Interview – mit Lara Scherzinger, 19 Jahre alt, aus Konstanz, der ersten Stadt im „Klimanotstand“:
M. B.: Bevor die fff-Bewegung losging – was dachtest und fühltest du, was Klima und Umwelt betrifft?
L. Sch. : Bevor sich Berührpunkte mit unserem Klima und unserer Umwelt entwickelten, hatte ich nicht viel mit dem Thema zu tun. Ich wusste, dass ich mich gerne in der Natur aufhalte und dass wir diese schützen müssen, ich fand es schlimm Tiere zu essen, dies aber eher aus ethischen Gründen. Das Thema bekam Aufmerksamkeit von mir durch die Verschmutzung der Meere vor allem durch Plastikmüll. Ich war schockiert über die Fakten wie lange Plastik braucht, um zu verrotten und dass es nicht wie angegeben recycelt wird sondern im Meer landet. Ich war sehr traurig über die Tiere, die an Plastikteilen sterben und ich fand es sehr bizarr, dass wir Menschen so viel Plastik verwenden und es einfach wegwerfen, obwohl es sogar uns selbst wieder bedrohen kann, sowohl im Grundwasser als auch in unseren Lebensmitteln.
M.B.: Wie hat sich deine Erkenntnis entwickelt?
L. Sch.: Heute fühle ich eher Wut und Angst, wenn ich auf Unverständnis in der Gesellschaft treffe oder sehe was die Politik tut oder vielmehr nicht tut. Ich bin nervös, wenn ich an meine und die von uns aller Zukunft denke und spüre sofort den Tatendrang etwas gegen die fortschreitende Erderhitzung zu unternehmen. Ich möchte etwas dafür tun die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Gleichzeitig fühle ich mich hilflos, denn nun ist es ein Jahr her, seit die fff-Bewegung losging und was hat sich getan? Gefühlt nichts.
M.B.: Was hat dieses entgrenzte Wachstum unserer globalen Wirtschaft alles an Schäden verursacht, wer ist eigentlich verantwortlich?
L. Sch.: Unsere Gesellschaft ist geprägt von Konsum, in der Wirtschaft heißt das Gewinnmaximierung. Es wird nicht mehr lokal produziert und unter keinen fairen Arbeitsbedingungen, möglichst billig eben. Die Macht des Geldes erobert den Markt der Wirtschaft und die Konsumenten. Die Jagd nach Schnäppchen ist viel zu verlockend und die Anerkennung äußerlicher Werte viel zu wichtig. Die Schuld möchte ich dabei auf keinen persönlich schieben, denn das bringt uns nicht weiter und dabei spielen viele Faktoren eine Rolle, die Entwicklung der Gesellschaft, was wurde und wird nachgefragt und natürlich den Einfluss des Staates, der Politik. Schärfere Richtlinien und Gesetze für die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens, der Wink in eine andere Richtung und Bildungslücken.
M.B.: Inzwischen gehen die Friday-Kids ja in kleineren Gruppen auch in die Supermärkte, und schauen sich gemeinsam mit dem Geschäftsführer das Waren-Sortiment an, und unterhalten sich freundlich mit ihm, welche Plastik-Gegenstände wegfallen können.
L. Sch.: Es ist immer super bei sich im Privaten anzufangen, auf etwas zu verzichten, sich nach Alternativen umzuschauen. Aber wir sind an dem Punkt, an dem das nicht reicht. Wir brauchen eine wirtschaftliche und politische, ja eine strukturelle Veränderung, um die 1,5 Grad Grenze des Pariser Klimaabkommens einzuhalten.
M.B.: Neulich standen Plastik-Zahnbürsten und Zahnpasta in Tuben auf der Tagesordnung. Was könnten die End-Verbraucher gemeinsam vorschlagen, damit unverrottbares Plastik – immerhin aus Erdöl – eingespart wird?
L. Sch.: Es gibt schon viele Alternativen zu Zahnbürsten und Zahnpasta. Zahnbürsten aus Bambus oder noch besser aus Holz sind schon jetzt sehr beliebt. Dabei sind auch Zahnputzaufsätze aus recyceltem Plastik für elektrische Zahnbürsten auf dem Markt. Anstelle von Zahnpasta benutzen viele von uns Zahnputztabs ohne Verpackung aus dem Unverpackt-Laden oder mit biologisch abbaubarer Verpackung. Es gibt auch andere feste Zahnpasten am Stück. Aber wie gesagt, es reicht nicht aus von einer Plastikzahnbürste auf eine Holzzahnbürste umzusteigen, es braucht Größeres um das Pariser Klimaschutzabkommen und die 1,5 Grad Grenze einzuhalten, wie strengere Gesetze und eine wirtschaftliche Umstrukturierung.
M. B.: Welche Gebrauchs-Gegenstände hältst du in einem Leben für sinnvoll?
L. Sch.: Das muss auf jeden Fall jede*r für sich entscheiden, ich finde jede*r sollte bewusst konsumieren, das heißt überlegen, brauche ich das Produkt wirklich und was bedeutet das für unser Klima und unsere Umwelt. Wo ist meine persönliche Grenze?