so fängt mein Brief an, den ich ihm seit ein paar Tagen schreiben will, aber nie geschrieben habe. Vielleicht schreibe ich den Brief demnächst wirklich doch. Denn der Bayern-Boss und seine Bundesliga-Kicker verdienen unsere Dankbarkeit und unser Mitgefühl. Sie geben Licht und Halt im Dunkel der Pandemie. Deshalb Schluss mit der Häme, wie sie auch von Alfons Pieper hier im „Blog der Republik“ ausgegossen wurde.
„Fußballer könnten als Vorbild einen gesellschaftlichen Beitrag leisten“, hatte Rummenigge ganz selbstlos formuliert. Pflichtmenschen, die auch in Corona-Zeiten Wochenende für Wochenende ihrer Arbeit nachgehen, während sich Normalbürger im Home-Office auf dem heimischen Sofa räkeln. Die Kicker herzen sich und knutschen nach jedem Tor … Welch schöne und wichtige Vorbilder. Sonst wüsste unsereins irgendwann später nach den endlosen LockDowns mit Abstand und Masken gar nicht mehr, wie das geht.
Und wenn ich Rummenigge schreibe, werde ich ihm ganz herzliche Grüße an seinen Angestellten Hansi Flick auftragen. Toll, wie der echte Experte Flick es den „sogenannten Experten“ vom Schlage eines Karl Lauterbach gegeben hat. Der hatte doch tatsächlich die Frechheit besessen, die Reise der Bayern zur Klub-Weltmeisterschaft in Katar zu bemäkeln: „Den Bürgern raten wir zu Recht von jeder unnötigen Reise ins Ausland ab, und der internationale Fußball setzt sich über diese Regeln einfach hinweg.“ Das durfte Flick nicht hinnehmen: „So langsam kann man die sogenannten Experten nicht mehr hören“. Denn: „die Reise nach Katar ist unser Job, unser Business, eine Sache, die wir machen müssen.“ Welch vorbildliche Berufsauffassung im Vergleich etwa zu Theater-Intendanten, Kneipen- und Restaurantbesitzern, die pflichtvergessen ihre Etablissements einfach nicht öffnen wollen, die also ihren Job nicht machen.
Und einen besonders wertvollen Gedanken steuerte der für seinen chronischen Tiefsinn berühmte Ex-Bayern-Kicker Stefan Effenberg bei: Der FC habe bei der Klub-WM „den deutschen Fußball und damit Deutschland insgesamt in einer herausragenden Art und Weise vertreten“. Wie richtig, möchte man Effe zurufen, denn wer von den Drückebergern, die einfach nur auf ihre Corona-Hilfen vom Staat warten, kann das schon von sich behaupten ?
Nochmal zurück zum Fußball-und-auch-sonst-Lehrmeister Hansi-Flick: Lauterbach, dieser „sogenannte Experte“, solle sich endlich mit seinesgleichen „zusammensetzen und wirklich mal eine Strategie entwickeln, dass man irgendwann mal wieder Licht am Ende des Tunnels sieht“. Wie leicht man das Licht anknipsen kann, haben die Bayern doch vorgemacht. Sie fliegen angstfrei um die Welt, und wenn sich tatsächlich mal einer, wie Thomas Müller, Covid fängt, wird er einfach mit dem Privatjet über alle Corona-Bestimmungen und Quarantäne-Pflichten des Gastlandes hinweg nachhause geflogen. Das kann doch nun wirklich nicht so schwierig sein.
Und nachdem wir nun alles mal richtig- und klargestellt haben, jetzt noch ein versöhnliches Wort an Karl-Heinz Rummenigge. Der war, wie es in den Corona-verseuchten Zeiten eben vorkommt, böswillig missverstanden worden. Wir erinnern uns: Rummenigge hatte vorgeschlagen, Profi-Kicker beim Impfen vorzuziehen. Diejenigen, die sich nun auch darüber echauffierten, konnte Rummenigge geradezu beschämen, konnte sein Gutmenschentum überzeugend demonstrieren. Er habe doch gemeint, dass Impfungen von Spielern „ein gutes Beispiel sein könnten, um den widerstrebenden Teil der Bevölkerung davon zu überzeugen“. So würden die vorneweg geimpften Kicker „einen gesellschaftlichen Beitrag leisten“. „Wenn dem so ist“, würde ich meinen Brief an den Gutmenschen Rummenigge beenden, „wenn dem so ist, schlage ich vor: Alle Ihre Fußballspieler stellen sich ganz, ganz hinten in der Schlange an. Denn die werden erst viel später gebraucht. Noch haben wir nämlich mehr Impfwillige als Impfstoff. Aber dann, wenn wir mit allen, die geimpft werden wollen, durch sind, dann schlägt die Stunde des FC Bayern. Dann, aber wirklich erst dann, kommen Ihre Kicker und lassen sich impfen – als Vorbilder für die vielen, die immer noch nicht wollen, die wir aber unbedingt brauchen, um die notwendige Herdenimmunität gegen Corona herzustellen. Denken Sie doch mal nach, verehrter Herr Rummenigge.“
Danke, Herr Lütgert. Sie haben mir aus dem Herzen gesprochen. Diese ganze Primadonnen – Truppe nervt mit ihrer Überheblichkeit.
Ich kann mich noch an eine Pollides-Umfrage aus dem Jahr 2017 oder 2018 erinnern, wo nach der Einschätzung der Befragten zu verschiedenen Vereinen gefragt wurde. Da wurde der FC Bayern von sehr vielen Menschen mehr als gesellschaftlicher Akteur denn als reiner Sportverein gesehen. Und sowas ist nicht unproblematisch, wenn man mit einem ungeheuer beliebten Produkt wie Fußball andere Botschaften transportieren kann, will oder muss.