Es ist beklemmend, nicht nur in Paris, nicht nur in Frankreich, in vielen Hauptstädten Europas schützen Polizisten jetzt Pressehäuser und Redaktionen. Die barbarischen Morde haben Sicherheitsvorkehrungen notwendig gemacht. Aber wirklich schützen kann die Freiheit der Worte, die Freiheit der Bilder, die Freiheit beißender Karikaturen nur eine große Übereinkunft, dass ohne diese Freiheit, diese Unabhängigkeit demokratischer Gesellschaften verloren sind.
Das müssen alle wissen, die auch hierzulande die Medien herunter machen, die alles, was gedruckt, gesendet, gezeichnet wird, als Mainstream abtun, die Berichterstatter zum Feindbild erklären oder auf den Straßen Stimmung machen gegen die angebliche „Lügenpresse“. Wer das tut, begibt sich bewusst oder unbewusst auf die Spur von Hetzern, die schon das letzte Jahrhundert mit Terror überzogen haben.
Und wenn Pegida-Demonstranten, die schnell dabei sind mit Vorwürfen gegen die „Lügenpresse“, am Montag mit Trauerbinden am Arm auf die Straße gehen wollen, ist das Hohn gegenüber den Pariser Zeichnern von „Charlie Hebdo“. Die sind ermordet worden, weil Hetzer unseres Jahrhunderts ihre Wahrheit nicht ertragen wollten.
Von Woche zu Woche schien es so, als wachse die Zahl dieser selbsternannten Patrioten ständig an, drohe zu einer großen Bewegung zu werden, die den Islam, die Fremde aus Deutschland, aus Europa verdrängen könne. Die Millionen, die in diesen Tagen europaweit durch die Städte zogen und für Toleranz und Miteinander demonstrierten, zeigen jedoch, dass das Dresdner Pegida-Gespenst eine kleine Minderheit ist. Selbst in Dresden, wo am Samstag fast 40 000 gegen die Engstirnigkeit der Patrioten-Rattenfänger demonstrierten, ist Pegida nicht dominierend.
Das klare Votum der Millionen Europäer, die sich für einen toleranten, meinungsfreudigen Kontinent stark machten, ist ermutigend und muss Verpflichtung bleiben. „JE SUIS CHARLIE“ ist ein Codewort, dessen Strahlkraft nicht verblassen darf.