer Zeit kampagnenfähig machen kann, ist dem Politstrategen und seinem noch im Verborgenen für ihn agierendem Umfeld zuzutrauen. Und dass sich die CDU geschlossen hinter ihrem neuen Vorsitzenden scharrt, ist anzunehmen. Die Zeit der Heckenschützen und Maulwürfe ist wohl vorbei.
Vielleicht ist Röttgen sogar der Hoffnungsträger einer Partei, die gerade um die Macht in Berlin kämpft, die nur Umfragetiefs und Wahlniederlagen (Baden-Württemberg) vor Augen hat. Vielleicht muss er sich schon bald beweisen, denn ein Scheitern der rot-grünen Minderheitsregierung in den nächsten Wochen ist nicht ausgeschlossen. Nachtragshaushalt, Studiengebühren, Haushalt 2011 sind die Knackpunkte, an denen SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft auf die Linkspartei angewiesen sein wird. Auf Zustimmung aus der CDU oder der fundamental opponierenden FDP muss die Regierung bei den wichtigen Abstimmungen jetzt nicht mehr hoffen.
Röttgen fürchtet keine Neuwahlen. Erst heute Abend hat er gezeigt, wie er als vermeintlicher Außenseiter doch als Sieger durchs Ziel geht. Das hatte er vor gut einem Jahr schon einmal bewiesen, als er seinen „Freund“ Andreas Krautscheid in einer Abstimmung um den Bezirksvorsitz Mittelrhein selbst in dessen Kreisverband „Rhein-Sieg“ niederrang. Und nun gewann er nicht nur „Rhein-Sieg“, sondern auch Rüttgersland, den Erftkreis. Er kann im Feindesland überzeugen.
Für die Regierenden wird es nun ernst. Norbert Röttgen ist kein Bruder Leichtfuß wie Armin Laschet, den Kraft und Löhrmann nicht ernst nahmen. Brauchten sie auch nicht. Eine CDU unter Laschet, den ewigen Zweiten, wäre an ihren und seinen Affären erstickt. Denn Laschets Schubladen waren und sind nicht sauber. Röttgen ist anders. Er kommt wie Schwiegermutters Liebling daher, er hat einen kühlen, klaren Verstand. Und er ist machtbewusst. Einen Wahlkampf führt Röttgen nicht nur lächelnd – aber auch. Er führt ihn inhaltlich. Und da hat diese Regierung bisher wenig zu bieten. Mit billigem, einfallslosem Links-Links-Getöse ist bei Röttgen nicht zu rechnen, es glaubt ohnehin kein Bürger im Land.
Der Herausforderer kann und wird die Regierung an ihrer Schwachstelle stellen. Schuldenpolitik. Wenn Hannelore Kraft und ihrer SPD nichts Neues mehr einfällt, dann wird sie von Röttgen mit einem Verschuldungswahlkampf konfrontiert werden, den sie schwer kontern kann. Denn ihr Ziel der vorsorgenden Finanzpolitik wird sie in weniger als einem Jahr niemals deutlich machen können. Das ist Röttgens einzige Chance. Er wird sie nutzen wollen.
Schade ist es um Armin Laschet. Irgendwie bedauern wir, dass es wieder nichts geworden ist. Innenminister wollte er werden, Oberbürgermeister in Aachen, Bundesintegrationsminister, Fraktionsvorsitzender im Landtag, Parteivorsitzender. Irgendwann ist aber dann Schluss: Man kann doch nicht immer der Zweitbeste sein. Obwohl, wir hätten uns gefreut. Laschets Acht-Punkte-Programm für die ersten Tage war dazu angetan, auf diesen Seiten größere Debatten zu führen. Und es wäre spannend gewesen, zu beobachten, ob der ehemalige Frauenminister in der CDU-Landesgeschäftsstelle auch die Frauenquote eingehalten hätte. Wir sind sicher, es wäre ihm gelungen. Auch waren wir sicher, dass dann die CDU ihrem Vorsitzenden die Flüge zu Gremiensitzungen nach Berlin bezahlt hätte. Und wie gern hätten wir gesehen, wie er das jahrzehntelang geltende SPD-Motto “Partei und Land, Hand in Hand” für seine Partei umsetzte. Wie hieß es doch so schön unter Punkt 5 seines 100-Tage-Programms: Bund und Land – Hand in Hand. Ein Papier für die Tonne!
