Der Weg der jungen Leute, die an den Freitagen für die Zukunft streiten, ist steinig und lang. Noch arbeiten sich die Kritisierten an der Form des Protests ab, noch setzen sie sich nicht mit dem Anliegen auseinander. Das ist der Kern. Der Klimawandel ist ein seit Jahrzehnten brennendes Problem, und ebenso lang ist die Zeit der Ignoranz. An großen Worten fehlt es nicht, an Gipfelvereinbarungen und Besserungsversprechen herrscht kein Mangel. Doch das notwendige nachhaltige Handeln bleibt aus.
Die schwedische Schülerin Greta Thunberg fordert von den Entscheidungsträgern mehr Konsequenz, mehr Rigorosität, mehr Verantwortung für den Planeten und die nachkommenden Generationen. Das ist mutig und so überzeugend, dass es viele Jugendliche ihr gleichtun. Unter dem Slogan „Fridays for Future“ demonstrieren sie in wachsender Zahl und mit zunehmender öffentlicher Aufmerksamkeit.
Sie machen die in unseren Breiten noch weitgehend abstrakten Szenarien der Erderwärmung konkreter. Sie sind es, deren Zukunft auf dem Spiel steht. Sie fordern einen auch in zwanzig oder dreißig Jahren noch bewohnbaren Erdball. Das ist ihr gutes Recht und weiß Gott nicht zu viel verlangt. In den Worten von Greta Thunberg: „Ihr sagt, Ihr liebt Eure Kinder über alles. Und doch stehlt Ihr vor ihren Augen ihre Zukunft.“
Beim Weltklimagipfel im Dezember im polnischen Katowice machte die Klimaaktivistin erstmals international von sich reden. „Euch gehen die Ausreden aus und uns die Zeit“, sagte sie dort für die Nichtregierungsorganisation „Climate Justice Now“. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos warnte sie: „Unser Haus brennt.“ Jetzt sei nicht die Zeit für Höflichkeiten und darauf zu achten, was man sagen darf und was nicht. „Nun ist die Zeit, Klartext zu sprechen. So wie die Klimakrise die größte und komplexeste Herausforderung ist, der die Menschheit je gegenüberstand, so einfach ist die Lösung, dass sogar ein kleines Kind sie versteht. Wir müssen den Ausstoß von Treibhausgasen stoppen.“
Die Schülerin wählt einfache Worte, argumentiert moralisch und unerschrocken. „Wir können nicht mehr warten, bis wir erwachsen sind und das Sagen haben“, sagt sie beispielsweise, und: „Wir wissen, dass die meisten Politiker nicht mit uns reden wollen. Gut. Wir wollen auch nicht mit ihnen reden. Wir wollen, dass sie stattdessen mit den Wissenschaftlern reden und ihnen zuhören.“
Die kritisierten Politiker reagieren verständnislos bis überheblich auf den ebenso schlichten wie eindringlichen Protest. Die Schulen in NRW erhielten eine „Dienstanweisung“, die Einhaltung der Schulpflicht zu gewährleisten. Das Ministerium milderte die Bezeichnung der Maßnahme zu einem „Brief“ ab, doch die Stoßrichtung gegen unliebsame Demonstrationen vor dem Landtag in Düsseldorf blieb die gleiche. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) brachte auf der Weltsicherheitskonferenz finstere Mächte des Internets ins Spiel, die sie hinter den Jugendlichen wähnt, und rief dabei Erinnerungen an die Zeit der Friedensbewegung wach, die auch gern als von Moskau gelenkt verunglimpft wurde.
Besonders übel tat sich in der Reihe der reaktionären Reaktionen CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hervor, der zur Kritik am deutschen Kohlekompromiss twitterte: „Oh, man … kein Wort von Arbeitsplätzen, Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit. Nur pure Ideologie“, und sich dann zu der Formulierung „Arme Greta“ verstieg. Der hat es nicht verstanden, will es wohl auch nicht verstehen und gibt damit ein Beispiel für jene Sorte Politiker, die es mit der Verantwortung nicht so genau nehmen.
Vielleicht verschärft die Empörung noch, dass Ziemiak selbst mit seinen 33 Jahren noch vergleichsweise jung in der Politik und doch schon so gnadenlos angepasst ist. Der direkte Vergleich von Greta und Paul sagt jedenfalls viel: dort die Schülerin, die mit einfachsten Mitteln tiefgründig, weitsichtig und verantwortungsbewusst für die Bewahrung der Schöpfung eintritt, dort der ehrgeizige Karrierist, dem nachgesagt wird, dass er sich mit dem Parteiposten von der neuen Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer hat kaufen lassen.
Die Wissenschaft neigt dazu, die jeweilige Jugend mit einem Etikett zu belegen. Ob nun die Generation X oder Y, Golf oder Null Bock: wenn da jetzt etwas Neues entsteht, wenn an die Stelle von Teilnahmslosigkeit, Egoismus und Verweigerung eine neue Verantwortlichkeit tritt, ist das eine gute Perspektive und für die Politik Anlass, aufgeschlossen und glaubwürdig zu reagieren. Junge Menschen, die bereit sind, sich für das Gemeinwohl und eine bessere Zukunft zu engagieren, sind ein Glücksfall für demokratische Gesellschaften.
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Und ich dachte, dies sei ein Blog für andere Meinungen? Was weicht denn hier vom Hauptsrom ab?