Es ist ein Spiel mit dem Feuer, das Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen treibt. Um selbst zu glänzen, hat sie eine Mängelliste ihrer Vorgänger bei großen Rüstungsvorhaben der Vergangenheit erstellen und medienwirksam präsentieren lassen.
An den Mängeln gibt es nichts zu beschönigen. Das beispielsweise der Eurofighter viermal so teuer geworden ist wie ursprünglich geplant, ist für den Steuerzahler nicht spaßig. Aber diese Preissteigerung ist nicht allein Schlampereien im System, einer oft chaotischen Zuständigkeitsstreiterei zwischen den verschiedenen Auftrags- und Kontrollbehörden der Rüstungsbeschaffung, immer wechselnden Wünschen der Militärs an die Hersteller und offensichtlicher Überforderung der sich selbst überschätzenden Rüstungsindustrie geschuldet. Es liegt auch daran, dass die Entwicklung des Materials oft Jahrzehnte dauert und damit auch die Preise nicht stehen bleiben.
Das ist ärgerlich, aber die Entwicklung hochsensibler, technisch aufwendiger und zukunftstauglicher Waffensysteme dauert nun mal länger als die Konzeption einer Waschmaschine. Wer es schneller und vielleicht billiger haben will, der muss die bundesdeutsche Rüstungsindustrie links liegen lassen und rund um die Welt fertiges Material kaufen. Das aber war aus vielerlei Gründen noch für keine Bundesregierung eine wirkliche Alternative zur jetzigen Beschaffungspraxis.
Dass andererseits das vorhandene Material der Bundeswehr in vielen Bereichen altersschwach geworden ist – wie beispielsweise die Transportflugzeuge Transall – ist leider seit Jahren traurige Gewissheit.
Dass die Vorgänger von der Leyens gravierende Fehler gemacht haben, wer wollte das bezweifeln. Wenn der Groß-Staatsmann von und zu Guttenberg mal eben die Wehrpflicht abgeschafft hat, ohne ein wirkliches Konzept für die Nachwuchsgewinnung im Köcher zu haben, dann war das mehr als ein Stockfehler. Wenn unter von der Leyens Unionsvorgängern im Ministeramt die Priorität für Ersatzteilbeschaffung herunter gesetzt worden ist, war das eher dumm als weise.
Aber es ist gefährlich, wenn von der Leyen um des eigenen Glanzes willen zulässt, dass die Bundeswehr in der Öffentlichkeit inzwischen als Schrotthaufen wahrgenommen wird.
Erstens ist sie das bei allen Mängeln nicht. In internationalen Einsätzen kann sich die Qualität von Truppe und Material immer noch sehen lassen. Zweitens passt es nicht zusammen, das Image herunterzureden und gleichzeitig mit einem teuren Attraktivitätsprogramm auf Nachwuchssuche zu gehen. Wer sich als junger Mensch entschließt zu einem Unternehmen zu gehen, in dem angeblich nichts funktioniert, der muss verrückt sein. Und drittens demotiviert die Ministerin mit ihrer öffentlichkeitsorientierten Mängelliste die ganze Truppe, die sie eigentlich zum Erfolg braucht. Wenn sie das gestrige Gutachten über Pleiten, Pech und Pannen bei der Rüstungsbeschaffung als Lizenz zum Aufräumen interpretiert, verunsichert sie die Soldaten und geriert sich selbst als die große Aufräumerin.
Keine Frage, Pannen müssen aufgedeckt und ausgeräumt werden. Das erreicht man aber nicht durch spektakuläre Presseauftritte, mit denen sich die Ministerin in den Mittelpunkt stellt, sondern nur durch harte, interne Arbeit und Kritik. Die kann aber nicht so aussehen, dass man die Manöverkritik zu Beschaffungsmängeln mit den Inspekteuren öffentlich macht.
Der ehemalige Verteidigungsminister Peter Struck hat die Bundeswehr gern als größte „Wir-AG“ Deutschlands bezeichnet. Unter von der Leyen droht sie zur teuersten „Ich-AG“ Deutschlands zu werden. Einer „Ich-AG“, in der die Selbstdarstellung der Ministerin zum wichtigsten Inhalt geworden ist.
Bildquelle: Wikipedpa. Von der Leyen 2014 Bundesverteidigungsministerin CC BY 3.0 – Eigenes Werk
Intern ist der desolate Zustand schon sehr lange bekannt und Kritik bzw. die Benennung hat zu nichts geführt. Das das gesamte Ausmaß nicht an die Öffentlichkeit gehört ist schon richtig. Zumal es auch nicht notwendig ist einen öffentlichen Druck oder bzw. Verständnis aufzubauen, da ja bereits bewilligte Gelder die zur Verfügung stehen lediglich eingesetzt werden müssen. Und ein organisatorischer Cut inklusive Neuorganisation, Strukurveränderung müsste nicht über Medien in diesem Maße kommuniziert werden. An der deutschen Rüstungsindustrie festzuhalten scheint schon gangbar zu sein, sofern dies qualitativ gerechtfertigt ist und marktkonform ausgestaltet ist.