Leser: Aber wie will Röttgen das von Berlin wieder auf den richtigen Kurs bringen? Das wird schwierig. Die Rüttgers-Getreuen haben erst einmal noch den Landtag als Bühne. Und in der Wasserstrasse werden Sie schon die Hintertüren öffnen. Es wird für die CDU mit dem Neuanfang nicht einfach.
Leser: Röttgen ist negativ mit dem Atomdeal behaftet. Das er monatelang, den Pseudo-Grünen geheuchelt hat, um die Öffentlichkeit zu täuschen und ruhig zu halten, hat ihn seine Glaubwürdigkeit gekostet. Hoffentlich merken die Bürger schnell, das Röttgen=Rüttgers ist, der gleiche miese Politik -stil und nur ein anderes Gesicht. Denn eins ist sicher, alles was die CDU heutzutage so treibt, hat einen faden Beigeschmack, egal ob in Bund oder Land. Auch Röttgen wird den Verrat am Bürger weiter betreiben, dieser Partei und ihren Politikern kann man nicht mehr Vertrauen.
Leser: Und was hat es mit Neuanfang zu tun, Oliver Wittke zum neuen General zu machen? Schon vergessen, dass er wegen Verantwortungslosigkeit im Amt zurücktreten musste vom Amt des Verkehrsministers?
22. Oktober 2010
Bundestagspräsident verurteilt NRW-CDU wegen verdeckter Parteienfinanzierung
von Peter Panter
Es war der 18. April 2010, drei Wochen vor der Landtagswahl, als dieser Blog eine Parteispendenaffäre aufdeckte, in die die nordrhein-westfälische CDU verwickelt zu sein schien. Ein einfacher Email-Verkehr zwischen dem Rüttgers-Vertrauten Boris Berger und Wahlkampfhelfer Tim Arnold belegte, dass im Wahlkampf 2005 eine Unternehmensspende des Lippstädter Großkonzerns Hella als illegale Parteispende auf dem Konto einer Initiative „Wähler für den Wechsel“ verbucht worden war. Nachträglich wurden unter Hilfe von Arnold Wege gefunden, damit das Unternehmen diese Zahlung an die CDU-nahe Initiative als Betriebsausgabe verbuchen konnte. „Frei erfunden“ donnerte der damals gerade wenige Monate in der Wasserstraße residierende CDU-Generalsekretär Andreas Krautscheid in Stellungnahmen für die Presse. Die Antwort bekam er heute von einem nordrhein-westfälischen Parteifreund: Bundestagspräsident Norbert Lammert verdonnerte die nordrhein-westfälische CDU zu einer Strafzahlung von 61.772,66 Euro wegen eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz.
Was die Bundestagsverwaltung in sehr dezidiertem juristischen Deutsch einer Pressemitteilung anvertraute, heißt nichts anderes, als dass die Rüttgers-CDU im erfolgreichen 2005er Wahlkampf auch mit illegalen Finanzierungstricks für den Sieg gearbeitet hatte. Spendenakquisiteur Tim Arnold hatte auf einem Sonderkonto nach Feststellung der Bundestagsverwaltung 30.886,33 Euro gesammelt, um in Zeitungsanzeigen damit zu werben, dass mehr als 100 Unternehmer für den Wechsel von Peer Steinbrück zu Jürgen Rüttgers votierten. Da allein Hella 10.000 Euro spendete, bleiben noch 20.886,33 Euro, geteilt durch 100 Unternehmer, bleiben also 200 Euro für jeden. Was wiederum zeigt: So groß kann die Unterstützung der Unternehmer nicht gewesen sein, oder: die NRW-Firmenbosse sind extrem sparsam gewesen bei ihrer Unterstützung für Jürgen Rüttgers. Oder, und das ist wahrscheinlicher, die Zahl von 100 Unterstützern war maßlos übertrieben.
