Sicherheit geht vor Schnelligkeit. Das gilt für viele Entscheidungen, insbesondere für den Einsatz von Impfstoffen gegen das Corona-Virus. Die Ungeduldigen in Politik und Medien fordern mehr Tempo, setzen auf nationale Notfallgenehmigungen und werfen den Prüfern sogar vor, dass ihr Zögern zu vielen nicht nötigen Todesfällen führt. Seit März diesen Jahres haben Legionen selbsternannter Möchtegernexperten Hochkonjunktur, wenn es in dieser schier unberechenbaren Corona-Krise um Masken, Hygiene-Mittel, Arzneien, Impfstoffe, Lockdowns und vieles andere geht. Ihre Empfehlungen sind viel verwirrender und komplizierter als die Verkündigungen der Clique der Verschwörungstheoretiker. Diese leugnen alles rund um COVID 19 ab und versuchen es mit der Legende, dass Corona eine Erfindung des amerikanischen Milliardärs Bill Gates ist, der mit seinen Chips die Menschheit beherrschen wolle. Abstruser und verrückter geht’s nun wirklich nicht, doch zeigen manche Demos, das nicht wenige Zeitgenossen solchen Verschwörungsaposteln auf den Leim gehen und dabei Ängste vor Einschränkungen ihrer grundgesetzlich geschützten Rechte vorschieben.
Das Virus wütet weiter
Alle real verfügbaren Daten und Fakten spiegeln die heimtückischen Gefahren und Folgen des Corona-Virus überdeutlich wider. Trotz aller Gegenmaßnahmen steigen die Zahlen der infizierten Menschen und der Sterbefälle. Die Intensivstationen in den Krankenhäusern bieten kaum noch freie Betten. Ärzte, Krankenschwestern und Pflegepersonal arbeiten im Kampf um das Überleben zig-tausender infizierter Menschen am Anschlag. Mit dem neuen Lockdown soll alles versucht werden, die sich anbahnende Katastrophe zu verhindern. Dabei geht es um die Unterbrechung der Infektionsketten, die Verringerung der Inzidenzfälle, die Einhaltung der Leistungsgrenze unseres Gesundheitssystems und vor allem um die Rettung von Menschenleben.
Die große Hoffnung wird auf die Impfstoffe gesetzt, um damit Corona zu besiegen. In den USA, Kanada und Großbritannien gab es bereits jüngst Notfallgenehmigungen der nationalen Institutionen. Die ersten Impfungen finden dort ab sofort statt. In Russland und in China werden ebenfalls bereits seit einiger Zeit Stoffe verimpft, über deren Wirkung und Sicherheit hierzulande wenig bis nichts bekannt ist; selbst impfsüchtige Germanen sind deshalb wohl auch nicht nach Moskau oder Peking gereist, um die ersten Impflinge zu sein.
Vorrang für Sicherheit
Mehr oder weniger geduldig müssen wir das Urteil der EMA (European Medicines Agency) abwarten. Diese Agentur prüft den Impfstoff von Biontech, der so schnell aus früher erforschten und entwickelten Wirkstoffen entwickelt wurde, auf der Grundlage der Ergebnisse in der Phase 3 mit über 40.000 Probanden. Die Experten der EMA legen dabei ein Tempo vor, wie es zuvor niemals üblich war. Bei den Tests, deren erste Ergebnisse im November vorhanden waren, ergab sich eine Wirksamkeitsrate von 95 % zum Schutz vor der Erkrankung mit Corona. Bis zum 21. Dezember oder spätestens bis zum 29. Dezember will die EMA eine Empfehlung abgeben. Danach wird die EU-Kommission über die Zulassung des Vakzins von Biontech und Pfizer entscheiden. Denn die Daten mit den Ergebnissen der Impfung von rund 40.000 Probanden müssen zeigen, dass die Vorteile des Impfstoffs die möglichen Nachteile und Risiken deutlich überwiegen. Dasselbe Procedere wird es auch bei den anderen Impfstoffen, die die Bundesregierung bestellt hat, geben.
Die Bundesregierung und die meisten EU-Partner haben auf den Weg der bedingten Zulassung gesetzt und eben nicht eine Notfallzulassung bevorzugt. Safety first – das ist gerade auf diesem sensiblen Feld von größter Bedeutung. Denn die Impfgegner sind mit ihren Warnungen und Mahnungen bereits lautstark unterwegs und haben viele Menschen stark verunsichert. Umfragen zufolge wollen sich in Deutschland gerade einmal 50 bis 60 % der Einwohner impfen lassen. Selbst in Krankenhäusern, Pflege- und Altersheimen ist eine große Skepsis bis Ablehnung zu registrieren. Eine Impfpflicht wird es nicht geben.
Impfen ab Weihnachten?
Die Vorbereitungen für eine bundesweite Impfkampagne laufen auf Hochtouren und sind bereits weitgehend abgeschlossen. Die Auslieferung der produzierten Impfdosen kann sofort erfolgen. Das Paul Ehrlich-Institut testet die Vakzin-Chargen stichprobenartig, bevor sie zum Einsatz gelangen. Sie werden an die 440 speziell eingerichteten Zentren in den Kreisen ausgeliefert und dort verimpft. Mit Impfmobilen werden Alten- und Pflegeheime angefahren. Impfärzte und weiteres Personal stehen Gewehr bei Fuß. Die StiKo (Ständige Impfkommission) und der Ethikrat haben längst die Reihenfolge für die Impfung vorgesehen, nämlich in vorderster Reihe die besonders vulnerablen Gruppen mit den älteren Menschen und dem Personal im Gesundheits- und Pflegebereich, danach mit Personen, die in wichtigen staatlichen Funktionen tätig sind. Die Impfkosten werden vom Staat bezahlt.
Großes Vertrauen gefordert
Alle für die anstehende Impfaktion Verantwortlichen haben mit der größten Vorsicht, Sensibilität und Expertenbegleitung diesen Kampf gegen das Corona-Virus vorbereitet. Das verdient ein hohes Vertrauen bei den Menschen in unserem Land, die in den kommenden Monaten zur Impfung anstehen. Wenn auch niemand dazu verpflichtet wird, so sollte dennoch jedem klar sein, dass der Weg zurück in die Normalität für alle insbesondere nur mit dem Vakzin möglich sein wird. Mit Ablehnung und Leugnung wird es keine Immunisierung geben und kein Sieg über das Virus zu erreichen sein. Die AHA-Regeln müssen wir alle ohnehin noch lange einhalten.
Bildquelle: Pixabay, Bild von Alexandra_Koch, Pixabay License