Was für ein falsches Spiel! Ohne Groll, so hörte ich gestern noch die Stimme von Markus Söder, dem CSU-Chef und bayerischen Ministerpräsidenten, werde er eine breite Zustimmung der CDU zu Armin Laschet akzeptieren. Die breite Mehrheit erhielt Laschet dann von Präsidium und Bundesvorstand der Partei, seiner Partei, deren Vorsitzender er ist. Eigentlich natürlich. Alles andere wäre ja auch ein Misstrauensvotum gegen den frisch gewählten Parteichef gewesen. Und dennoch war es ein klares Meinungsbild pro Laschet. Und gegen Söder. Doch dann änderte der Markus Söder wieder mal seine Meinung, wie man das kennt von Opportunisten: Breite Mehrheit, da gehörte jetzt die Fraktion dazu und dann wollte man noch in die Landesverbände hineinhorchen. Es gab da Stimmen gegen Laschet und für Söder, einer der bekannteren Norbert Röttgen hatte sich auch schon aus dem Fenster gelegt und dem Bayern seine Sympathie bekundet. Mancher erinnert sich hier an Konrad Adenauers Sprachbild. Wer Feind steigern will, landet bei Parteifreund. Röttgen gehörte zu den Verlierern im Rennen um den Parteivorsitz wie Friedrich Merz, der aber Laschet sein Ja-Wort signalisierte. Der Populist Söder schielt auf Umfragen, in denen er vor Laschet liegt. In den Führungs-Gremien, die ihn kennen außerhalb Bayerns, sieht das anders aus. Söder ist kein Teamspieler, er integriert nicht. Söder ist Söder. Ich ist sein Ziel, anderes juckt ihn nicht. Deshalb benimmt er sich so.
Und wer glaubt, dieser Söder würde die nächste Niederlage annehmen, der täuscht sich. Er würde wieder etwas finden, um ein Nachspiel zu erreichen. Mit der CSU kann er es ja machen, da gibt es keinen Gegenspieler, alles nur Zwerge, die bayerische Regionalpartei mit weltpolitischem Anspruch frisst ihm aus der Hand. Null Gegenstimme, null andere Meinung, das ist die CSU des Markus Söder, der sich seit Monaten erlaubt, die schwächsten Minister im Kabinett der Bundesregierung von Angela Merkel zu haben und sie einfach dort zu belassen. Der Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer ist eine Zumutung, er dürfte unter normalen Bedingungen kaum für eine kommunale Aufgabe reichen, in Söders Mannschaft ist er Bundesminister. Ein Witz. Wie ein Bundesinnenminister Horst Seehofer überflüssig ist wie… Aber lassen wir das.
Dass das so ist, hat allein Söder zu verantworten. Der Mann, der noch vor Jahren gegen Merkels Flüchtlingspolitik polemisierte und von Asyl-Tourismus faselte, wirft sich nun Merkel zu Füßen und plädiert für deren Mitwirkung bei der Auswahl des Unions-Kanzlerkandidaten. Ich frage mich, warum sich die viel größere CDU das alles gefallen lässt von diesem Provinz-Fürsten, der bei der letzten bayerischen Landtagswahl kümmerliche 37 Prozent erreicht hatte. Warum lässt Armin Laschet sich von Söder so vorführen? Man mag manches gegen Laschet vorbringen, gegen seine rheinische Frohnatur, aber der CDU-Mann aus Aachen, Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Landes, Bundesvorsitzender der CDU, ist ein integrativer Politiker, der Führung nicht im Kommando-Ton pflegt, sondern indem er andere Meinungen anhört und zusammenführt.
Ich wünschte mir, einer der CDU-Ministerpräsidenten, vielleicht der dienstälteste auf Unions-Seite, Volker Bouffier, würde sich Söder verbal zur Brust nehmen und ihn zur Rede stellen. Söder betreibt eine Spaltungspolitik, er setzt darauf, dass die Fraktion, dass viele der CDU-Abgeordneten, die aufgrund schlechter Umfrage-Daten um ihr Mandat fürchten, auf Söder setzen würden, nicht wissend, wie das Rennen ausgeht im September. Söder ist ein Spalter wie sein großes Vorbild, Franz-Josef Strauß, ein CSU-Mann mit beispiellosen Affären, umstritten wie kaum ein anderer. Die CDU muss diese Frage lösen und Armin Laschet folgen. Söder gehört die rote Karte gezeigt. Er betreibt ein falsches Spiel. Und klar ist für mich auch, dass er im Falle seiner jetzigen Niederlage später, wenn es schiefgehen sollte bei der Bundestagswahl, den allein Schuldigen bei den anderen suchen würde, bei der CDU und bei Laschet. Motto: Ich habs Euch ja gesagt.
Und das alles geschieht mitten in einer Pandemie, in einer Zeit, in der es Wichtigeres zu regeln und zu bekämpfen gibt als Streitereien um Parteiposten. Es geht um Leben und Tod, um die Gesundheit von Millionen Menschen, um die Bewältigung gewaltiger Aufgaben nach der Pandemie. Den Egoisten aus Nürnberg mit Arbeitsplatz in München scheint das alles nicht zu interessieren. Er sollte sich schämen.
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