Es ist ein Geschichtsbuch. Ein sehr persönliches Geschichtsbuch. Geschrieben von einem erfahrenen Journalisten. Einem Mann, der Menschen mag, der ihnen zugewandt ist, der sie fragt, ihnen zuhört, sie anschaut. Er steht wie Peter Merseburger, Dagobert Lindlau, Georg Stefan Troller und Gerd Ruge für eine Generation unaufgeregt berichtender Journalisten. Uneitel, genau erzählen sie ihre Geschichten, berichten, was sich zugetragen hat, ohne jedes gespreizte Heruntergehaspel unvollendeter Sätze. Öffentlich – rechtliche Geschichtenerzähler sind sie und Fritz Pleitgens jetzt im Herder – Verlag erschienenes Buch „Eine unmögliche Geschichte“ – Als Politik und Bürger Berge versetzten (ISBN 978-3-451-39053-1) ist eben nicht nur ein sehr persönliches Geschichtsbuch, es ist auch ein Beispiel dafür, wie erzählt, wie berichtet werden kann. Wer diesen Band zur Hand nimmt, sich ihm widmet, ihn liest, hört den Autor, der ihn mitnimmt nach Washington, nach New York, nach Moskau und in die DDR, lange bevor ihr Zusammenbruch im Westen sichtbar wurde, er nimmt ihn mit nach Berlin, als die Mauer fiel und er begegnet mit ihm Reagan und Kohl, Gorbatschow und Breschnew, Honecker und Brandt.
Der Leser ist dabei, an den Orten, während der Begegnungen, die manchmal überraschend sind, manches Mal glücklich, aufregend immer. Fritz Pleitgen hat ein gutes Gedächtnis. Ein Tagebuch hat er nicht. Und zwischendurch ist er krank geworden. Schwer krank. Er schreibt darüber im Kapitel „Abstecher nach Heidelberg“. Ein gutes Beispiel wie er erzählt ist gleich das erste Kapitel „Als Korrespondent in der DDR – Von Moskau nach Ost – Berlin“: „Was Anfang 1977 hinter dem Eisernen Vorhang im Osten geschah, interessierte im Westen wenig. Unsere Politik richtete der Blick über den Atlantik hinweg auf Amerika, wo mit Jimmy Carter ein neuer Präsident ins Weiße Haus gewählt worden war. Er war ein frommer Mann. Würde er auf Verständigung mit den Gottlosen im Kreml setzen?“ Ohne zuviel zu verraten… er schildert die US – Politik einfühlsam, so wie er das auch in Moskau getan hat und so wie er auch aus der DDR berichtet.
Über die er vor kurzem in einem Tagesspiegelinterview auf die Frage, ob die DDR ein Unrechtssstaat gewesen sei, sagte: „Ich finde diese Diskussion gegenüber unseren Landsleuten in Ostdeutschland rücksichtslos. Wir tun uns damit dicke, wenn wir sagen, die DDR war ein Unrechtsstaat. Mir reicht es zu sagen, die DDR wurde beherrscht von einem Unrechtsregime. Waren wir in Westdeutschland ein Rechtsstaat? Wir hatten die Regierung voller ehemaliger Nazis. Ich sage: Unrechtsregime bei der SED, aber ich sage nicht Unrechtsstaat, das trifft alle Bürger und soll sie wahrscheinlich auch herabsetzen.“
Pleitgens Buch ist nicht wirklich eine Bilanz, es ist schon gar nicht ein Spaziergang durch die ost-westliche Geschichte der vergangenen vier Jahrzehnte. Pleitgen erinnert sich und er erinnert uns, ähnlich wie Peter Merseburger in seinem vor kurzem in der DVA erschienenen „Aufbruch ins Ungewisse“ oder Gerd Ruges 2013 imHanser Verlag verlegten „Unterwegs„. Sein Buch zeichnet sich aus, weil er in ihm nicht wehklagt nach dem Motto „Früher war alles besser“. War es nicht, aber es war anders. Ich will zwei Schlußbemerkungen machen. Eine direkt zum Buch: Der Verlag hätte mit den Bildunterschriften sorgfältiger umgehen müssen. Und: Es ist nicht einfach über einen Mann zu schreiben, den man lange kennt, mit dem man zusammen gearbeitet hat – unter anderem in Washington -, den man mag und der zu einer Generation von Journalisten gehört, die das öffentlich-rechtliche Fernsehen geprägt haben und von denen es immer weniger gibt, was schrecklich ist.