Heute ist das egal, es passt in das Bild einer tricksenden und täuschenden NRW-CDU. Jedenfalls stellte der CDU-Bundestagspräsident jetzt fest, dass die Nähe der Wählerinititiative für Jürgen Rüttgers größer war, als Krautscheid und Rüttgers wenige Tage vor der Wahl im Mai diesen Jahres zugegeben hatten. Lammert: „Die Partei hatte auf die Organisation und Ausgestaltung der von der Wählerinitiative veranlassten Wahlwerbung in einem Maße Einfluss genommen, dass ihr der Wert dieser durch Spenden von dritter Seite finanzierten Wahlkampfaktionen als Einflussnahme und zugleich als Spende zuzurechnen war.“ Die NRW-CDU, in deren Landesvorstand Lammert sitzt, hätte nach seinen Untersuchungen, den Betrag von 30.886,33 Euro als Spende in ihrem Rechenschaftsbericht 2005 namentlich aufführen müssen, entschied der Bundestagspräsident. Für einen solchen Verstoß sieht das Parteiengesetz eine Strafzahlung in doppelter Höhe vor, also genau 61.772,66 Euro.
Der Hella-Konzern hatte übrigens am Tag nach der Veröffentlichung der illegalen Parteispende durch diesen Blog, am 19. April 2010, Selbstanzeige beim Finanzamt in Lippstadt erstattet.
Das ist der eine Teil der Geschichte, den zweiten liefert General Krautscheid. Heute, am 22. Oktober 2010, dreht er die Geschichte vom 18. April 2010 ins Umgekehrte. Der Mann, der vielleicht nur noch wenige Tage seinen Job in der Parteizentrale in der Düsseldorfer Wasserstraße ausübt, weil ein neuer Vorsitzender Norbert Röttgen die Rüttgers-Altlast auswechseln wird, spielt den Saubermann – und setzt auf das Vergessen der Öffentlichkeit. „Ich habe bei Amtsantritt versprochen, Altlasten solcher Art rasch und gründlich aufzuräumen. Deshalb haben wir in dieser Angelegenheit sofort und zuverlässig mit der zuständigen Verwaltung des Deutschen Bundestages kooperiert. Mit der Erwähnung im Rechenschaftsbericht 2009 und dem heutigen Nachzahlungsbescheid ist die Angelegenheit in korrekter Art und Weise bereinigt und abgeschlossen worden.“
Nur zur Erinnerung: SPD-Generalsekretär Michael Groschek hatte die Bundestagsverwaltung um Prüfung des Vorganges gebeten. CDU-Chefmanager Krautscheid hatte gleichzeitig von „frei erfunden“ fabuliert. Und am 2. Mai, nachdem der Spiegel weitere Details der Parteispendenaffäre veröffentlichte, tobte Krautscheid in einer Pressemitteilung: „Die angebliche neue Finanzaffäre ist Teil der Schmutzkampagne der SPD. Die SPD im Bund und Land schmeißt mit Dreck in der Hoffnung, es werde schon etwas hängen bleiben.“ Soviel zum Aufklärer und Saubermann Krautscheid.
Dazwischen lag der Wahltag am 9. Mai – und die Wahl der neuen SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft am 14. Juli 2010. Und eine Wahlschlappe für die CDU.
Video-Überwachung, Sponsoring-Affäre, Rücktritt von Generalsekretär Wüst, eine in Finanzskandale verwickelte Parlamentspräsidentin van Dinther: Die Aufdeckung der CDU-Parteispendenaffäre war möglicherweise zum Schluss wahlentscheidend. Das haben viele – nicht nur Krautscheid vergessen. Oder vergessen machen wollen.
