Rund 650.000 Menschen sind bislang bei uns geimpft worden. Das ist in der Tat erst eine Minderheit aus der am meisten gefährdeten Gruppe. Deshalb breitet sich bei vielen große Ungeduld aus, denen es nicht schnell genug geht und die kritisch das Impftempo in unserem Land mit dem in einigen anderen Ländern vergleichen. Der erste gewiss kleine Schritt in die richtige Richtung ist indessen der wichtigste auf dem Weg zum Ziel, nämlich mindestens etwa 60 % aller Menschen in Deutschland zu impfen. Nur so kann nämlich die angestrebte Herdenimmunität erreicht werden.
Ein Wunder der Pharmaforschung
Bei allem Verständnis für die große Ungeduld gilt es sich in Erinnerung zu rufen, dass es beim Ausbruch der Pandemie vor rund einem Jahr noch kein Vaczin und Medikament gegen Covid 19 gab. Was die forschenden Pharma-Unternehmen seitdem zustande gebracht haben, grenzt wahrlich an ein Wunder. Bis heute sind die deutsche Firma Biontech aus Mainz, die mit dem Konzern Pfizer aus den USA zusammenarbeitet, und das amerikanische Unternehmen Moderna mit ihren Produkten am Start. Diese Firmen waren seit langem auf dem Feld der Biotechnologie aktiv und haben den Impfstoff auf der Basis von Messenger-RNA hergestellt. In der Regel dauert es bis zu 10 Jahren, die für die Erforschung und Entwicklung sowie Zulassung von Impfstoffen erforderlich sind. Ohne hohe Investitionen wäre das ohnehin nicht möglich. Und die Risiken, dass sich die Impfstoffe als nicht wirksam, verträglich und nachhaltig nach den schwierigen Erprobungen herausstellen, sind für manche Pharmafirmen nahezu unkalkulierbar.
Solidarische Aktion der EU
Es war sehr klug, dass die 27 Mitgliedsstaaten der EU bei den Vakzin-Bestellungen eine gemeinsame solidarische Strategie verfolgt haben. So hat die EU bisher unter anderem 300 Millionen Dosen bei Biontech geordert. Nun sollen weitere 300 Millionen geliefert werden; dafür wird das Mainzer Unternehmen seine Herstellung beschleunigen und etwa mit einem von Novartis gekauften Werk in Marburg ausweiten. So werden in diesem Jahr statt der zunächst geplanten 1,3 voraussichtlich rund 2 Mrd. Dosen von Biontech/Pfizer produziert. Seit dem 11. Januar kommen die Lieferungen von Moderna dazu; insgesamt waren 160 Millionen Dosen bei dieser Firma bestellt worden. Deutschland erhält aus dem EU-Kontingent mehr Impfdosen von Biontech und Moderna als zunächst vorgesehen.
Große Hoffnungen richten sich ebenso auf die Vakzin-Lieferungen der deutschen Firma Curevac aus Tübingen, bei der die EU 225 Millionen Dosen geordert hat. Curevac arbeitet inzwischen auch mit dem Chemie- und Pharma-Konzern Bayer aus Leverkusen zusammen, um die Infrastruktur aufzubauen und den Zulassungsprozess zu beschleunigen. Im 1.Quartal diesen Jahres soll die Phase 3 mit einem großen Panel von Probanden abgeschlossen werden, sodass spätestens ab April die Produktion des Curevac-Impfstoffs anlaufen kann. Große EU-Bestellungen wurden von der EU darüber hinaus auch bei AstraZeneca (ca. 56 Mio.), wo im Januar die Zulassung erwartet wird, und bei Johnson & Johnson 37 Mio. (Zulassung voraussichtlich im 1. Quartal 2021) platziert. Weitere Pharma-Firmen sind ebenfalls noch dabei, Covid-Impfstoffe zu entwickeln, bei denen jedoch noch unsicher ist, ob und wann diese von den Prüfungsbehörden zur Verimpfung zugelassen werden. Die Strategie der EU unter deutscher Ratspräsidentschaft war von Anfang an darauf ausgerichtet, die Pandemie europaweit zu bekämpfen. Das Virus kennt nämlich keine nationalen Grenzen. Deshalb sind wir Deutschen am besten geschützt, wenn auch die Menschen in unseren Nachbarländern gegen Covid 19 geimpft werden.
Schwierige Impf-Logistik und -Organisation
Auf jeden Fall wird es im Laufe des Jahres 2021 ausreichend Vakzine geben, die in Deutschland verimpft werden können. Die Bundesländer haben in Kooperation mit den Kreisen dafür die Logistik aufgebaut – mit großen Impfzentren und mobilen Impfteams. Dass es hier und da zu Beginn des großen Impfprozesses noch etwas ruckelt, sollte jedenfalls nicht überbewertet werden. Positive Erwartungen sind durchaus berechtigt, denn die Produktionsprozesse der Impfstoffhersteller werden kontinuierlich verbessert und bestehende Kapazitäten erweitert.
Die Arbeit der mobilen Impfteams in Alten- und Pflegeheimen sowie in Krankenhäusern ist zudem schwieriger als die Impfung in den großen Zentren. Diese wurden überall mit großer Akribie eingerichtet und funktionieren auch bereits recht gut, obwohl es in einigen Bundesländern noch das eine oder andere Problem gibt. Sobald ausreichend Impfstoff geliefert wird, werden auch die Hausärzte, die das höchste Vertrauen genießen, das Impfwerk beflügeln. Dabei werden Vakzine, bei denen die Tiefkühlung nicht minus 60 Grad sein muss, mehr und mehr zum Einsatz kommen. Derweil sind Virologen, Mediziner, Pharmakologen und andere Experten dabei zu erforschen, wie es um die Stabilität der Impfstoffe steht, wie lange die Wirkung anhält und inwieweit die Impfstoffe gegen Mutationen des Corona-Virus Schutz bietet.
AHA-Gebote weiterhin beachten!
Es ist ein schwieriger Wettlauf mit der Zeit und einigen Hindernissen. Mit jeder Impfung wird das Licht am Ende des Pandemie-Tunnels ein wenig heller. Bis die Willigen unserer Bevölkerung durchgeimpft sein werden, wird es noch dauern – bis zum Sommer diesen Jahres. Sicherheit, Sorgfalt und Vertrauen sind für diesen Impfprozess von besonderer Bedeutung. Denn die Zahl derjenigen, die ihre Ärmel nicht für das Impfen hochkrempeln und skeptisch abwarten wollen oder gar als Impfgegner und Querdenker Furore machen, ist zur Zeit immer noch erschreckend hoch. So werden wir bis weit in dieses Jahr hinein mit den Lockdown-Phasen, mit den AHA-Regeln (Abstand halten, Hygiene, Atemschutzmasken), Einschränkungen und Verantwortung gegen das gefährliche Virus weiterkämpfen müssen. Die täglichen Zahlen der Infektionsfälle, der Ansteckungsraten und der an oder mit Corona Gestorbenen Menschen sollten auf jeden Fall weiter zur Vorsicht mahnen und vor Leichtsinn warnen. Zugleich sollten sich alle darüber freuen, dass mit jeder Impfung das Licht am Ende des Corona-Tunnels heller wird.
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