Der langjährige frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Hans Wallow hat die Entscheidung des Haushaltsausschusses des Bundestages begrüßt, 15 Millionen Euro zur „Umsetzung eines Ausstellungskonzeptes“ zur „Landshut“ zur Verfügung zu stellen. „Landshut“ ist der Name der 1977 von palästinensischen Terroristen entführten Lufthansa-Maschine. Allerdings bezeichnete Wallow im Gespräch mit dem „Blog-der-Republik“ das als möglichen Ausstellungsort genannte Friedrichshafen am Bodensee als „völlig falsch, weil nur regionalpolitisch gedacht“. Die Region um den Bodensee sei zwar touristisch schön, beinahe einmalig mit der dahinterliegenden Schweiz, aber es sei eine Randlage. Für Wallow kommt nur ein Ort infrage: „Die Bundesstadt Bonn. Dort ist das Haus der Geschichte, dort gehört die „Landshut“ hin“.
Der SPD-Politiker plädiert für einen Standort in der Rheinaue, ein paar hundert Meter vom Haus der Geschichte entfernt. Hinter dem Gebäude der Deutschen Welle sei Platz genug für eine solche Ausstellung, zu der neben der alten Boeing-Maschine auch die Geschichte der RAF zählt, der deutsche Herbst und ein Politiker mit Mut, Weitsicht und Entschlusskraft, nämlich Bundeskanzler Helmut Schmidt(SPD), der in den 70er Jahren die Bundesrepublik durch diese schwere Zeit geführt habe.
Auch das Leben und Wirken von Hans-Jürgen Wischnewski, Ben Wisch genannt, der damals die Befreiung der Geiseln durch die GSG 9 managte, sollte in einer solchen Ausstellung gewürdigt werden. Auch der Opfer der RAF-Anschläge, sollte hier gedacht, ihr Leben und Wirken geschildert werden. Architektonisch denkbar wäre laut Wallow eine Art Glaspavillon, der zudem den Park Rheinaue thematisch bereichern würde.
Wallow, der damals Leiter der politischen Analyse im Bundespresseamt war und heute Vorsitzender des internationalen Globus Club e.V. ist, hat sich mit entsprechenden Schreiben mit der Bitte um Unterstützung seines Plans an eine ganze Reihe von führenden Mitgliedern der SPD, CDU, der FDP und der Grünen gewandt, darunter an die zuständige Kultusstaatsministerin Monika Grütters(CDU), an die Fraktionschefs von SPD, Rolf Mützenich, und der CDU, Ralph Brinkhaus, an den FDP-Chef Christian Lindner, an den SPD-Parteivorsitzenden Norbert Walter-Borjans, an NRW-Ministerpräsident Armin Laschet(CDU) sowie dessen Stellvertreter, Joachim Stamp(FDP) und an die neue Bonner Oberbürgermeisterin, Katja Dörner(Grüne). In der Tat hat Friedrichshafen mit dem Thema Landshut und RAF genauso wenig zu tun wie der auch mal als möglicher Strandort genannte Flughafen Tempelhof. Auch das in Berlin-Gatow angesiedelte militärische Museum der Bundeswehr passt als Ort eines solchen Ausstellungsstücks nicht. Denn die Bundeswehr war an der Befreiung der Geiseln nicht beteiligt, das war die GSG 9, eine Spezialeinheit der Bundespolizei zur Bekämpfung von Schwerst- und Gewaltkriminalität, sie ist zudem eine Antiterroreinheit, die nach dem Anschlag auf die Olympischen Sommer-Spiele in München 1972 gegründet wurde. Der Haupt-Standort der GSG 9 war damals und ist heute St. Augustin bei Bonn, die Einheit hat auch einen Standort in Ber lin.
Die Politik der 70er Jahre würde in einer solchen Ausstellung zum Thema gemacht werden, das Entstehen des Terrorismus, der Anschlag 1972 durch Mitglieder des Schwarzen September auf die israelische Olympiamannschaft, die gescheiterte Befreiung der Geiseln, der Tod der Israelis, die RAF-Anschläge und Morde u.a. am Bankier Jürgen Ponto, Generalbundesanwalt Siegfried Buback, an Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer. Zu nennen sind weiter die Opfer Zimmermann, Beckurts, Herrhausen, Rohwedder, Braunmühl, die getöteten Sicherheitsbeamten Schleyers, die RAF-Bande mit Baader, Meinhof, Ensslin, Raspe und viele andere. Das Leben von BKA-Chef Horst Herold gehört hierher, eine Serie von Sprengstoffanschlägen. Es waren schwierige Jahre, unsichere Jahre, weil vielfach Furcht vor neuen Anschlägen umherging. Nicht ohne Grund sprach man vom deutschen Herbst.