3.November 2010
Wir-In-NRW mit dem Otto-Brenner-Preis für das Medienprojekt des Jahres ausgezeichnet
von Theobald Tiger
„Was tun, wenn die Medien versagen bei ihrer Aufgabe, die Verfehlungen der Mächtigen aufzudecken?“ fragte Harald Schumann am Dienstagabend in Berlin bei der Verleihung des Otto-Brenner-Preises für kritischen Journalismus. „Was tun, wenn der Filz zwischen Politik, Verlegern und Chefredakteuren dazu führt, dass Journalisten ihre Arbeit nicht mehr anständig machen können, weil kritischer Journalismus nicht mehr erwünscht ist?“ Der Leitende Redakteur des „Tagesspiegel“ und seine Jury-Kollegen Sonia Mikich, Volker Lilienthal, Thomas Leif und Heribert Prantl entdeckten Alfons Pieper und dessen Antwort auf diese Verhältnisse in Nordrhein-Westfalen: „Seit Dezember 2009 berichten er und seine Mitstreiter in ihrem Blog Wir in NRW über all jene fragwürdigen Wahlkampfpraktiken des damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers und seiner Parteifreunde, die bei den Zeitungen und Sendern der Region zunächst kein Thema waren.“ Schumann hielt die Laudatio auf Pieper (siehe unten) und den Blog, der als „Medienprojekt des Jahres“ ausgezeichnet wurde. Berthold Huber, Verwaltungsratsvorsitzender der Brenner-Stiftung, sagte: „Wir prämieren einen Blog, der Fehlentwicklungen in Medien und Politik aufgespürt hat.“
Am 7. Dezember 2009 wurde dieser Blog erstmals frei geschaltet. Den ersten Geschichten aus der Welt der nordrhein-westfälischen Landespolitik folgten insgesamt 644 Artikel, die von 3020 Kommentaren begleitet wurden. Dass wir seit dem Start 4,5 Millionen Seitenabrufe und mehr als zwei Millionen Besucher aus mehr als 80 Ländern registrieren durften, hatten weder Herausgeber Alfons Pieper noch seine Autoren gedacht. Dass NRW-Landespolitik sogar in Nordkorea, im Königreich Tonga und dem Vatikan, in Vietnam, Saudi Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten interessiert, durften wir dabei erfahren. Und in China: Besucher aus China stehen auf Platz 13 unseres Länder-Rankings. Natürlich kommen die meisten Leser aus Deutschland, die innerdeutsche Rangliste wird angeführt von Köln, dann folgen Essen, Bonn, Wuppertal, Dortmund und erst an fünfter Stelle die Landeshauptstadt Düsseldorf. Die Medienstädte Berlin, Hamburg, München, Frankfurt und die dort sitzenden meinungsbildenden Medien und Agenturen sind auf dem Blog ständig zu Gast.
Viele staatliche und internationale Institutionen und Organisationen sind unsere Leser: UNO, Nato schauen bei „Wir in NRW“ ebenso regelmäßig rein wie viele deutsche Staatskanzleien, die Polizei, mehr als 50 Universitäten und natürlich die CDU. Die Christdemokraten sind unsere treuesten Fans. Bisher hat es noch keinen Tag gegeben, an dem die CDU „Wir in NRW“ nicht als wichtige und zuverlässige Informationsquelle genutzt hat. Das mag auch an den Dokumenten aus den Düsseldorfer CDU-Kreisen gelegen haben, die wir vielen Mitgliedern und Funktionären zugängig gemacht haben.
In den elf Monaten „online“ ragt der Wahlmonat Mai als Bestmarke heraus. 400 000 Besucher wollten auf einer Millionen Seiten die Umstände einer CDU-Parteispenden-Affäre lesen sowie die Ergebnisse und Kommentierung des Wahlergebnisses. Der Wettstreit zwischen Armin Laschet und Norbert Röttgen um den CDU-Vorsitz mit den investigativen Beiträgen auf unseren Seiten zeigte gerade erst das hohe Interesse von Bürgern, Medien und CDUlern an unserem Journalismus.
Dass durch unsere journalistische Arbeit möglicherweise ein politischer Wechsel in Nordrhein-Westfalen stattgefunden hat, sei nebenbei bemerkt. Möglicherweise wären die Verfehlungen im Reich des abgewählten Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers, in seiner Staatskanzlei, in seiner CDU-Parteizentrale, nie veröffentlicht worden. Dass Rüttgers, sein Regierungssprecher Wichter, sein engster politischer Berater Boris Berger, die beiden Generalsekretäre Wüst und Krautscheid nach Video-Affäre, Sponsoring-Affäre und Parteispenden-Skandal gehen mussten und bald auch noch der CDU-Parteisprecher Heidmeier, liegt an deren Fehlern. Wir haben die Vorgänge nur aufgeschrieben. Und die Dokumente veröffentlicht.
