Laschet oder Söder? Wer von beiden wäre geeignet, den derzeitigen Tiefstand der Unionsparteien in der Wählergunst zu überwinden? Sie könnten am Ende auch beide scheitern. Beiden gilt zudem, dass sie sich bislang nicht besonders hervorgetan haben, wenn es darum ging, korrupte Mandatsträger und dubiose Geschäfte aufzuklären, die die Unabhängigkeit des Mandats berühren können. Seit Adenauer hatten die Unionsparteien immer wieder Probleme mit Nebeneinkünften und Spenden, die Abgeordnete kassiert hatten. Zumal Nebeneinkünfte erst offen gelegt werden müssen jenseits der 10 000 Euro „Bagatellgrenze“. Erst dann, wäre es Pflicht zu klären, wofür und von wem etwa Nebeneinkünfte, und für welche Leistungen gezahlt wurden, um denkbaren Stimmenkauf bei Gesetzen auszuschließen.
Versuche der SPD, mit einem Transparenzgesetz Ordnung zu schaffen, scheiterten. Die SPD wollte jeden Verdacht ausschließen, die die Unabhängigkeit von Amt und Mandat berühren könnten, oder den Verdacht gar nicht erst aufkommen zu lassen. Dazu sollte die Nachweispflicht schon vom ersten Euro beginnen. Das scheiterte allerdings bislang am Widerstand der Unionsparteien und der FDP.
Erst jetzt wird erneut versucht werden, ein Transparenzgesetz, das den Namen verdient durchzusetzen. Anlass waren die dubiosen Maskengeschäfte von Abgeordneten der Unionsparteien, die dafür mehrere hunderttausende Euro Vermittlungsgebühren kassierten. Niemand mag glauben, dass diese Praktiken unbekannt bleiben konnten. Immerhin waren daraufhin, mindestens ein halbes Dutzend Abgeordnete von CDU/CSU wegen moralisch anrüchiger Aktivitäten aus der Partei gedrängt worden oder mussten ihr Mandat zurück geben.
Allein dieser Vorgang und das wenig erfolgreiche Management im Kampf gegen die Pandemie sorgten schon dafür, die Autorität der Kanzlerin Angela Merkel schwer anzukratzen. Die Umfragewerte gingen in den Keller. Jetzt auch noch dazu der Nahkampf zwischen Söder und Laschet, der klären soll, wer die Union als Kanzlerkandidat in den Bundeswahlkampf führen soll. Das kann dramatisch werden.
Auf dem Weg dahin stolperte als erster Markus Söder, der sich im Gewirr der eigenen Begründungen für eine Kandidatur verhedderte. Statt ruhig den richtigen Zeitpunkt abzuwarten, hoffte er offenbar darauf, in der von Laschet einberufenen Vorstandssitzung der CDU, ohne Beteiligung der CSU, auf eine nur knappe, die Medien und übrige Öffentlichkeit knappe überzeugende Mehrheit für Laschet, die in der darauf folgenden gemeinsamen Fraktionssitzung von CDU/CSU, die bei Wochenbeginn diesem Beschluss folgen würde, auf entsprechend große Zustimmung die Mehrheit der Gesamtfraktion für ihn, Söder, bringen würde.
Doch statt abzustimmen, wollte die Fraktionsspitze nur ein Stimmungsbild, dass von einer offenbar zwar gut organisierten Mehrheit von Söderfans beherrscht wurde. Aber die Hoffnung, auf eine Zustimmung für seine Kandidatur gegen Laschet erfüllte sich nicht. Ob das am kommenden Freitag anders ausgehen würde, und Söder auf Laschets Ausscheiden hoffen kann, wenn CDU und die kleine Schwester CSU auf beide Kandidaten blicken werden? Dafür spräche nur wenig. Zumal die Gefahr besteht, dass die Union der beiden, sich christlich nennenden Parteien, daran endgültig zerbrechen könnte. Kaum vorstellbar, dass die CDU mehrheitlich für Söder entsprechend abstimmen würde, auch wenn sich, mancher womöglich nur zähneknirschend, hinter Laschet versammeln wird, der ja wenige Monate zuvor gerade zum Vorsitzenden seiner Partei gewählt worden war.
Um seinen Anspruch als Vorsitzender der kleinen Schwester CSU den christlichen Gesamtladen zu übernehmen, verweist Söder auf seine aktuellen Umfragewerte, die ihn weit vor Laschet als denkbaren Kanzlerkandidaten sehen. Nur brauchte er dazu dennoch auch eine Mehrheit in der CDU. Als Versöhner nach innen und denkbarer Kanzlerkandidat nach außen macht Söder jedenfalls allein noch keine überzeugende Figur, die etwa seine Ambition stützen könnte. Das könnte er ändern, wenn er zur „Rettung der Union“ selbst, den eigenen Anspruch aufgibt und er „freiwillig“ Laschet den Vortritt ließe.