Wiederholt sich Geschichte, obwohl stets und ständig festgestellt wird, dass sich Geschichte nicht wiederholt? Wir seien weiter als die Altvorderen, wird gesagt. Stimmt ja auch, freilich nicht in allen lebens- beziehungsweise überlebenswichtigen Dingen.
Die Europäische Union hat keine gemeinsame, von allen Mitgliedern getragene Flüchtlingspolitik. Im Gegenteil. An der Flüchtlingsfrage scheiden sich die Geister. Beziehungsweise an der Aufgabe, Menschen aus anderen Ländern, oft an eine unvertraute Religion Glaubende und mit abweichenden Wertekanons in den Köpfen aufzunehmen. Man möchte Flüchtlinge schon aufnehmen, aber dann bitte welche, die dem ansässigen, traditionellen kulturellen „Kontext“ entsprechen. Kinder aus christlichen Familien – ja. Kinder aus muslimischen Familien lieber nicht. Das ist nicht überall so, aber in manchen Ländern. War das schon immer so?
Am 6. Juli vor 82 Jahren begann in französischen Evian, im Hotel Royal eine zehntägige Konferenz aus Vertretern von 32 Staaten. Evian kennen viele wegen des Tafelwassers mit demselben Namen und einige werden sich daran erinnern, dass die deutsche Fußball- Nationalmannschaft 2016 einige Wochen im Evianer Hotel Ermitage untergebracht war, um sich auf die Europameisterschaft in Frankreich vorzubereiten (am 9.Juli war dann Schluss im Spiel gegen die Equipe de France, gegen die „les Bleus“).
Der us- amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt hatte 1938 die 32 Staaten zusammengebracht (Deutschland, Italien und die UdSSR waren nicht angereist), weil er eine internationale Lösung für die rund 500 000 gedemütigten, verängstigten, verlassenen jüdischen Frauen, Kinder und Männer erreichen wollte, die von den Nazis in Deutschland und Österreich zusammen getrieben worden waren und die die Nazis irgendwie los werden wollten. Der Publizist Dr. Jörn Thies hat über die Konferenz zu Evian ein lesenswertes Buch geschrieben: “Evian 1938. Als die Welt die Juden verriet.“ 2018 in dritter Auflage im Klartext Verlag erschienen, Euro 18,95.
Die Konferenz schließt mit Resolutionen. Einige Tausend gefährdete Menschen werden aufgenommen, die meisten müssen im deutschen Reich bleiben. Thies beschreibt sehr anschaulich, dass damals bereits die inneren Verhältnisse in den beteiligten Staaten – Wirtschaftskraft, ablehnende Einstellungen in der Bevölkerung, eine „Überdehnung der Kräfte“ und anderes – als Gründe angeführt wurden, um für die Juden die Schlagbäume unten zu halten. Das waren keine Fremden, sondern das waren deutsche und vor allem österreichische Staatsbürger, Nazi- Propagandisten jubelten jedenfalls: Keiner will sie. Also Wiederholung von Geschichte? „Wahrscheinlich“, schreibt Thies, „wird hinter verschlossenen Türen europäischer Konferenzsäle heutzutage streckenweise genauso argumentiert wie damals.“ Die humanitär begründete Entscheidung der Bundesregierung und der Kanzlerin von 2015, die Grenzen nicht zu schließen, habe „Evian noch mal ins Rampenlicht zurück“ geholt. Ein Jahr später 1939 herrschte Krieg in Europa. Davon sind wir 82 Jahre später weit weg.
Bildquelle: Pixabay, Bild von Thomas Meier, Pixabay License
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