Im letzten Jahr vor neuen Bundestagswahlen sollen Betriebsräte gestärkt und die Initiatoren neuer Betriebsräte besser geschützt werden. Dies sieht ein Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil vor, der sich gegenwärtig in der Ressortabstimmung befindet.
Obgleich das Gesetz auf der Seite der Betriebsräte und auf derjenigen ist, die einen Betriebsrat wählen wollen, wird es immer schwieriger, das Gesetz durchzusetzen. Vor vier Jahren hat die Hans- Böckler-Stiftung des DGB eine Untersuchung über die Behinderung von Beschäftigten vorgelegt, die einen Betriebsrat gründen wollen. Solche Manöver seien zwar nicht die Regel, wurde gefunden, aber auch keine Einzelfälle. Es gelte die Regel: Wo bereits ein Betriebsrat existiere, sei das Management aufgeschlossener. Die Ergebnisse stützen sich auf Aussagen der hauptamtlichen Angestellten der Industriegewerkschaft Metall, der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, die eigene Erfahrungen, Kontakte und Recherchen weiter gaben.
Die Einschüchterung möglicher Kandidaten und Kandidatinnen lag an der Spitze der Drangsale, gefolgt von Versuchen, die Bestellung eines Wahlvorstands zu verhindern bis zu Kündigungen von Kandidierenden. Beraten werden Unternehmensleitungen oft von Kanzleien spezialisierter Anwälte.
Erfahrung sagt, das Unternehmen mit Betriebsräten innovationsfreudiger sind. Die fast vergessene westdeutsche Strukturkrise des Jahres 1993 mit über 300 000 verlorenen Arbeitsplätzen wäre schlimmer ausgefallen und hätte länger gedauert, wenn nicht wie in vielen Fällen geschehen erfahrene Betriebsräte zusammen mit dem Management – also quasi als „Co-Management“ – vorhanden gewesen wären. Auch diese Tatsache ist heute weitgehend in Vergessenheit geraten.
„Wir wollen die Gründung und Wahl von Betriebsräten erleichtern“, hatten CDU, CSU und SPD in der Koalitionsvereinbarung beschlossen. Das wird nun eingelöst. Bis heute können in Betrieben mit wenigstens fünf und maximal 50 Beschäftigten vereinfachte Wahlverfahren angewendet werden – künftig gilt das auch für Belegschaften bis zu 100 Beschäftigten. Auch der Kündigungsschutz für Initiatoren von Betriebsratswahlen soll verbessert werden. Beschäftigte, die erstmals einen Betriebsrat gründen wollen, haben Schutz vor außerordentlicher Kündigung, wenn schriftlich zur Wahlversammlung eingeladen wurde; und auch nur für die ersten drei in der Einladung erwähnten Beschäftigten, die meist auch den Wahlvorstand stellen.
Erstens soll der Kündigungsschutz bereits ab dem Zeitpunkt gelten, zu dem Beschäftigte eine öffentliche und beglaubigte Erklärung abgegeben haben, dass sie gewillt sind, einen Betriebsrat zu gründen. Und zweitens gilt der Schutz nach dem Willen von Minister Heil künftig für sechs statt drei Personen. Die während der Corona-Krise geschaffene Möglichkeit, auch digital zu konferieren, wird für Betriebsräte Dauerrecht.
Eine der wichtigsten Neuerungen soll sein, dass Betriebstäte künftig über die Einführung von KI- Elementen im Betrieb ebenso mitberaten können wie über Arbeitszeiten, neue Verfahren und Organisation. Heil will auch im Gesetz haben, dass Betriebsräte nicht übergangen werden, wenn die Personalauswahl in der Zukunft mit Hilfe von KI stattfindet. Und schließlich werden die Rechte der Betriebsräte bei Qualifizierung und Weiterbildung gestärkt. Kein Wunder, dass sich Wirtschaftsrepräsentanten in der CDU/CSU- Bundestagsfraktion querlegen wollen. Wer sich sachkundig machen möchte, der findet verhältnismäßig wenig in den Medien zum Thema Stärkung des Betriebsrats. Aber das hat wohl eine Tradition, die währt, seit es Betriebsräte gibt – gut 100 Jahre.
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