Der journalistische Rechercheverbund Süddeutsche Zeitung, WDR und NDR meldet ein hohes Maß an Uneinigkeit innerhalb der Bundesregierung über die Berechtigung für das Demonstrationsverbot gegen und für Pegida in Dresden. Ein Verdacht bekommt Nahrung, dass dieser Eingriff in ein wichtiges Grundrecht im demokratischen Staat zumindest voreilig, wenn nicht gar überflüssig gewesen sei.
Das lenkt erneut den Blick auf die Stadt Dresden, ihre Polizei und Justiz, die seit Jahren den Eindruck erwecken, dass zivilgesellschaftlicher Widerstand gegen den jährlichen Aufmarsch von Neo-Nazis als eine Art Landfriedensbruch zu betrachten und Sitzblockaden unnachsichtig zu ahnden seien. Die Aufmärsche der Neo-Nazis gelten der Bombardierung der Stadt am 15. Februar 1945, kurz vor Ende des II. Weltkriegs. Sie wollen damit die Kriegsschuld auf die alliierten Sieger abwälzen. Es dauerte, bis sich die CDU der Stadt bereit fand, sich an friedlichen Protesten gegen den Geschichtsrevisionismus zu beteiligen. Es dauerte noch länger, ehe die Justiz die Anzeigenflut gegen den bürgerlichen und demokratischen Widerstand einzustellen begann .
Die in die ironische Feststellung verpackte Hoffnung eines sächsischen Grünen Landtagsabgeordneten, es scheine sich in der sächsischen Justiz herum gesprochen zu haben, dass auch die Behinderung von Nazidemonstrationen vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt seien, hatte nur kurz Bestand. Kaum war Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten der Linkspartei im Nachbarland Thüringen gewählt, haute die sächsische Justiz wieder auf die Pauke und nahm ein Verfahren aus dem Jahr 2010 wieder auf. Darin war Ramelow beschuldigt worden, in Dresden an einer Sitzblockade gegen Nazis teilgenommen zu haben. Und das, obwohl das Verfahren zwischenzeitlich eingestellt worden war. Ramelow selbst bat den Thüringer Landtag darum, seine Immunität aufzuheben, damit er sich gegen den durchsichtigen Versuch, ihn zu kriminalisieren, zur Wehr setzen kann.
In Dresden ticken die Uhren anders als in Leipzig, wo Pegida eine Randerscheinung bleibt. Kein Wunder also, dass der Verdacht sofort da war, das Demonstrationsverbot für und gegen Pegida werde den Merkwürdigkeiten der sächsischen Justiz eine weitere hinzufügen. Die Süddeutsche Zeitung erinnert aktuell zudem an die unglaublichen Schlampereien des Landesverfassungsschutzes bei den Ermittlungen zum NSU und der Mordserie der Nazis, aber auch daran, wie lange es brauchte, ehe die Hetzjagd auf Menschen aus Indien in Mügeln als Tat von Neonazis eingeordnet wurde.
Und jetzt der Tod von Khaled B, einem Flüchtling aus Eritrea, der erstochen aufgefunden wurde, wobei die Dresdner Polizei „Fremdeinwirkung“ nicht feststellen mochte. Ausgerechnet in einer Stadt ein Mord an einem Moslem, in der jeden Montag das Abendland angeblich vor dem Islam gerettet wird. Eine Stimmungslage, die jeden Flüchtling, der in der Stadt zähneknirschend aufgenommen wurde, zu Tode erschreckt. Die Wohnungstür in einem Plattenbau, in der Khaled mit sieben anderen Flüchtlingen untergekommen war, ist mit Hakenkreuzen beschmiert und von Tritten gezeichnet.
Und nun auch noch der um sich greifende Verdacht, der sich durch die Recherche von Süddeutscher Zeitung, WDR und NDR einstellt. Ein Verdacht, der nicht ausschließen will, dass hier möglicher Weise Teile der Justiz in Sachsen Pegida entlasten und der Islamfeindlichkeit nachhelfen wollten und das mit einer fadenscheinigen Begründung, die das Grundrecht auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit aushebelt.