Benjamin Netanjahu nutzt die Gunst der Stunde und will die Voraussetzungen für eine stabile Regierung der rechten und der orthodoxen Parteien schaffen. Die Verunsicherung der Bevölkerung durch die Eskalation der Gewalt im Juli 2014 durch die Raketenangriffe der Hamas und dem harten militärischem Vorgehen Israels in Gaza begünstigt die Politik von Hardlinern wie Netanjahu und der rechten sowie extrem religiösen Parteien.
Am vergangenen Dienstag kündigte der Premier Netanjahu also Neuwahlen an und gab gleichzeitig die Entlassung der beiden, bei ihm so unbeliebten, Vertreter der politischen Mitte Finanzminister Yair Lapid und Justizministerin Tzipi Livni bekannt. In der Öffentlichkeit wird dieser überraschende Schritt sehr unterschiedlich bewertet. Klar ist, dass er diese Regierung nicht länger will (und eigentlich nie wollte). Auch wenn die Begründungen des Premiers eher schwach wirken, so steckt doch Berechnung dahinter. Netanjahu hofft auf die Hilfe der ultraorthodoxen Parteien, um eine neue Regierung nach seinen Gusto im kommenden März zu bilden.
Bibi duldet keinen Widerstand
Vor allem die Diskussion um den rassistischen Gesetzesentwurf des Jüdischen Nationalstaats, der Nation State Bill, hat gezeigt, dass Netanjahu innerhalb der aktuellen Regierung auf Widerstand stieß. Und das ist etwas, was Bibi , so sein landläufig, nicht aber immer freundlich gemeinter Spitzname, nicht duldet. Eine neue rechte Regierung muss her, um die Politikziele der Hardliner nunmehr ohne Widerstand innerhalb der Regierung durchzusetzen. Doch ein Problem könnte Netanjahu den Wahlkampf etwas erschweren: Er hat wenig Überzeugendes geleistet die immer noch gegenwärtige Bedrohung durch die Hamas, eine latent angespannte Stimmung in Jerusalem. Und die sozialen Missstände, die 2011 über 150.000 Israelis auf die Strasse brachten, sind entgegen den Versprechungen nicht im Ansatz behoben. Dennoch wird es für die Arbeiterpartei unter der Führung von Isaac Herzog & Co. schwer, um Benjamin Netanjahu das nur allzu sehr mißbrauchte Regierungszepter aus der Hand zu nehmen.
Und das, obwohl durch die verschlechterten Beziehungen zu den USA und die heftige Kritik aus ganz Europa Netanjahu im Kreuzfeuer der Kritik bei vielen Israelis steht. Insgesamt stützen immer weniger Israelis seine Politik. Er richtet das Land weiter zu Grunde , hört man z.B . in Tel Aviv an der Kasse im Supermarkt oder in den Cafes. Der Ärger wird größer. Und auch die kostspieligen Neuwahlen machen die Regierung Netanjahus nicht sympathischer. Doch viele sehen die Neuwahlen auch als Gelegenheit. Die sozialen Netzwerke sind gefüllt mit Aufrufen zur Verteidigung der Demokratie, welche Netanjahu, so die Kritiker, nur zu gern mit Füßen tritt. Gerade der Nation State Bill macht deutlich, welch gefährliche Richtung Netanjahu und seine Mitstreiter einschlagen.
Linke Regierung ist eher utopisch
Doch auch wenn immer mehr an Netanjahus Kompetenz zweifeln, so konnte er bisher immer erfolgreich eine Regierungskoalition initiieren. Der momentan wahrscheinlichste Ausgang ist der einer ultraorthodoxen Regierung. Eine linke Regierung ist zur Zeit eher utopisch. Aber selbst wenn Isaac Herzog zum Zuge kommen würde, wären ihm die Hände gebunden, da die rechten und orthodoxen Knesset-Abgeordneten nie diplomatische Verhandlungen mit den Palästinensern zulassen würden. Somit stellt sich die Frage nach einem alternativen, progressiven Ansatz: Welchen Weg müsste Israels Politik nach dem Postulat des Friedens einschlagen? Lediglich eine größere Beteiligung der arabischen Wähler und eine stärkere Miteinbeziehung in die politischen Entscheidungen könnten den entscheidenden Fortschritt und einen demokratischen Ausgleich bewirken.
Das wird aber unter einer Regierung der Hardliner nie passieren.
Bildquelle: Wikipedia, Benjamin Netanjahu on September 14, 2010.jpg: US State Dept. derivative work: TheCuriousGnome
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