Hauptstadt-Journalist Harald Schumann brachte es in seiner Laudatio auf Alfons Pieper und seine ungenannten Kollegen auf den Punkt: „Wie nötig diese journalistische Intervention war, bewies nicht zuletzt der Umstand, dass sich die Regierenden nicht zu schade waren, staatsanwaltliche Ermittlungen gegen die Blogger zu veranlassen, obwohl diese lediglich normale journalistische Arbeit leisteten – und diese auch noch unbezahlt und in ihrer Freizeit. So ist Wir in NRW ein Beispiel, wie guter Journalismus im Internet aussieht. Ein preiswürdiges Vorbild.“
Und am Morgen nach der Preisverleihung reicht ein Blick in die USA, um zu erkennen, welche Möglichkeiten dem politischen Blog-Journalismus hierzulande offen stehen. Die Senats- und Kongresswahlen wurden im Wesentlichen über Internet-Aktivitäten begleitet, möglicherweise sogar entschieden. Freuen wir uns auf neue Aufgaben, sie müssen ja nicht als „Tea-Party“ daher kommen.
Leser: Ich gratuliere zu dieser Auszeichnung von ganzem Herzen Alfons Pieper und denen hinter den “Pseudonymen” … Sie haben dafür gesorgt, dass das System-Rüttgers es dann doch nicht schaffen konnte, NRW medial unter Kontrolle zu bekommen…
Leser:Na dann auch herzlichen Glückwunsch von mir. Ist schon nachdenkenswert, dass es Blogs braucht, um Wahrheiten ans Licht zu bringen.
In den politischen Redaktionen der Zeitungen muss doch wüst debattiert werden, wie es zu solch einem Armutszeugnis kommen konnte, oder?
Leser:Herzlichen Glückwunsch zu der Auszeichnung, Herr Pieper! Und weiter so!
Sie ermöglichen Ihren alten und neuen Kollegen – bei der Zeitung mit den drei Buchstaben – in Ihrem Kielwasser über peinlichste Düsseldorfer Praktiken zu schreiben, bevor diese durch die nächste dicke Humbach-Rotz-Scheewehe zugedeckt werden. Sie machen als Schneepflug die Straße frei!
24. Dezember 2010
Im Wein liegt Wahrheit
von Kaspar Hauser
Im Wein liegt Wahrheit. So sagt der Volksmund und er hat damit recht, wie uns die Neuigkeiten aus dem Landesrechnungshof belegen. 75 Flaschen Wein ließen sich Merkel, Westerwelle und ihre etwa 40 köpfige Delegationen von Bundes CDU und FDP zum Abschluss der Koalitionsverhandlungen servieren. Das allein wäre schon eine Frage wert, doch das Thema Alkohol und Politik soll hier nicht Thema sein. Denn es geht darum, dass die Zeche für die Feierrunde zum Großteil beim nordrhein-westfälischen Steuerzahler hängen geblieben ist.
30 Euro sollten sie pro Stück kosten, die Koalitionsfeierpullen. Das ist wahrlich schon ein üppiges Budget für Wein. Markenchampagner lässt sich davon gut kaufen, viele der höchstbewerteten italienischen Spitzenweine sind für einen solchen Preis zu erstehen. Doch das reichte offenbar nicht, es musste eine Premier Cru Lage aus dem Burgund sein, man hatte ja offensichtlich was zu feiern.
Wer den Wein nun tatsächlich geordert hat, ist derzeit nicht überliefert, klar scheint nur, dass die Bundestagsfraktion der CDU die 30 Euro Obergrenze vereinbart hat. Warum die Koalititionsverhandlungs-Herbergseltern in der NRW-Landesvertretung dann zur 90 Euro Flasche griffen, kann nur spekuliert werden. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich um niedrige Beweggründe gehandelt haben muss. Vielleicht war es ja Eitelkeit, weil die Provinz Schwarz-Gelben den Hauptstädtern zeigen wollten, dass man sich auch was leisten kann. Oder die pure Arroganz, weil man nun nach dem Land auch den Bund als Beute sichern konnte.
Für den Steuerzahler bleibt nur die immer tiefer greifende Erkenntnis, dass man offensichtlich den Schwarz-Gelben besonders intensiv auf die Finger schauen muss, denn den Äffären um Rüttgers, Wüst, van Dinther, Arnold, Berger und Co. ist nun ein weiterer Beleg hinzugefügt worden, dass diese Herrschaften ein sehr eigenwilliges Verständnis vom Umgang mit (Steuer-)Geld hatten.