Und dann der Komplex um die Entführung der „Landshut“, ein abendfüllendes Thema. Die Maschine mit 81 Passagieren wurde am 13. Oktober 1977 auf dem Flug von Mallorca nach Frankfurt von Terroristen entführt, um einsitzende deutsche Terroristen freizupressen. Das lehnte der Kanzler Helmut Schmidt ab, aber er tat das nicht allein, sondern es gab, wenn man so will, ein politisches Kabinett, in dem auch Oppositionschef Helmut Kohl saß, um über die Forderungen der Terroristen mitzuentscheiden. Die Maschine irrte dann tagelang durch den Nahen Osten und landete schließlich in Mogadischu. Die Palästinenser erschossen zuvor Flugkapitän Jürgen Schumann, sein Copilot Jürgen Vietor musste die Landshut weiterfliegen. Die Geiseln mussten fünf Tage und Nächte in der Maschine ausharren. Eine GSG-9-Einheit erstürmte die „Landshut“ schließlich am18. Oktober. Eine besondere Rolle spielte dabei die ruhige und entschlossene Stewardess Gabriele von Lutzau. Und nicht zu vergessen „Ben Wisch“, der nach der erfolgreichen Befreiung des Flugzeugs Helmut Schmidt in Bonn anrief und dem Kanzler kurz mitteilte: „Die Arbeit ist getan.“. Die Geiselnahme hatte ein Ende, aber ein Tag später wurde Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer von einem RAF-Killerkommando ermordet.
Später, Anschlag und Befreiung waren Geschichte, wurde die Landshut repariert, die Löcher im Flugzeug, entstanden durch Schüsse der Terroristen, wurden geflickt, die Maschine war wieder flugtauglich und flog weiter bis Mitte der 80er Jahre. Aber irgendwann verschwand sie aus der Lufthansa-Flotte. Sie diente als Frachtmaschine, wurde entkernt und landete auf einem Flugzeugfriedhof im brasilianischen Fortalezza, wo sie ihrer Verschrottung entgegendämmerte. Jürgen Vietor verlor dieLandshut“ nie aus den Augen, über Netzwerke von Luftfahrtexperten blieb er unterrichtet über seine Maschine, die er damals geflogen hatte mit der Pistole eines Terroristen am Kopf. Der Journalist und Historiker Martin Rupps sowie die schon erwähnte Stewardess Gabriele von Lutzau brachten schließlich den Gedanken einer Heimführung der Maschine ins Gespräch. Und es war der damalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel(SPD), der das Projekt „Landshut zurück nach Deutschland“ zur Chefsache machte. Und so kam die Landshut 40 Jahre nach Entführung und Befreiung wieder nach Hause, mit abmontierten Flügeln in einer alten ehemaligen russischen „Antonov“. Seitdem steht sie in Friedrichshafen, neben dem Dornier-Museum. Ein geplantes Museum, das sogar im Koalitionsvertrag festgelegt ist, kam aber bisher nicht zustande.
Seitdem wartet die Maschine in Friedrichshafen auf ihre letzte Reise. Sigmar Gabriel wollte ursprünglich das Dornier-Museum in Friedrichshafen als letzte Stätte für das Wrack der Landshut, doch dem damaligen Museumsdirektor, David Dornier, Enkel des Flugzeugbauers Claude Dornier, waren die Betriebskosten zu hoch. Und auch die Kultusstaatsministerin Grütters zuckte die Schultern wegen der Kosten. Doch die Kostenfrage dürfte durch den Beschluss der Bundestags-Haushälter gelöst sein. Eine Entscheidung könnte also bald fallen. Noch einmal Hans Wallow: „Wer sich mit der Geschichte der Bundesrepublik befasst und diese Zeit erlebt hat, kann nur für den Standort Bonn plädieren. Ich habe damals den Kanzler Helmut Schmidt und all die anderen erlebt, die in diesen Jahren politisch aktiv waren und etwas zu sagen hatten. Das waren nicht ganz einfache Zeiten, die aber gelöst wurden, auch weil die führenden Politiker entschlossen handelten. Und das alles geschah nicht am schönen Bodensee, sondern in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn. Lebten Schmidt und Kohl noch, sie würden für Bonn als Ausstellungsort der „Landshut“ stimmen.“