Die EU hat mit den USA eine transatlantische Freihandelszone nicht zustande gebracht. Die USA brachen die Verhandlungen über eine paritätische Freihandelszone ab. Präsident Donald Trump lehnte multilaterale Bündnisse vollends ab. Er wollte sich den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) auf keinen Fall beugen. „America first“ – dieser Devise folgte er geradezu blindlings und verfolgte viele Wirtschaftspartner mit seiner wilden Zollpolitik. Dabei ging Trump gegen Freund und Feind ohne jeden Sinn und Verstand vor und profilierte sich als Elefant im globalen Wirtschaftsladen. Sein Nachfolger Joe Biden steht vor der Herkulesaufgabe, das zerstörte Porzellan wieder einigermaßen herzurichten.
Ein Sieg von Xi Jinping
Derweil haben China und 14 andere Staaten der Asien-Pazifik-Region ver- und gehandelt; Sie einigten sich auf die Schaffung der größten Freihandelszone RCEP; die Buchstaben stehen für Regional Comprehensive Economic Partnership, also für eine „regionale, umfassende Wirtschaftspartnerschaft“. Chinas Präsident Xi Jinping, seit langem Vorreiter der globalen und multilateralen Kooperation, kann dieses neue Bündnis als großen Sieg feiern. Dieser Freihandelspakt von 15 Staaten mit mehr als 2,2 Milliarden Menschen erstreckt sich auf Länder, die mit 26 Billionen US-Dollar etwa 30 % der Wirtschaftsleistung der Welt erwirtschaften. Für Japan und Südkorea ist RCEP der erste Freihandelsvertrag mit der Volksrepublik China.
Indien war bis vor einem Jahr in die RCEP Verhandlungen eingebunden, dann jedoch ausgestiegen. Die Staaten dieses Handelspakts halten jedoch die Tür für Indien weiterhin offen. Doch niemand wagt vorauszusagen, ob Indiens Regierungschef Narendra Modi das Angebot annehmen wird. Er fürchtet sich vor allem vor der Konkurrenz aus China. Zudem haben sich die politischen Spannungen zwischen diesen beiden Staaten in der letzten Zeit wieder deutlich verschärft. Neben China wird vor allem Japan in diesem Freihandelspakt RCEP eine wichtige Rolle spielen. China ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, Japan die drittgrößte. Das Außenhandelsvolumen der 15 RCEP-Staaten beläuft sich auf weit über 12 Billionen US-Dollar.
USA und EU im Abseits
Sowohl für die amerikanische als auch für die europäischen Volkswirtschaften dürften sich die Wettbewerbsbedingungen in der asiatisch-pazifischen Region in Zukunft verschlechtern. Die Regeln des Außenhandels werden dort wohl dominierend von China sowie auch von Japan bestimmt. Auch in der WTO wird RCEP eine führende Rolle spielen, wenn es um Zölle, Kontingente oder ähnliche Themen gehen wird. Die EU verhandelt inzwischen seit rund 15 Jahren mit den ASEAN-Staaten über ein Freihandelsabkommen, doch bislang ohne echten Erfolg. Lediglich mit Vietnam und Singapur kamen bilaterale Abkommen zustande.
Der jetzt beschlossene RCEP-Vertrag soll im nächsten Jahr von den einzelnen Mitgliedsländern ratifiziert werden. Damit werden Zölle auf 90 % der Außenhandelswaren abgeschafft und weitere Handelsrestriktionen beseitigt. Außerdem werden zwei Drittel des Dienstleistungssektors vollständig liberalisiert. Davon werden alle Mitgliedsländer profitieren. Zudem setzen sie darauf, dass chinesische Unternehmen stärker als bisher schon in den anderen RCEP-Staaten investieren, um dort Fabriken aufzubauen und Arbeitsplätze zu schaffen.
EU ohne Zukunftsstrategie
Angesichts des neuerlichen Paukenschlags in der asiatisch-pazifischen Region sind die USA und die EU herausgefordert, selbst in die Offensive zu gehen. Dafür reicht es nicht, über die geopolitischen Ambitionen und weltwirtschaftlichen Erfolge Chinas wehleidig zu klagen oder gar neue Hürden und Restriktionen zu ersinnen. Vielmehr gilt es, die Kooperation der EU mit China weiter auszubauen, ein Freihandelsabkommen mit den pazifischen Staaten zu erreichen und insbesondere auch die einst gescheiterte transatlantische Wirtschaftszone doch bald zu realisieren. Viel zu lange hat die EU gezögert, keine Zukunftsstrategie verfolgt und ist damit ins Hintertreffen geraten. Es bleibt zu hoffen, dass die RCEP-Partnerschaft wie eine Bombe in Brüssel einschlägt und die EU-Regierungen endlich zu Aktivitäten treibt, um mehr Eigenverantwortung auf vielen Feldern der Weltpolitik zu übernehmen. Die Chancen dafür werden immer geringer.
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Sehr geehrte Redaktion,
ich lese in diesem Beitrag leider nicht, dass im diesem ASEAN-Freihandelsabkommen die Themenbereiche
Arbeitnehmerschutz und Umweltschutz a u s g e s p a r t wurden. Warum wohl?!
Sind die Themen des Umweltschutzes und Arbeitnehmerschutzes für die Freihandelsbefürworter irrelevant?
Sind die vielfach negativen Auswirkungen solcher Freihandelsverträge für den ‚Globalen Süden‘ irrelevant?
Helmut Gelhardt, 56566 Neuwied
Sprecher Gerechter Welthandel der KAB DV Trier und der KAB LV RLP