Die Bundestagswahl im September dieses Jahres steht fest. Zumindest nach den Umfragen scheinen die Grünen das Rennen zu machen und mit Annalena Baerbock die Kanzlerin zu stellen.
CDU und SPD mit ihren Kanzlerkandidaten geraten immer mehr ins Umfrageabseits. Eine Jamaikakoalition mit Grünen und FDP ist ebenso möglich, wie dass die Sozialdemokraten noch von der FDP überholt werden.
Über die Gründe ist ausreichend kommentiert und vor allem polemisiert worden. Ja, es stimmt. Beide Volksparteien haben sich in ihren großen Koalitionen erschöpft und schon seit Jahren ihre Profile bis zur Unkenntlichkeit geschliffen. Ihr Führungspersonal ist verbrau cht und verschlissen. Armin Laschet wird nicht nur von der CSU und ihrem Hauptdarsteller Söder nahezu täglich in Frage gestellt sondern erfährt ja auch in weiten Teilen der eigenen Partei nur zähneknirschende Unterstützung. Und der SPD-Kandidat Olaf Scholz ,so unermüdlich er auch kämpft, kommt aus dem Umfragetief nicht heraus und kann die Demontierung durch seine Parteifreunde bei der verloren gegangenen Wahl zum SPD-Vorsitzenden nicht abschütteln.
Vor allem die Sozialdemokraten verlieren schon länger ihre Anhänger aus zwei sehr unterschiedlichen Lagern: Ihr sozial-konservatives Wählerklientel bei den Arbeitnehmern, die sich durch Zuwanderung, Bedrohung ihrer Arbeitsplätze, Wohnungsnot, Pandemiebewältigung, wie Kosten für den digitalisierten Hausunterricht, im Stich gelassen fühlen. Sie sehen ihr Schicksal nicht primär von der Klimafrage beeinflusst, sondern sie stehen, wie ein großer Teil der abhängig Beschäftigten und des unteren Mittelstandes, im täglichen Überlebenskampf . Die in prekären Arbeitsverhältnissen vor allem im Dienstleistungsbereich entstandenen Arbeitsplätze camouflieren nur das Trugbild einer Vollbeschäftigung, die keine gerechten Löhne sichert sondern auch die Alimentierung von lebenslanger Abhängigkeit mit zusätzlicher staatlicher Subventionierung , sei es als Wohngeld oder als Lohnzuschlag.
Diese Verelendungsspirale hat sich weiter gedreht auch und obwohl Weltkonzerne wie Amazon oder Apple, die Milliarden Zusatzgewinne durch die Pandemie einstreichen, im letzten wie in diesem Jahr in Europa kaum Steuern zahlen, ja sogar über ihre Abschreibungsmodelle Rückforderungen stellen. Im Fall von Apple war es das zuständige EU-Gericht, welches dem Konzern im Fall Irland 13 Milliarden und im Fall Luxemburg 250 MIO Euro plus Zinsen Steuern erlassen hat. Dies alles in einer Zeit, wo sich Staaten hoch verschulden um das Elend zu bekämpfen und die Rechnungen erst noch beglichen werden müssen. Von wem wohl, wenn die Marktwirtschaft offenbar zu einem Ende gekommen ist und ein geistloser Kapitalismus Monopolen freie Fahrt finanziert?
Die Klimafrage, so bedeutend ihre Lösung für das Schicksal dieser Welt auch ist, hat die Widersprüche unserer Weltordnung nur augenscheinlich verdrängt. Wenn wir ehrlich sind, ist die Umwelt meist ein Thema der Medien und des sich linksliberal fühlenden Bürgertums. Der Alltag vieler Menschen, besonders der einkommensschwachen Bürger, hat mit Umweltfragen vorrangig nichts zu tuen. Sie werden erst dann von ihnen berührt werden, wenn es um die damit zusammenhängenden wirklich wichtigen gesellschaftlichen Fragen, wie Mobilität, Naturschutz, Kosten und Lastenverteilung geht, wenn die Infrastruktur, wenn Steuern und Abgaben neu geordnet und finanziell gerechter sortiert werden müssen. Also wenn sich die Politik die Frage der nachhaltigen Finanzierung stellt, die mit einer gesamt-gesellschaftlichen Verantwortung von Eigentumsfragen verbunden ist.
Und diese Probleme lassen sich nicht alleine durch staatliche Verbote oder wohlfeile Ankündigungen lösen sondern nur durch schwierige auch international abzustimmender Prozesse, wie es der Handel mit Emissionsrechten zeigt.
Sarah Wagenknecht hat mit ihrem jüngsten Buch „Die Selbstgerechten „ kluge Analysen geliefert, die dieses zweite Lager verloren gegangener sozialdemokratischer wie linker Wähler beschreiben. Eines Bürgertums im Eigenheim, im restaurierten Patrizierhaus, dessen Eltern auch Dank sozialdemokratischer Bildungspolitik soziale Aufstiege und auch Wohlstand schafften. Dies ist sicher eine klischeehafte Beschreibung , aber wer sich die politischen Hauptnutznießer dieser Entwicklung anschaut, der findet im grünen Wählerklientel eine breite Spur der Widersprüchlichkeit. Die Grünen sind die Partei mit den höchsten Einkommen ihrer Anhänger, ihr Spendenaufkommen- vor kurzem erst sind unter anderem rund 1 Mio Eur. aus der Tasche eines Bitcoininvestors in ihre Kasse geflossen. Eine Partei, die offiziell diese Kryptowährung wegen des immens hohen Stromverbrauchs ablehnt, aber dann doch abkassiert? Berthold Brecht sprach einmal von der herrschenden Moral als Moral der Herrschenden.
Manches Klischee wird von der Wirklichkeit überholt. So haben laut FAS Marktforscher der Beratungsfirma Puls herausgefunden: Grünen-Wähler fahren am häufigsten Geländewagen, also SUV, das Feindbild schlechthin für Klimaschützer. Aus einer Studie des Umweltbundesamtes wird weiter zitiert: „Hohe Ressourcenverbräuche und Treibhausgasemissionen finden sich gerade in den sozialen Milieus, die sich verbal zu ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bekennen.
Na, dann freie Fahrt für den freien Bürger zum nächsten Ökoladen.
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