Unsere Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer – ist sie im Rückblick auf den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr naiv oder zynisch oder beides ?
Da hatte sie noch vor kurzem das letztlich sinnlose Engagement deutscher Soldaten am Hindukusch geradezu überschwänglich schöngeredet: „Angenommen, die Taliban hätten 20 Jahre das Land weiter so regiert, wie sie es vorher getan hatten, hätten wir wahrscheinlich bis heute keine Schulen für Mädchen, hätten wir bis heute keine Frauen auch in höchsten Ämtern, bei Gerichten.“
Das wird die Mädchen und Frauen in Afghanistan aber trösten, wenn sie jetzt erleben müssen, wie die Taliban nach dem überstürzten Abzug der ausländischen Truppen das Land überrollen, Provinz um Provinz, Stadt um Stadt einnehmen und ihr Schreckensregime wieder aufrichten. Nimmt man die Berichte, die aus dem Land rauskommen, wird es dort schon bald keine Schulen für Mädchen mehr geben und Frauen in höchsten Ämtern erst recht nicht. Dann dürfen sich die Menschen in Afghanistan, die nicht mehr fliehen konnten, moralisch und seelisch an schönen Erinnerungen wärmen; – Erinnerungen an die paar Jahre, als die Amerikaner und ihre Allierten die brutalen Taliban verdrängt hatten, dann aber wieder zurückkommen ließen, damit die so weiter terrorisieren können wie zuvor.
Und jetzt macht Frau Kramp-Karrenbauer der afghanischen Bürokratie Vorwürfe, einer Bürokratie, von der man gar nicht mehr weiß, ob, wie weit und wie lange sie noch funktioniert. Die soll Schuld sein, wenn tausende afghanische Ortskräfte, die der Bundeswehr in den verschiedensten Funktionen gedient und geholfen hatten, nicht mehr vor der grausamen Rache der heranrückenden Taliban fliehen können. „Es gibt im Moment einen Engpass. Das ist die Tatsache, dass die afghanische Seite selbst die Leute nur aus dem Land lässt, wenn sie einen afghanischen Reisepass haben.“ Das so Frau Kramp-Karrenbauer, sei im Moment „der größte Flaschenhals“.
Als hätte es nicht die Möglichkeit gegeben, die afghanischen Helfer und ihre Angehörigen gleich mit den Bundeswehrsoldaten auszufliegen. Sehr viele hatten darum regelrecht gebettelt, hatten frühzeitig vorausgesagt, dass sich die Taliban nach dem Abzug der ausländischen Truppen schrecklich an den „Verrätern“ rächen würden. Aber mit deutscher Gründlichkeit wurden die afghanischen Ortskräfte erst einmal in verschiedene Klassen unterteilt – solche, die direkt für die Bundeswehr gearbeitet hatten und vorrangig nach Deutschland dürften, und andere, die über lokale Dienstleister ebenfalls den Deutschen geholfen hatten, aber organisatorisch eben nur indirekt, und deshalb kaum Chancen auf ein Visum haben sollten. Ein weiteres Kriterium für größere oder geringe Chancen auf ein Visum: wer bis wann als Ortskraft für die Deutschen gearbeitet hatte. Und schließlich lagerte die Bundesregierung einen Teil des Visumsprozesses für afghanische Ortskräfte aus an die Internationale Organisation für Migration (IOM) der Vereinten Nationen. Die aber weiß nach Berichten aus Kabul leider nicht, wie die von Deutschland geforderten Formulare auszufüllen sind. Und jetzt, wo viel Zeit verloren wurde, die Taliban immer näher rücken und es für tausende afghanische Helfer der Deutschen vielleicht kein Entkommen mehr gibt; – jetzt macht die Verteidigungsministerin in Berlin die afghanische Administration als Haupt- oder Mitschuldige für das menschliche und moralische Desaster aus. Zynischer geht es wohl nicht.
Gut, dass unser famoser Außenminister Heiko Maas nun sein ganzes politisches Gewicht in die Waagschale wirft. Er drohte, Deutschland werde keinen Cent mehr nach Afghanistan geben, wenn die radikalislamische Miliz aus dem Land ein Kalifat unter der Scharia mache. Man kann ja mal googeln, wie oft Herr Maas wie vielen Politikern und Organisationen in wie vielen Ländern schon gedroht hat (Suchwort: „Maas droht“.) Man kann bei Google allerdings nichts finden, ob er damit schon mal Erfolg hatte. Aber vielleicht bringt er ja die Taliban tatsächlich zur Besinnung, und alles wird nur halb so schlimm.
Bildquelle: Wikipedia, Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC-BY-SA 3.0
AKK will ebenso wie der Verkehrtminister auch in der künftigen Regierung ihr Amt behalten.
Haben wir nichts Besseres mehr verdient als solche Nieten? Die Liste lässt sich natürlich noch erweitern um Altmaier, Klöckner, Maas u.a., die allesamt kläglich, zuletzt bei dem Afghanistan-Problem, das sie total verschlafen, verzockt und mit vielen Menschenleben bezahlt haben.
Nach diesem Dilemma sind die Auslandseinsätze der Bundeswehr grundsätzlich auf ihren Sinn zu überprüfen. Aber dies kann nicht mit dieser Drohnengrete, die ausgerechnet zu einer Zeit, wo die Haushaltsgelder dringend für Corona- und Hochwasserkatastrophen benötigt werden, den Kriegsetat erhöhen will, umgesetzt werden.